Essen. Der DFB gibt seinen Kader für die Heim-EM 2024 in Salamitaktik durch Influencer bekannt. Das war schon mal schlimmer. Ein Kommentar.

Heutzutage ist es ja schwierig, Aufmerksamkeit für mehr als nur zwei Momente zu erzeugen. Zu schnelllebig sind gerade für die jungen Menschen die eigene und für alle anderen auch die mediale Welt. Wer sich also vielleicht noch erinnern kann, weiß, dass ein Nationalmannschafts-Kader für die jeweils anstehende Europameisterschaft schon mal auf der Zugspitze (2008/es ging nach Österreich und in die Schweiz), in einer Filiale des DFB-Autosponsoren mit dem Stern auf dem Kühlergrill (2012/was zugegeben wenig mit den Gastgebern Polen und Ukraine zu tun hatte) oder in der Französischen Botschaft in Berlin bekannt gegeben wurde, weil die Grande Nation 2016 Ausrichter des Endrundenturniers war.

Oma Lotti und Influencer machen DFB-Team zum Gesprächsthema

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Für sein Heimturnier in diesem Sommer hat sich der Deutsche Fußball-Bund entschieden, zumindest einen Teil seiner Auserwählten schon mal vor der großen Bekanntgabe am Donnerstag im Scheibchen-Prinzip vorzustellen. Die Bedeutung des Ganzen ist letztlich zu gering, um sich darüber zu streiten, ob man das Prozedere für albern hält oder als einen Marketing-Coup – nach den Bierhoff’schen Zeiten beim Verband eigentlich ein auf dem Index stehender Begriff – erachtet. Alternativ gäbe es einen Wettstreit einiger allwissender Reporter, die vor Julian Nagelsmanns Verkündung einfach mal alle Kandidaten als EM-Fahrer ausweisen, um am Ende sagen zu können: Siehste, habe ich ja gewusst. Und man muss auch mal sagen: So viel Kreativität hätte man dem DFB gar nicht zugetraut. Die Nationalmannschaft wird endlich zum Gesprächsthema.

EM 2008 in Österreich und in der Schweiz: Die Führung der Nationalmannschaft mit (hinten von links) Torwart-Trainer Andreas Köpke, Bundestrainer Joachim Löw, Co-Trainer Hans-Dieter Flick und Team-Manager Oliver Bierhoff gibt vor dem Gipfelkreuz der Zugspitze mit Kindern den Kader bekannt.
EM 2008 in Österreich und in der Schweiz: Die Führung der Nationalmannschaft mit (hinten von links) Torwart-Trainer Andreas Köpke, Bundestrainer Joachim Löw, Co-Trainer Hans-Dieter Flick und Team-Manager Oliver Bierhoff gibt vor dem Gipfelkreuz der Zugspitze mit Kindern den Kader bekannt. © picture-alliance/ dpa | Matthias Schrader

Der Spitzensport ist längst durch und durch kommerzialisiertes Showbusiness, das Rad lässt sich nicht mehr zurückdrehen. Das gilt es zu akzeptieren, es werden ja nicht mehr Autos ohne Airbag und Servolenkung nachgefragt. Bleibt also die Frage, wer nach Altenpfleger Rashid Hamid und Oma Lotti, Dachdecker-Influencerin Chiara oder RTL-Society-Reporterin Frauke Ludowig die nächsten Nominierten verkündet.

DFB-Kader für die EM 2024: Würde jemand bei Bares für Rares für Marco Reus bieten?

Ein paar Vorschläge, falls die Kampagne noch nicht zu Ende gedacht ist: Man könnte TV-Heimwerkerin Tine Wittler reaktivieren und sie einen soliden Arbeiter im Mittelfeld bekanntgeben lassen. Oder einen weiteren Namen in einem Kronkorken des Biersponsors veröffentlichen. Joko und Klaas könnten sich mal bremsen und Pro 7 nicht schlagen, um stattdessen Leroy Sané und Leon Goretzka gewinnen zu lassen. Und Oliver Kahn („Wir brauchen Eier“) könnte den zweiten Torhüter aus einem Überraschungsei hüpfen lassen – weil aber für Marc-André ter Stegen im Sommer vermutlich nur die Rolle des Reservisten hinter Manuel Neuer bleibt, käme der sich dabei vermutlich vor, einem faulen Ei entspringen zu müssen.

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Was übrigens zur Unterhaltung noch beigetragen hätte: eine Präsentation der Absagen. Durch Gnadenlos-Tanzjuror Joachim Llambi, die kreischende Model-Mama Heidi Klum oder Cathy Hummels beim Kampf der Realitystars. Vielleicht hätte ja auch ein Händler bei Bares für Rares den berühmten Waldi-Achtziger für Marco Reus investiert…