Bochum. Das Ruhrgebiet putzt sich heraus, für die World University Games, die Weltspiele der Studenten im kommenden Jahr - und investiert Millionen.
Man brauchte an diesem grauen Dienstagmittag schon eine Menge Vorstellungskraft. 70 Jahre ist das Lohrheidestadion in Wattenscheid alt. Das sieht man. Doch was in 500 Tagen sein soll, dafür braucht es Fantasie. Dann soll die Leichtathletik-Kultstätte das funkelnde Aushängeschild der FISU World University Games, früher Universiade und als solche 1989 eindrucksvoll zu Gast in Duisburg, in der Rhein-Ruhr-Region darstellen. 55 Millionen Euro wurden in die Modernisierung gesteckt. „Wir können heute sicher sein, dass der Sportpark Lohrheide pünktlich fertig wird“, verspricht Bauunternehmer Walter Hellmich. Er muss es wissen.
Erst Olympia, dann Universiade
Denn statt einer prachtvollen Westtribüne, die im Anstrich „Champagner-Schimmer“ die Sonne reflektiert, zeigen sich das Grau des Himmels und das des Betonmassivs noch in harmonischer Tonlosigkeit. Man ahnt, wo mal Logen sein könnten. Doch noch leuchtet nur die bunte Warnkleidung emsiger Bauarbeiter. Maloche statt Glamour.
Nun sind 500 Tage aber noch eine Menge Zeit. Zeit, um ein Stadion zu bauen. Zeit, um die Werbetrommel zu rühren. Denn dass nach einem Jahr mit Fußball-Heim-EM und Olympischen Sommerspielen in Paris das größte Multisportevent des Jahres 2025 in Deutschland, ja sogar zwischen Bochum und Düsseldorf stattfindet, hat noch kaum ein Sportfan hierzulande auf dem Schirm. Das weiß Niklas Börger, CEO von Rhine-Ruhr 2025. „Man muss ganz ehrlich sagen: Die Veranstaltung hat in Deutschland nicht den Bekanntheitsgrad, den sie in anderen Ländern wie aus Asien, Afrika oder Amerika hat“, sagt er. „Aber wir wollen den Schwung und den Spirit nach Paris nutzen.“
10.000 Athleten und Athletinnen messen sich in 18 Sportarten
Vom 16. bis 27. Juli wird die Region mit den Standorten Bochum, Essen, Mülheim, Duisburg und Düsseldorf getupft sein mit rund 10.000 Athletinnen und Athleten aus 170 Nationen, alle an Unis und Hochschulen eingeschrieben. Sie messen sich in 18 Sportarten. Außer zur Modernisierung des Lohrheidestadions rollen dafür keine Bagger: Es wird auf bestehende Sportstätten zurückgegriffen. Oder es werden Sportarten gebündelt wie in der Messe Essen. Nachhaltigkeit ist ein großes Thema. Erstmals werden auch Parasportarten zum Programm gehören. Nur Olympia ist größer. Ergänzt werden die Weltstudentenspiele durch wissenschaftliche Veranstaltungen und ein großes kulturelles Programm.
Den Machern war es wichtig, sich mit dem Konzept von vorherigen Ausgaben abzugrenzen: „Im Kontrast zu den Vorjahren wollen wir sehr bunte, laute Spiele haben, die sehr nah an den Menschen sind.“ Nicht „klassisch professionell, teilweise steril“ wie zuletzt in Asien. „Wir wollen ein lebendiges Drumherum, weil die Region wahnsinnig sportbegeistert ist. Wir sind bewusst hierhergekommen. Transformation ist hier eine gelebte Praxis, und das möchten wir in Bezug von Industrie zur Wissenschaft sichtbar machen.“
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World University Games: Team setzt auf Erfahrung von anderen Großereignissen
Für Börger und sein Team geht es nach der Grundplanung seit Anfang des Jahres nun um die „praktische Umsetzungsphase. Das heißt, jetzt füllen wir die Dinge mit Leben.“ Sie setzen dabei auf Erfahrungen vorheriger Großereignisse. Viele von denen, die 2022 die European Championships in München so großartig und sogar preisgekrönt nachhaltig gemacht haben, arbeiten nun in Börgers Team. Er selbst bringt Erfahrung als ehemaliger Chef der Ruhr Games mit.
Aktuell spielt neben der Auswahl von Künstlern für das Rahmenprogramm die Ausarbeitung des Ticketingkonzepts eine zentrale Rolle. Anders als in Paris, wo Karten für Topevents um die 900 Euro kosten, sollen die Preise 2025 erschwinglich sein. „Es soll sicher nicht am Preis scheitern, dass jemand, der Lust hat, zu uns zu kommen, passen muss. Es muss ähnlich wie ein Freibadbesuch sein.“ Geplant ist ein Pass für alles: „Sodass man vielleicht für eine Sportart gekommen ist, aber am Ende acht gesehen hat.“
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Nachhaltige Allianzen sollen sich bilden
160 Millionen Euro kosten die World University Games an Rhein und Ruhr. Gefördert werden sie paritätisch von Bund und Land, die beteiligten Kommunen unterstützen durch Sachleistungen, stellen etwa Werbeflächen zur Verfügung. Es ist ein dickes Ding, was auf die Region zukommt. Niklas Börger sieht es positiv: „Unser Ziel ist klar, Allianzen in der Region für ein gemeinsames Ziel zu formieren, die nach der Veranstaltung bleiben werden.“ Manche Baustelle wird so vielleicht sogar früher fertig als gedacht. Im Idealfall steht am Ende in den Köpfen der Bürger, „dass sich durch die Spiele etwas für die Region entwickelt und nicht andersrum“. Stichwort Olympische Spiele an Rhein und Ruhr. Börger: „Wir können wichtige Impulse setzen, wie man hier hochprofessionell zukunftsfähige Spiele umsetzen kann.“ Nur ein Olympiastadion fehlt weiter. Das löst auch ein in der Sonne funkelnder Sportpark Lohrheide nicht.