Aachen. .

Es war einmal ein kleiner Junge mit langen blonden Engelshaaren, der seinem Vater gerne und stundenlang beim Reiten zusah. . .

Keine Frage, das Leben des Matthias Alexander Rath hat etwas Märchenhaftes. Doch sind Sterntaler und Stiefmutter hier nicht einfach frei erfundene Figuren. Sterntaler hat vier Beine, ist 15 Jahre alt und eines der besten deutschen Dressurpferde. Die Stiefmutter heißt Ann-Kathrin Linsenhoff und zählt zu den erfolgreichsten deutschen Dressurreiterinnen aller Zeiten. Ihre Karriere musste sie allerdings vor drei Jahren wegen einer Viruserkrankung beenden.

Und so kommt es, dass ein hochtalentierter Dressurreiter namens Matthias Rath (trägt nun kurzes Haar) schon mit 25 Jahren zur Weltspitze gehört. Seit März 2008 ist der Rücken des dunklen Wallachs sein Platz. „Sterntaler ist ein Wettkampftyp“, schwärmt er.

Im Stall eher ruhig und introvertiert – im Dressurviereck hingegen ein Temperamentsbolzen. „Einer, der für seinen Reiter alles gibt“, erklärt Rath.

Bereits 2008 winkte die Teilnahme an den Olympischen Spielen. Bei der Generalprobe in Aachen patzte das Duo allerdings, sodass Bundestrainer Holger Schmezer in Hongkong lieber auf Erfahrung setzte. Mit Erfolg: Deutschland gewann Mannschaftsgold.

„Bis Aachen lief alles wie am Schnürchen. Ich kam gar nicht dazu, die ganzen Eindrücke richtig zu verarbeiten“, erinnert sich Rath.

In Absprache mit seiner Stiefmutter sowie seinem Vater, Trainer und Vorbild Klaus Martin Rath legte das Paar eine Wettkampfpause ein. Auf dem heimischen Schafshof in Kronberg bereiteten sich beide konzentriert auf die neue Saison vor. Mit Erfolg: Siege bei internationalen Spitzenturnieren, Siege in Championaten, Siege bei den Deutschen Meisterschaften. Die Teilnahme an der Weltmeisterschaft in den USA Ende September gilt als sicher.

„Sich auf die Pferde einzustellen, und alles aus ihnen herauszuholen. Das ist Dressurreiten“, erklärt der Student der Betriebswirtschaftslehre.

Matthias Alexander Rath verkörpert den Wandel in der deutschen Dressurequipe wie kein anderer. Stammplätze gibt es nicht mehr, jüngere Reiter erhalten ihre Chance.

In der filigransten aller Reitsportdisziplinen war längst nicht mehr alles gold, was als Medaille bei Olympia, Welt- und Europameisterschaften stets so golden glänzte.

Spricht Rath aktuell von einer „super Equipe, in der sich alle gut verstehen und helfen“, kann man das kaum glauben. Aber verstehen: Ein Blick ins Nachbarland genügt. Die lange Zeit der deutschen Unbesiegbarkeit ist vorbei, die Niederländer haben derzeit klar die Nase vorn. „Sie wollten Deutschland immer schlagen. Das war ihr Ziel. Sie haben lange dafür gekämpft, es jetzt aber geschafft“, erklärt der Dressurreiter. „Auch wegen ihrer Geschlossenheit.“

Von der siegreichen Olympiamannschaft 2008 steht nur Isabell Werth im Kader, der derzeit beim CHIO in Aachen im Nationenpreis antritt. Bundestrainer Holger Schmezer nominierte neben der erfolgreichsten Dressurreiterin aller Zeiten die Newcomer Christoph Koschel, Anabel Balkenhol und eben Matthias Alexander Rath. Das Quartett hat ein Durschnittsalter von 34 Jahren. Zum Vergleich: 2008 war die Olympiaequipe durchschnittlich 43 Jahre alt. „In unserem Sport ist man auf seine Pferde angewiesen. Da ist man schnell wieder raus“, sagt Rath.

Bei den Olympischen Spielen in zwei Jahren ist Sterntaler 17 Jahre alt. „Er hat genügend Power. Es wäre dann aber wohl sein letztes großes Turnier. Wir geben alles“, sagt Rath und lacht.

Was wäre ein Märchen auch schon ohne ein Happy-End?