Dortmund. Die Bosse fällen eine Entscheidung, die Mannschaft steht in der Bringschuld. Ob eine erneute Aufholjagd gelingt, ist aber fraglich.
Der zweitkürzeste Tag des Jahres war bei Borussia Dortmund einer der intensivsten - und am frühen Donnerstagnachmittag kam auch ein Ergebnis dabei herum. Edin Terzic bleibt Trainer des Fußball-Bundesligisten. Das ergab nach Informationen dieser Redaktion die obligatorische Halbjahres-Analyse der Dortmunder Bosse um Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke und Sportdirektor Sebastian Kehl, in der die enttäuschende Hinserie dem Vernehmen nach höchst selbstkritisch auf allen Ebenen aufgearbeitet worden ist.
Am Mittag traf sich die Vereinsführung um Watzke, Kehl und Vereinsberater Matthias Sammer zur Saison-Zwischenbesprechung. Nur wo? Das blieb das Geheimnis der Dortmunder Chefetage. „Wir werden die Lage sachlich analysieren“, ließ Kehl kurz und knapp verlauten, als er im weißen Sportwagen vom Trainingsgelände in Brackel zur Sitzung aufbrach.
BVB: Enges Verhältnis zwischen Terzic und Watzke
Beantwortet werden sollte vor allem die Frage, wie dem BVB immer wieder destraströse Auftritte wie gegen Mainz 05 (1:1) passieren können, die allmählich die Qualifikation für die Champions League gefährden - und damit zwangsläufig, welcher Faktor dabei Trainer Terzic ist.
Es war eine richtungsweisende wie knifflige Entscheidung, die insbesondere Watzke treffen musste. Watzke pflegt ein freundschaftliches Verhältnis zu Terzic. Personalrochaden während einer Saison führt der 64-Jährige grundsätzlich ungern aus. Erst im August hatte zudem öffentlichkeitswirksam Terzic den Rücken gestärkt. Ohne Not stellte er dem 41-Jährigen gleich eine Job-Garantie für „die nächsten Jahre“ aus.
Vor dem Mainz-Spiel war aus dem Klub zu hören, dass diese Partie keineswegs ein Endspiel für den unter Druck geratenen Coach sei. Im Nachgang der Partie allerdings schwiegen die Bosse, verzichteten auf ein weiteres Bekenntnis zu Terzic, der sich auf der Pressekonferenz allein verteidigen musste - nicht nachvollziehbar, wenn man doch eigentlich von seinem Cheftrainer überzeugt ist. Das irritierte.
BVB: Viele Probleme in dieser Hinrunde
Andererseits hat Terzic in seinen anderthalb Jahren im Job den BVB noch immer nicht vom wankenden in einen konstanten Spitzenklub verwandelt. Die Ausbrüche ins Negative sind in den vergangenen Wochen häufiger geworden, sechs Pflichtspiele in Serie wartet man nun auf einen Sieg. In der Bundesliga war man gegen die Spitzenteams klar unterlegen und scheiterte im DFB-Pokal beim VfB Stuttgart.
Sich manchmal gegen starke Gegner einzuigeln, dann aber plötzlich wieder gegen unterlegenere Mannschaften das Spiel gestalten zu müssen, schien das Team zu verunsichern. Es gibt daher durchaus Spieler in der Dortmunder Mannschaft, die nicht mehr davon überzeugt sind, dass sich dies mit Terzic noch ändern würde - eine schwierige Konstellation, wenn man erfolgreich sein möchte.
Das Zeichen der Bosse pro Terzic bedeutet nun: Vor allem die Spieler sind in der Bringschuld, auch in der Bundesliga mit der gebotenen Seriösistät wie in der Champions League aufzutreten. In der Königsklasse haben sie schließlich mit dem Gruppensieg vor Paris Saint-Germain bewiesen, dass sie in der Lage sind, mit der europäischen Elite mitzuhalten - und damit erst recht in der Bundesliga. Am 13. Januar steht das erste Pflichtspiel des neuen Jahres bei Darmstadt 98 an, am 3. Januar reist der BVB für das Wintertrainingslager ins südspanische Marbella. Der Kader, auch das Thema der Sitzung gewesen, soll bis dahin verstärkt werden. Priorität hat die Verpflichtung eines Linksverteidigers.
BVB: Gelingt wieder eine Aufholjagd?
Am Dienstag hatte Terzic die Fragen nach seiner Zukunft, ob er daran glaube, auch 2024 noch BVB-Trainer zu sein, eindeutig bejaht. „Natürlich habe ich den Glauben daran“, meinte er. „Es gehört zu meiner Geschichte bei der Borussia, dass wir in der Rückrunde immer ein komplett anderes Gesicht gezeigt haben. Das ist der klare Auftrag an die Mannschaft, dass wir das wieder hinbekommen.“
Zweimal hatte ja er in der zweiten Saisonhälfte noch vieles zum Guten gewendet. Als Interimstrainer und Nachfolger von Lucien Favre sicherte er im Mai 2021 die Champions-League-Qualifikation und gewann zudem noch den DFB-Pokal. In der vergangenen Saison starteten die Dortmunder nach der Katar-WM eine Aufholjagd, die fast mit der Meisterschaft endete.
In beiden Fällen aber hatte Terzic Unterschiedsspieler wie Erling Haaland, Jadon Sancho und Jude Bellingham im Kader. Ob das erneut möglich sein wird, ist höchstfraglich, weil das BVB-Gebilde zum Jahreswechsel fragil ist und andere Klubs wie RB Leipzig oder Bayer Leverkusen diesmal nicht mit abgeschlagen sind. Immerhin bleiben turbulente Weihnachten aus.