Shanghai. Red-Bull-Pilot Max Verstappen feiert in China seinen vierten Saisonerfolg. Ferrari, Aston Martin und Mercedes sind die Verlierer.
Fünf Jahre lang hat die Formel 1 einen großen Bogen um Shanghai fahren müssen, weshalb der Große Preis von China für die Rennkarawane als Fahrt ins Ungewisse galt. Nach dem fünften WM-Lauf bleibt eine Gewissheit: Max Verstappen steuert nach seinem vierten Saisonerfolg und seinem allerersten in China stramm auf den nächsten Titel zu. Der Niederländer hatte trotz zweier Safety-Car-Phasen nie ein Problem, die Führung vor dem überraschenden Lando Norris im McLaren und seinem Red-Bull-Teamkollegen Sergio Perez locker ins Ziel zu bringen.
„Wir waren immer auf der sicheren Seite“, schwärmte Rennstallberater Helmut Marko über seinen Ausnahmefahrer, der auch Sprintrennen und Qualifying nach Belieben dominierte. In der Gesamtwertung hat er jetzt schon einen Sieg Vorsprung auf Perez. Für den Rest geht es nur noch um die Zweitligameisterschaft. Nach so viel Überschwang bringt es mehr Abwechslung, sich um die Verlierer zu kümmern – Ferrari, Mercedes und Aston Martin.
Ferraris Schwäche
Lando Norris war doppelt überrascht, von der eigenen Leistung und der Schwäche von Ferrari. Die Roten waren bislang die einzigen, die dauerhaft Red Bull das Leben schwer machen konnten. Doch der große Reifenverschleiß und die schwankenden Temperaturen auf der so lange brach gelegenen Piste vor den Toren Shanghais übertrugen sich auf das Auto und die beiden Piloten. Brav kamen Charles Leclerc und Carlos Sainz junior als Vierte und Fünfte nach 56 Runden ins Ziel. Aufgefallen sind sie nicht groß, im Gegensatz zum samstäglichen Sprintrennen, als sie sogar miteinander kollidiert waren. Eine solide Leistung mit gelegentlicher Konfusion bei der Reifenstrategie.
„Es sind die kleinen Details, die den großen Unterschied machen“, weiß Scuderia-Teamchef Fred Vasseur, „wir hätten über das ganze Wochenende gesehen einen besseren Job machen sollen.“ Immerhin, gegenüber dem Vorjahr, als Ferrari im Niemandsland fuhr, gestalten sich die Aussichten besser, weiter aufzuschließen und Red-Bull-Jäger-Nummer eins zu werden. Aber auch in Maranello fragen sie sich, nachdem Verstappen wieder allen um die Ohren fahren konnte, wo das eigene Tempo hin ist.
Mercedes weit hinter dem Anspruch
Nahtlos kann Vasseur diese Ratlosigkeit an seinen alten Freund Toto Wolff weitergeben. Der Mercedes-Teamchef greift gern auf den in ihm schlummernden Optimismus zurück, aber seine Miene ist über ein weiteres Rennwochenende hin eingefroren geblieben. Platz sechs für George Russell, Rang neun für Lewis Hamilton. Das ist deutlich unter dem Niveau und noch weiter hinter dem Anspruch eines Mercedes-Werksteams. Hamilton, Rekordsieger in Shanghai und vor fünf Jahren noch der Triumphator in China, klagte schon früh: „Ich komme nicht vom Fleck.“
Reifen, Auto, Selbstvertrauen, alles am Boden gerade, daran änderte auch der zweite Rang im Sprintrennen wenig. Seit 50 Rennen schon ist der Rekordchampion ohne Sieg, sein Silberpfeil bleibt eine Wundertüte: „Ich bin dankbar, überhaupt in den Punkten gelandet zu sein.“ Es fehlt ganz einfach die richtige Balance. Irgendwas stimmt da immer noch nicht. „Wir werden einfach den eigenen Erwartungen nicht gerecht“, gesteht sein Teamchef, und greift bereits jetzt auf den einzigen vagen Silberschimmer zurück: „Ich freue mich aufs nächste Jahr.“
Alonso wird im Aston Martin durchgereicht
Aston Martin ist auf dem besten Weg, der Mega-Rennstall zum Reglement-Neustart 2026 zu werden, die Vertragsverlängerung für Fernando Alonso, der dann 45 sein wird, ist ein weiterer Baustein dafür. Der Spanier hat schon mit seinem dritten Startplatz gezeigt, dass er besser drauf ist als die Verfassung seines grünen Dienstwagens, und zu Rennbeginn zog er frech auf den zweiten Rang und gleichauf mit Verstappen. Eine Momentaufnahme. Später wurde er durchgereicht, und kämpfte sich auf Rang sieben zurück. „Das war das Bestmögliche“, gestand Alonso. Nicht ohne die Genugtuung und ein breites Grinsen auf dem Gesicht, dass er in der Schlussphase noch die schnellste Rennrunde drehen konnte, auf die sonst Red Bull abonniert ist. Teamkollege Lance Stroll fiel nur durch einen Mega-Auffahrunfall auf.
Für alle Verfolger, auch für den glücklichen Lando Norris mit dem überraschenden McLaren ist es ein weiter Weg bis zu dem Zustand, in dem sich Max Verstappen und Red Bull bei allen Querelen rund ums Team einmal mehr befinden. „Mein Auto hat funktioniert wie auf Schienen“, bilanzierte der Sieger, „ich konnte machen, was ich wollte.“