Frankfurt/Main. Zu weiblich, zu woke? Um das neue DFB-Ausweichstrikot gibt es eine Debatte. Verband und Ausrüster freuen sich über einen PR-Coup.

Moderne und Vergangenheit lagen am Dienstag nur ein paar Schritte auseinander. Der Deutsche Fußball-Bund hatte im Eingangsfoyer der Medienräume ein Wohnzimmer aus den 1950er-Jahren eingerichtet. Neben einem Gerät, das junge Leute nicht mehr als Fernseher identifizieren würden, standen wuchtige dunkle Möbel. Glänzend, feinster Gelsenkirchener Barock.

Vor der Tür parkte ein Imbisswagen, die beiden Mitarbeiter verteilten Döner. Zum Nachtisch gab es Baklava.

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Der DFB fährt gemeinsam mit Ausrüster Adidas seit Donnerstag eine neue Kampagne. „Typisch Deutsch“, das war ja schon das Motto der Trikotpräsentation. Der Dienstag, der erste Trainingstag in Frankfurt vor den beiden März-Länderspielen am Samstag in Lyon gegen Frankreich (21 Uhr/RTL) und drei Tage später in Frankfurt gegen die Niederlande (20.45 Uhr/ZDF), stand ganz unter dem Motto der neuen Werbebotschaft. Im Pressekonferenz-Raum lagen Notizbücher in gelber Reclam-Optik. Die Stühle waren mit den Namen großer deutscher Philosophen und Künstlern beschriftet. Goethe etwa, oder Wagner – Sandro Wagner, der Co-Trainer der Nationalmannschaft, versteht sich.

DFB: Neues Trikot ist ein großer Erfolg

Schon jetzt ist die Kampagne ein großer Erfolg, hört man aus dem Verband und von Adidas. Das liegt vor allem daran, dass eines der beiden EM-Trikots polarisiert. Das eine ist schlicht in weiß gehalten, mit schwarz-rot-goldenen Verzierungen. Das andere ist am Kragen pink und geht dann ins lilane über. Ein Zeichen für gesellschaftliche Vielfalt oder doch Anbiederung? Wie man es auch nennen möchte: Der PR-Coup funktioniert. Das Shirt legte laut Adidas den besten Verkaufsstart eines Auswärtstrikotes in der Verbandsgeschichte hin, die Reichweite der Spots war hoch.

Eins schlicht, eins knallig: die EM-Trikots der deutschen Nationalmannschaft.
Eins schlicht, eins knallig: die EM-Trikots der deutschen Nationalmannschaft. © DPA Images | Daniel Karmann

Natürlich war das Trikot auch gleich in aller Munde, weil Arbeitskleidung der deutschen Männer-Nationalmannschaft doch alles sein darf, nur nicht pink. Aus den üblichen Lagern hallte es Spott und Gelächter. Das neue Trikot: ein Zeichen angeblicher Feminisierung des DFB-Teams? Naja. Schon länger werden Fußballshirts mit knalligen Farben verkauft. Auch in pink.

DFB reagiert auf Kritik mit vorproduziertem Clip

In den sozialen Netzwerken trieften die Kommentare vor fragiler Männlichkeit. Weil DFB und Adidas diese Reaktion erahnten, produzierten sie ein Video vor, das nun als Reaktion darauf gespielt wurde. „Ist das ein Frauen-Trikot?“, war eine der Frage, die im Clip auftauchte. Nationalspielerin Jule Brand antwortet provokant: „Ich weiß nicht. Sieht für mich noch nicht nach acht EM-Titeln aus.“ Die Männer haben ja nur drei.

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Und natürlich kam mal wieder der wenig differenzierte Vorwurf auf, der DFB ordne erneut den sportlichen Erfolg einer politischen Botschaft unter. Das PR-Desaster rund um Regenbogen-Binde und Mund-zu-Geste in Katar wirkt noch immer nach, wenngleich beide Situationen nicht vergleichbar sind. Damals wurde der DFB vom Weltverband Fifa vorgeführt, ließ sich in die Enge treiben, es drohten Strafen, weil die Binde eben nicht erlaubt war. Diesmal hat er nur ein pinkes Trikot vorgestellt, das höchstwahrscheinlich nur eine Handvoll Mal getragen wird.

Zum Beispiel von Toni Kroos, der am Dienstag auch dazu gefragt wurde – und eine Antwort gab, nach der es keine weiteren Einschätzungen mehr brauchte: „Ein Trikot ist immer so gut, wie erfolgreich die Mannschaft darin spielt.“