Dortmund. Auf Dortmunds neues Leitungs-Trio wartet gleich eine Menge Arbeit. Es geht um die nächste Kader-Umstrukturierung - und das wird teuer.

Tage wie diese sind besondere bei Borussia Dortmund, obwohl der große Ansturm ausblieb. Am Dienstagvormittag trainierten die Profis mal wieder öffentlich, rund 200 Fans kamen ins Brackeler Jugendstadion. In der Ferienzeit kann es durchaus mal die vier-, fünffache Menge sein. Die Fans sahen zwar nicht die intensivste Einheit, aber dürften am Ende mit von Unterschriften übersäten Trikots und einem pickepackevollen Handy mit diversen Selfies nach Hause gefahren sein.

Sebastian Kehl beobachtete das Treiben von der gegenüberliegenden Seite. In einem dunkelgrünen Parka und mit einem demonstrativ breiten Lächeln im Gesicht lief der BVB-Sportdirektor an den wartenden Reportern und Fernsehkameras vorbei. Er besprach sich länger mit Top-Talente-Trainer Otto Addo, diskutierte angeregt mit Julian Brandt und begrüßte alle Spieler per Handschlag oder Umarmung.

BVB: Neues Trio aus Lars Ricken, Sebastian Kehl und Sven Mislintat

Am Tag nach der großen Umstrukturierung beim BVB war Kehl zur Tagesordnung übergangen, dem akribischen Arbeiten mit dem Team. Zuvor hatte der 44-Jährige ja erfahren müssen, dass er nicht wie von ihm erhofft zum Sport-Geschäftsführer des Klubs aufsteigt, dieser Posten ist dem drei Jahre älteren Lars Ricken übertragen worden.

Kehl soll weiterhin in seinen Kernbereich, der Weiterentwicklung der Mannschaft, wirken. Rückkehrer Sven Mislintat (51) wird ihm unterstellt sein und als Kaderplaner fungieren. Ricken vertritt den Klub nach außen, auf der allerhöchsten Ebene. Auf das neue Führungstrio wartet gleich ein anspruchsvoller Sommer.

Als Kaderplaner zurück beim BVB: Sven Mislintat.
Als Kaderplaner zurück beim BVB: Sven Mislintat. © Max Ellerbrake / firo Sportphoto | Max Ellerbrake

Dortmund steht zwar im Halbfinale der Champions League, das Minimalziel, die erneute Qualifikation dazu, ist praktisch fix. Es ist längst nicht davon die Rede, dass in dieser Saison alles schlecht war beim BVB – aber eben bei Weitem nicht alles gut.

BVB will sich auf drei Positionen verstärken

Platz vier oder fünf, das kann mal passieren, aber bitte nicht dauerhaft. Mitreißender soll das Dortmunder Spiel wieder werden. Es ist nun zwar stabiler, effizienter als zu Beginn der Saison, jedoch sind große Anfälligkeiten bei hohem Pressing des Gegners weiterhin klar zu erkennen. Man tut sich auch häufig schwer, tiefstehende Aberwehrreihen zu brechen. Um diese Probleme zu lösen, wird nach einem spielstarken Mann für das defensive Mittelfeld gesucht. Auch auf den (defensiven) Außenbahnen soll nachgelegt werden. Und im Sturm, da sieht man ebenfalls Optimierungsbedarf.

BVB-Profi Nico Schlotterbeck beim öffentlichen Training am Dienstag.
BVB-Profi Nico Schlotterbeck beim öffentlichen Training am Dienstag. © Jürgen Fromme /firo Sportphoto | Jürgen Fromme

Teuer wird diese nächste Umstrukturierung mal wieder werden. Vor zwei Jahren entwickelte der BVB die Idee des Borussia Deutschland, bei der es nur wenige Lichtblicke wie Schlotterbeck (24) gibt. Im vergangenen Sommer wurde der Entschluss gefasst, mehr Malocher statt Zauberer zu gewinnen – ein Fehler. Nur sechs Monate später revidierte man diese Entscheidung durch die Leihen von Ian Maatsen (22) und Jadon Sancho (24). Viele Millionen sind ins falsche Personal geflossen.

BVB kann mit vielen Millionen Euro Einnahmen rechnen

Nun also alles auf Ursprung. Die Installation des rennomierten Talentesuchers Mislintats und die Beförderung des ehemaligen Nachwuchs-Chefs Ricken sind ein deutlicher Fingerzeig, wieder auf junge, entwicklungsfähige Spieler zu setzen. Der Blick soll verstärkt ins Ausland gehen. Was hilft: Es gibt nahezu Planungssicherheit. Kehl und Mislintat können bei der Kaderzusammenstellung die Champions-League-Einnahmen für die kommende Saison einkalkulieren – 18,5 Millionen Euro Antrittsprämie sowie Erlöse aus vier sicheren Heimspielen. Dazu winken Millionen bei der Klub-WM, für die sich der BVB qualifiziert hat. Eine konkrete, fixe Summe ist nicht bekannt, in spanischen Medien allerdings wurden 50 Millionen Euro kolpotiert. Aber reicht das?

BVB-Linksverteidiger Ian Maatsen.
BVB-Linksverteidiger Ian Maatsen. © Jürgen Fromme/ firo Sportphoto | Jürgen Fromme

Ein Rechenbeispiel: Einer, der ins Profil passt, ist etwa Maatsen, der in seinem Chelsea-Vertrag eine Ausstiegsklausel von etwa 35 Millionen Euro verankert hat. Das ist viel Geld, um nur eine Problemstelle zu beheben. Denn der BVB muss sich ja nicht nur in der Spitze verstärken.

Die Verträge von Marius Wolf (28), Marco Reus (34) und Mats Hummels (35) laufen aus, nur der letztere soll verlängert werden. Sollte Hummels ein Karrierende bevorzugen, müsste auch in der Innenverteidigung stärker investiert werden. Giovanni Reyna (21, Nottingham Forest) und Soumalia Coulibaly (20, Royal Antwerpen) kehren von wenig erfolgreichen Leihen zurück, sie werden es schwer in Dortmund haben – würden aber noch eine gute Ablöse einbringen. Um Donyell Malen (25) gibt es immer wieder Abschiedsgerüchte. Ob sich Sebastien Haller (29) noch einmal beim BVB durchsetzen kann, ist fraglich. Alle genannten Spieler würden immerhin viel Gehaltsspielraum erzeugen, besonders Malen auch eine hohe Ablöse generieren. Viele Namen, viel Arbeit für die neue sportliche Führung.

Mehr zum Thema