London. Borussia Dortmund unterliegt im Champions-League-Finale dem großen Favoriten Real Madrid mit 0:2. Es bleibt ein bitteres Gefühl.

Mats Hummels hatte sein Gesicht tief in den Händen vergruben. Dann stemmte er sie in seine Hüften, um einen schmerzhaften Anblick zu ertragen: Den von Vinicius junior, der aufreizend vor Borussia Dortmunds Fankurve tanzte und die Fans provozierte. Der Innenverteidiger konnte am Samstagabend nicht verhindern, dass der Brasilianer in der 83. Minute das Champions-League-Finale entschied. Real Madrid, nun 15-maliger Henkelpott-Sieger gewann gegen den BVB mit 2:0 (0:0). Die über weite Strecken klar überlegenen, aber nicht kaltschnäuzigen Dortmunder verpasste den zweiten Triumph nach 1997.

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SONDERFOLGE: Eine grandiose Halbzeit reicht nicht - Dortmund verliert das CL-Finale

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Genauso klar wie die Favoritenrollen verteilt gewesen ist, verhielt es sich auch mit dem Lautstärken-Verhältnis in der Arena – anders aber als aus der sportlichen Perspektive nicht zu Gunsten von Real. Jede Balleroberungen, jede Grätsche wurde aus der Dortmunder Fankurve bejubelt wie in anderen Stadien, bei anderen Klubs Tore. Schon den ganzen Tag über dominierte Schwarz und Gelb in der Londoner City, zwischen dem offiziellen Fan-Treffpunkt im Hyde Park und dem Buckingham Palace. Auch auf den roten Rängen von Wembley gab die Mitgereisten aus dem Ruhrgebiet den klar den Ton an.

BVB gegen Real Madrid: Dortmund-Fans sorgen für eine beeindruckende Choreographie

Und sie sorgten auch zum Anpfiff für den ersten prickelnden Moment des Abends, nachdem der Henkelpott von Zinedine Zidane und Karl-Heinz Riedle auf den heiligen Rasen Wembleys getragen wurde. Über den Köpfen der Fans breitete sich eine riesige Krone mit BVB-Emblem aus, die Kurve war zu diesem Zeitpunkt bereits in die Klub-Farben getaucht. Das Motto der beeindruckenden Choreographie: „We‘re back in town to steal the crown.“

Die BVB-Spieler wurden trotz der Niederlage von ihren Fans gefeiert.
Die BVB-Spieler wurden trotz der Niederlage von ihren Fans gefeiert. © Getty Images | Alex Pantling

So selbstbewusst wie ihre Fans traten auch die Spieler auf. Eine leichte Druckphase der Madrilenen musste der BVB zu Beginn des Spiels überstehen, als Real damit begann, die Borussen tief in ihre Hälfte zu drücken. Die Reaktion? Die womöglich beste Halbzeit der Saison im größten Spiel seit Jahren.

Die Dortmunder schmissen sich in die Zweikämpfe, sie stellten Reals Bälleverteiler Toni Kroos zu, sie doppelten die Angreifer Vinicius junior. Vom ehemaligen BVB-Profi Jude Bellingham war nichts zu sehen. Statt spanische Angriffswellen überstehen zu müssen, setzt der BVB die Nadelstiche, mehr noch: Dortmund war die eindeutig bessere Mannschaft. Es gab nur ein Manko: die Chancenverwertung.

BVB gegen Real Madrid: Dortmunder Chancenfeuerwerk in der ersten Halbzeit

Da war Julian Brandt, der beim Abschluss im Strafraum noch behindert wurde (14.). Noch gefährlicher: Mats Hummels‘ brillanter Pass in den Lauf von Karim Adeyemi, der noch einen Fehler beging: Der Flügelflitzer versuchte, Reals Torwart Thibaut Courtois zu umkurven, statt den Ball am Belgier vorbeizuschieben (21.). Und weiter: Niclas Füllkrug traf den Pfosten (23.), dann bekam er nicht mehr genügend Druck hinter den Ball, nachdem Adeyemis Schuss von Courtois pariert worden ist. Auch Marcel Sabitzer scheiterte am Torhüter, der Real schon 2022 im Endspiel um die Königsklasse gegen den überlegenen FC Liverpool den Sieg sicherte.

Und Madrid? Unterlegen zu sein bedeutet aus Sicht der abgezockten Auswahl von Trainer-Fuchs Carlo Ancelotti praktisch nichts. Ein Tor können sie immer schießen, und am liebsten dann, wenn niemand damit rechnet. Etwa kurz nach Wiederanpfiff. Da legte sich Kroos an der Strafraumkante den Ball zurecht, schlenzte ihn über die Mauer – und zwang BVB-Torwart Gregor Kobel zu einer feinen Flugparade. Acht Minuten später blockte Ian Maatsen einen Schuss von Daniel Carvajal, der sonst ins Netz geflutscht wäre (58.).

BVB gegen Real Madrid: Ein Kopfball entscheidet die Partie

Dass Real nun stärker wurde, machte das Endspiel aus Dortmunder Sicht nur mitreißender. In den Strafraum allerdings drang der BVB nicht mehr so recht vor, die Partie verlagerte sich mehr ins Mittelfeldzentrum, hin zu einem Abtasten. Dann plötzlich: Eine Flanke von Adeyemi, die Füllkrug zwar erreichte, doch der Nationalspieler konnte nicht druckvoll, nicht platziert genug abschließen (63.). Glück hatte der BVB dann im eigenen Sechzehner, als Kobel wie Bellingham am Ball vorbeisegelte (68.).

Real erhöhte noch einmal den Druck, eine kritische Phase lag in der Luft. Und dann war es auch passiert: Kroos schlug eine Ecke scharf in die Mitte, Carvajal kam vor Füllkrug am Ball – 1:0 (74.). Bellingham verpasste das 2:0 nur knapp (77.), Kroos war bei seinem nächsten Freistoß-Schlenzer weiter entfernt (78.), dann lenkte Kobel den Distanzschuss von Eduardo Camavinga über die Querlatte und entschärfte Nachos Kopfball (82.). Vincius junior (83.) machte nach einem fürchterlichen Fehlpass von Maatsen alles klar (83.). Einmal noch Jublel auf der Gegenseite, der Ball im Netz. Aber Füllkrug stand im Abseits.

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