Wer jahrelang Tore am Fließband schießt, sollte wieder für die Fußball-Nationalmannschaft spielen. Der Schalker Kevin Kuranyi muss zur WM nach Südafrika.
Dass ein Stürmer das ein oder andere Tor erzielt, ist nichts besonderes. Das ist nunmal seine Aufgabe, dazu schickt ihn der Trainer auf den Platz. Es ist also auch nicht verwunderlich, dass Stürmer Kevin Kuranyi als Stammspieler des FC Schalke 04 in der Torjägerliste der Fußball-Bundesliga auftaucht - dass Kuranyi allerdings in dieser Saison bereits elf Treffer erzielt hat und in der Liste der besten deutschen Knipser auf Platz zwei (hinter Leverkusens Stefan Kießling) liegt, ist überaus bemerkenswert.
Denn für Kuranyi, 27 Jahre alt und seit 2001 in der Bundesliga am Ball, ist es bereits die achte Spielzeit in Folge, in der er mindestens zehn Mal getroffen hat. Das hat vor ihm in der 47-jährigen Geschichte der Fußball-Bundesliga nur der „Bomber der Nation“ Gerd Müller und Manni Burgsmüller geschafft.
Turm in der Schlacht
Kuranyi hält mit seinen Treffern den FC Schalke im Rennen um die ersehnte Meisterschaft, in den letzten sechs Spielen traf er fünfmal, viermal dabei sogar zur wichtigen 1:0-Führung der Mannschaft von Felix Magath. In der Vorsaison zweifelten viele Schalkefans noch an ihrem Mittelstürmer, pfiffen ihn bei jedem Ballverlust aus. Heute jubeln sie ihm zu und setzen all ihre Hoffnung in den dunkelhaarigen Schlaks.
Außer Kuranyi trifft nur der Peruaner Jefferson Farfan (sechs Tore) regelmäßig für S04, in der internen Torjägerliste folgen Lukas Schmitz, Vicente Sanchez und Jan Moravek (je zwei Treffer) mit weitem Abstand.
Kuranyi, der über ein Drittel der Schalker Ligatore (31) erzielt hat, gilt nicht unbedingt als mitspielender Stürmer, eher als Turm in der Schlacht. Und an diesem Image hat er (inzwischen) Gefallen gefunden: Kuranyi, einst das Sinnbild des grinsenden Nutella-Boys und des verwöhnten Fußballprofis, rackert, macht Meter und grätscht in der eigenen Hälfte. Offenbar hat es Felix Magath geschafft, Kuranyi zum Arbeitstier zu machen, ohne ihm aber die Konzentration beim Abschluss zu nehmen. Sicherlich hat der Schalker Stürmer in dieser Saison auch einige Torchancen liegen gelassen - aber gibt es einen Stürmer auf der Welt, der jede - wirklich jede - Möglichkeit nutzt?
Erstes Tor in Kaiserslautern
Das erste Tor seiner Bundesliga-Karriere gelang dem ehrgeizigen Mittelstürmer für den VfB Stuttgart am 16. Dezember 2001 im Spiel beim 1. FC Kaiserslautern. Der damals 19-Jährige rettete dem VfB, für den er bis 2005 spielte, fünf Minuten vor dem Abpfiiff das Unentschieden mit einem Kopfballtreffer. Und eben genau das - platzierte und wuchtige Kopfbälle - wurde zu seinem Markenzeichen, mit dem er es im März 2003 als 21-Jähriger zum Nationalmannschaftsdebüt schaffte.
Man kann über die Technik des in Braslien geborenes Mannes diskutieren, die sicherlich nicht das Niveau eines Lukas Podolski oder Miroslav Klose hat. Auch spielt Kuranyi nicht so elegant wie Mario Gomez - aber: Kuranyi trifft. Und darauf kommt’s nun mal an.
Dass er im Gegensatz zu den aktuellen Nationalstürmern Podolski (verletzt/ein Saisontor für Köln), Klose (Dauerreservist/ein Tor für die Bayern), Cacau (Reservist/zwei Tore für Stuttgart) und Patrick Helmes (Ersatz nach Kreuzbandriss/kein Tor für Leverkusen) uneingeschränkt Stammspieler und ein einer tollen Verfassung ist, Woche für Woche seinen Torjubel verfeinern kann und ein ähnliches großes Selbstvertrauen wie Cristiano Ronaldo ausstrahlt, spricht zweifelsfrei für ihn. Und für eine Rückkehr in die Nationalmannschaft!
Dumme Aktion im Oktober 2008
Das Kapitel DFB nahm für Kuranyi am 11. Oktober 2008 ein jähes Ende, als er für das Länderspiel gegen Russland zwar nominiert war, Bundestrainer Joachim Löw ihn aber nicht in den 18er-Kader berief. Kurayni saß erst auf der Dortmunder Tribüne - eine besondere Strafe für einen Schalker Spieler - und verließ sie in der Halbzeitpause und fuhr nach Hause. Das war eine dumme Aktion damals, für die ihn Löw mit dem sofortigen Verzicht bestrafte - doch Kuranyi hat sich eine zweite Chance verdient.
Kuranyi ist inzwischen gereift, verheirateter Familienvater (eine Tochter, ein Sohn) und durchläuft momentan ganz hervorragend die harte Schule von Meistertrainer Magath. Kuranyi bei der WM in Südafrika im deutschen Nationaltrikot - warum eigentlich nicht? Was spricht dagegen? Seine Topleistungen in der Bundesliga sicherlich nicht.
52 Mal hat der kopfballstarke Angreifer für den DFB gespielt, dabei 19 Mal getroffen, am 28. März 2007 war er in Duisburg gar als Kapitän der Nationalmannschaft gegen Dänemark (0:1) aufgelaufen. Und wer damals schon Bundestrainer? Na klar, Joachim Löw.
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