Essen. Am Wochenende endet eine spektakuläre Bundesligasaison. Die Verantwortlichen müssten sich die Hände reiben. Ganz so einfach ist es auch nicht.

Ach, liebe Kinder, nur ein paar Wochen noch, dann beginnen sie wieder, die großen Ferien und mit ihnen die Hoffnung auf einen endlosen Sommer. Mückenstiche, Kratzeis, Wasserbomben, Freibadpommes; nur, diesmal wird eine Sache anders sein, zumindest für diejenigen von euch, die 7 Jahre alt sind. Oder 8. Oder 9. Oder 11. Diesmal wird der Deutsche Meister NICHT FC Bayern heißen.

Dass so etwas noch möglich ist.

Bayer Leverkusen hat das Meister-Imperium nach elf Titeln in Serie besiegt und dadurch die Saison, die an diesem Wochenende endet, zu einer historischen gemacht. Sollte die Wunderelf von Trainer Xabi Alonso in ihrem letzten Heimspiel gegen Augsburg nicht noch überraschend ausrutschen, dann geht sie sogar als erste ungeschlagene Bundesliga-Mannschaft in die Geschichte ein.

Der FC Bayern und Thomas Tuchel: Zahlreiche Popcorn-Momente

Knapp 200 Kilometer von Leverkusen entfernt, im Frankfurter Westend, ein paar Meter sind es nur bis zu den riesigen Bankentürmen, führt eine gläserne Tür in das Innere der Deutschen Fußball Liga. Der Empfang kommt eher bescheiden daher, ein Fahrstuhl bringt Besucher nach oben zu den vielen Räumen, in denen auch die beiden Geschäftsführer Marc Lenz und Steffen Merkel sitzen. Eigentlich müssten diese sich derzeit die Hände reiben, weil ihr Produkt genau in dem Moment, indem Deutschlands Profiklubs ihre TV-Rechte bis 2029 neu vergeben, eine so spektakuläre Spielzeit hingelegt hat.

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Einmal, na klar, die Leverkusener. Aber auch der VfB Stuttgart, der bewiesen hat, dass man es als Außenseiter mit Kombinationsfußball bis in die Königsklasse schaffen kann. Bayern München lieferte Popcorn-Momente mit dem mal beleidigten, mal angriffslustigen, nun absagendem Trainer Thomas Tuchel. Christian Streich weinte in Freiburg zum Abschied. Granit Xhaka begeisterte als Leverkusens Ballverteiler, Florian Wirtz als Leverkusens Künstler. Harry Kane machte Harry-Kane-Dinge und traf und traf und traf. In Dortmund schwang sich Mats Hummels an der Kante zum Karriereende zu ungeahnten Höhen auf. Leipzig muss man nicht mögen, aber Xavi Simons sollte man spielen gesehen haben.

Und dann erst der Europapokal: Bayer Leverkusen kann die Europa League gewinnen, Borussia Dortmund sogar die Champions League. Dass so etwas noch möglich ist.

Bayer Leverkusen steht im Finale der Europa League.
Bayer Leverkusen steht im Finale der Europa League. © Getty Images | Christof Koepsel

Für diese Liga müssten die TV-Anbieter doch Milliarden hinlegen, könnte man meinen. Nur gehören zu den 18 Vereinen auch Mannschaften wie die TSG Hoffenheim, der VfL Wolfsburg, der 1. FC Heidenheim, der FC Augsburg. Regional mögen sie Begeisterung wecken, überregional vermarkten lassen sie sich nicht. Schwergewichte wie der Hamburger SV und der FC Schalke 04 bleiben in Liga zwei stecken. Dem 1. FC Köln droht der Absturz nach unten.

Fußball ist auch Unterhaltung, und die beste Unterhaltung bieten Klubs mit möglichst vielen Mitgliedern, mit einer großen Geschichte, bei denen viele mitreden. Man kann einwenden, dass auch in Spanien eigentlich fast alle nur auf Real Madrid und den FC Barcelona blicken. Wer weiß schon, auf welchem Platz Rayo Vallecano steht? (Psst, auf dem 15.) Aber in Deutschlands höchster Spielklasse mischen sogar ganz oben Klubs mit, mit denen man im Ausland keine Werbetour starten kann. Vor allem RB Leipzig. Auch Bayer Leverkusen. Dort wurden beim Gewinn der Meisterschale zwar Bilder produziert, nach denen TV-Anstalten lechzen: Es gab weinende Fans, einen Platzsturm. Doch nur mal angenommen, Leverkusen wäre der FC Schalke gewesen. Eben.

Zum Glück gibt es Bayern gegen den BVB - die DFL kann heilfroh sein

Die großen Traditionsklubs können sich nicht behaupten gegen die Standorte mit milliardenschweren Unternehmen im Rücken. Das Champions-League-Geld manifestiert die Unterschiede. Dass Köln, Schalke, Gladbach, Hamburg oder andere noch mal die Spitze angreifen, erscheint unwahrscheinlich. Die DFL kann heilfroh sein, dass es Dortmund mit der Anschubhilfe von Jürgen Klopp geschafft hat, sich als Nummer zwei festzusetzen, ansonsten gäbe es keinen Klassiker gegen den FC Bayern. Das einzige Blockbuster-Duell der Liga.

Der BVB-Reporter

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    Aber, liebe Kinder, trotzdem verspricht die kommende Spielzeit Spannung. Xabi Alonso bleibt in Leverkusen, viel schlechter wird seine Mannschaft kaum werden. Die Bayern suchen weiterhin einen Trainer, der eigentlich entlassene Thomas Tuchel hat den Rekordmeister blamiert. Da kann man schon mal weitere Popcorn-Tüten bestellen. Dortmund, möglicherweise als Champions-League-Sieger, möchte wieder ganz nach oben klettern. Klappt dies, gibt es Ekstase. Klappt dies nicht, wird es stürmisch. Der VfB Stuttgart behält seinen genialen Trainer Sebastian Hoeneß, verliert aber wohl einige Stars. Wie das ausgeht? Abwarten.

    Es stand schon schlechter um die Bundesliga.