Dortmund/Burghausen. .

Der BVB steht vor der ersten Bewährungsprobe der neuen Saison. Nach intensiver Vorbereitung fahren die Borussen mit breiter Brust nach Burghausen. Jürgen Klopp ist froh, dass es endlich ernst wird.

Heute werden sie also da stehen, die Borussen. Breitbeinig. Wie Gary Cooper im Westernklassiker „Zwölf Uhr mittags“. Die Uhr tickt. Und, wer weiß, vielleicht ist der Boden sogar staubig. Ganz so wie es Jürgen Klopp neulich sehr bildhaft in einem Interview mit dem „kicker“ beschrieben hat. „Mitte August“, hat der Trainer des BVB gesagt, „Mitte August ist bei uns High Noon.“

DFB-Pokal in Burghausen. Play-off-Hinspiel zur Europa League gegen Qarabag Agdam. Bundesliga-Auftakt gegen Bayer Leverkusen. Abenteuerreise nach Aserbaidschan. Auswärtsspiel in Stuttgart. Und das alles innerhalb von nur 16 Tagen.

„Wir haben zwei Wochen vor uns, die großen Einfluss auf die gesamte Saison haben“, sagt Klopp. Laufen die Dinge normal, das heißt, dem eigenen Anspruch entsprechend, dann könnte sich die Mannschaft durchs Weiterkommen in zwei Pokal-Wettbewerben und dem damit verbundenen Tanz auf drei Hochzeiten selbst einen Schub geben. Andernfalls könnten die Dinge auch aus dem Ruder laufen – und die junge Volldampf-Vereinigung ausgebremst sein bevor die Saison erst richtig losgeht.

Beste Laktatwerte

Bei Jürgen Klopp hört sich das so an: „Entweder haben wir bald richtig viele Spiele und dadurch irgendwann im Laufe der Saison ein Problem – oder wir haben gleich zu Beginn eines. Dann wird es nämlich heißen: Die Schwachköpfe haben die Möglichkeiten, die sich ihnen geboten haben, nicht genutzt.“

Doch wer will sich schon gern einen Schwachkopf nennen lassen? Entsprechend stöhnt niemand ob des durchaus happigen Auftaktprogramms. „Genau diese Situation wollten wir doch alle“, sagen alle. Sagt Hummels, der Verteidiger. Sagt Sahin, der Mittelfeldmotor. Sagt Klopp, der Trainer. Für diese Dreifach-Herausforderung haben sie in Dortmund gearbeitet. Eine ganze, eine lange Saison über. Und in der „härtesten Vorbereitung, die ich unter diesem Trainer gemacht habe“, wie Tamas Hajnal bekannt hat. „Wir haben sechs Wochen lang an nichts anderes gedacht“, sagt der, der für all die Schinderei verantwortlich ist.

Sechs Wochen, die kaum besser hätten laufen können. Die Spieler kamen mit den besten Laktatwerten aus dem Urlaub, „die je eine von mir trainierte Mannschaft hatte“, so Klopp.

Abermals gute Arbeit

Die Neuzugänge – der Australier Mitchell Langerak, der Japaner Shinji Kagawa und die Polen Robert Lewandowski und Lukasz Piszczek – waren pünktlich da, konnten entsprechend frühzeitig integriert werden. Sie – zuvorderst Kagawa – haben angedeutet, dass Sportdirektor Michael Zorc abermals gute Arbeit geleistet hat.

Die Mannschaft hat, was freilich schon heute nichts mehr zählt, keines ihrer acht Testspiele verloren. Sie hat mit Dede (Anriss des Syndesmosebandes) neben dem langzeitverletzten Mohamed Zidan (Reha nach Kreuzbandriss) nur einen Spieler vorübergehend verloren. Vor allem aber hat sie immer wieder die Bereitschaft gezeigt, an Grenzen zu gehen – und manchmal darüber hinaus. Des Trainers Ruf – „Komm Mats, gleich hast du ihn“ – hallt jedenfalls noch immer nach. Hummels sprintete im Glutofen von Stegersbach 15 Meter hinter seinem enteilten Gegenspieler her. Aussichtslos zwar, dafür aber ohne Rücksicht auf irgendwelche Reserven. Das hat gefallen. „Es wurde sehr positiv über uns berichtet“, hat auch der Trainer festgestellt.

Transferbilanz noch negativ

Weil aber Harmonie nie einen ganzen Text füllt, sei auch erwähnt, dass die Transferbilanz noch negativ ist und der vereinbarte Personaletat noch überschritten. Nelson Valdez, Florian Kringe und Yasin Öztekin stehen ganz vorne im Schaufenster. Gastspieler Antonio da Silva irgendwie davor. Und weil wie so oft das eine das andere bedingt, wollen die Verantwortlichen bis zur Schließung des Transferfensters eine Lösung gefunden haben. Sie arbeiten stetig daran, in der Ruhe, die die Aktivitäten von Borussia Dortmund seit geraumer Zeit auszeichnen.

Auf dem Fußballplatz sind System (4-2-3-1) und Philosophie (besseres Spiel mit Ball bei gleichbleibend gutem Spiel gegen den Ball) als Eckpfeiler benannt. Die Defensive mit Torwart Weidenfeller, einer Viererkette mit Owomoyela, Subotic, Hummels und Schmelzer sowie Kehl und Sahin auf der „Doppel-Sechs“ steht. In der Offensive hingegen läuft ein verschärfter Konkurrenzkampf. Einzig Barrios gilt, sofern er fit und ausgeruht ist, als Fixpunkt im Sturmzentrum. Drumherum aber streiten mindestens fünf Profis um nur drei Planstellen. Großkreutz und Blaszczykowski durften sich bislang Stammkräfte nennen.

Mit breiter Brust in die Saison

Lewandowski ist der teuerste Neuzugang, Kagawa der bisher auffälligste. Dazu Mario Götze, das Supertalent, soeben zum zweiten Mal in Folge mit der Fritz-Walter-Medaille in Gold als bester Nachwuchsspieler seines Jahrgangs ausgezeichnet. Wohl dem, der so eine Auswahl hat.

Für alle gilt, jetzt die letzten fünf Prozent dazu zu packen; die fünf Prozent, die man in keinem Testspiel simulieren kann. Jetzt ist Pflichtspiel. Die Borussen werden mit breiter Brust da stehen. Die Uhr tickt. Schiedsrichter Marco Fritz wird erst zu seinen Assistenten schauen, danach auf seine Uhr – und dann wird er die Saison auch für den BVB anpfeifen. Es ist Mitte August. High Noon. Endlich.