Stuttgart. Das 0:2 im DFB-Pokal in Stuttgart verschärft die Unruhe beim BVB. Die Taktik von Trainer Edin Terzic wirft abermals viele Fragen auf.

Spät am Mittwochabend gab es dann doch noch engagierte Dortmunder Abwehrleistungen zu sehen in Stuttgart: „Wir haben uns nicht eingeigelt, das ist ja Blödsinn“, schimpfte Sebastian Kehl, Sportdirektor der Borussia. „Wir haben keinen passiven Ansatz gewählt“, meinte ein schmallippiger Trainer Edin Terzic. Vielleicht musste man das so sagen als BVB-Verantwortlicher an einem solchen Tag, aber es waren schon überraschende Ansichten nach einer hochverdienten 0:2-Niederlage im DFB-Pokal-Achtelfinale beim VfB Stuttgart, in dem die Schwaben über 90 Minuten die deutlich bessere Mannschaft gewesen waren und dies durch Tore von Serhou Guirassy (54.) und Silas (77.) nur unzureichend zum Ausdruck brachten.

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Die Spieler hatten entsprechend weniger Lust, sich zu irgendeiner Form von Verteidigung aufzuschwingen, das immerhin glich dem Geschehen auf dem Rasen. „Es hat vorne und hinten heute gefehlt“, polterte Kapitän Emre Can. „Wir waren in den Zweikämpfen nicht stark genug, es war fußballerisch eine Katastrophe und gegen den Ball, wie wir angelaufen sind, war es gar nicht gut. So kann es nicht weitergehen.“ Und Torhüter Gregor Kobel, der die Niederlage mit starken Paraden noch im erträglichen Rahmen gehalten hatte, bemängelte: „Wir spielen nicht gut genug, ganz klar. Mit Ball müssen wir es als Borussia Dortmund viel, viel besser machen, müssen mehr vom Spiel haben, müssen dominanter auftreten.“

Die Frage, ob nicht auch die Taktik die falsche war, wollte Kobel ausdrücklich nicht beantworten, und das sagte viel. Auch ansonsten musste sich der Torhüter erkennbar zügeln, er war geladen nach diesem Katastrophenauftritt. Es brodelt nun bei Borussia Dortmund, denn dieser große Klub ist auf dem besten Weg, sich selbst zu verzwergen: In der Champions League steht man zwar im Achtelfinale, im DFB-Pokal aber hat man das erste Saisonziel, das Finale in Berlin verpasst. Und in der Liga ist die Spitze weit enteilt, am Samstag (18.30 Uhr/Sky) muss der BVB gegen den Tabellenvierten RB Leipzig darum kämpfen, nicht auch den Anschluss an die Champions-League-Ränge zu verlieren.

Dortmund wieder mit Außenseiterfußball

Und zu den Ergebnissen kommt die spielerische Note, wie schon am Sonntag bei Bayer Leverkusen (1:1) verweigerte der Ballspielverein Borussia das Ballspielen: Mit einer Fünferkette formierte Terzic seine Mannschaft am eigenen Strafraum, davor eine enge Viererreihe und davor die freien Radikalen Karim Adeyemi, Jamie Bynoe-Gittens und Youssoufa Moukoko. Es war eine Taktik, die darauf ausgelegt war, nur ja kein Tor zu kassieren und vorne durch Tempo, und Qualität der Angreifer sowie den Faktor Zufall irgendwie selbst eins zu machen. Es war die Herangehensweise eines klassentieferen Außenseiters, nicht eine, die man von der selbsternannten zweiten Kraft im deutschen Fußball erwarten würde.

Wie man mit nicht einmal überragenden Mitteln Fußball spielen kann, hatte der VfB vorgeführt: „Das war überragend, es war extrem viel Bewegung drin“, sagt Kobel. „Wir dagegen waren immer sehr statisch.“ Dem technisch wie taktisch extrem starken Vortrag der Hausherren und deren perfekt einstudierten Abläufen hat der BVB aktuell wenig entgegenzusetzen, wie es auch schon am Wochenende bei Bayer Leverkusen der Fall war. Und das, obwohl der finanzielle Aufwand, der in die Mannschaft fließt, ein deutlich größerer ist in Dortmund, obwohl die Einzelspieler sicher nicht schlechter sind als die Stuttgarter.

BVB muss nun gegen RB Leipzig bestehen

Das spricht aktuell nicht für Trainer Terzic und nicht für Sportdirektor Kehl, die für Zusammensetzung und Auftritt dieser Mannschaft verantwortlich sind. Beide machten am Mittwochabend zwar zu Recht geltend, dass die Spieler bei weitem nicht alles aus ihren Möglichkeiten herausholten, beide hatten eine tiefgreifende Verunsicherung gespürt. Beide verweigerten aber die Antwort darauf, ob man zu dieser Verunsicherung nicht erheblich beiträgt, wenn man seiner Mannschaft mit einem derart ängstlichen Ansatz ins Spiel schickt und sie allein nach den Stärken des Gegners statt nach den eigenen ausrichtet. Wenn man ihr dadurch das Gefühl vermittelt, dass man den VfB aktuell für die bessere Fußballmannschaft hält, obwohl sie keineswegs übermächtig ist, wie sich in einer ganz kurzen Dortmunder Drangphase rund um Bynoe-Gittens‘ Abseitstor zeigte.

Und nun kommen die Leipziger, die ebenfalls jenes aggressive Pressing spielen, mit dem der BVB in Stuttgart massive Probleme hatte. Wie will man da bestehen? „Indem wir uns wieder auf unsere Stärken besinnen“, sagte Sportdirektor Kehl. Man darf gespannt sein, was das für Auf- und Einstellung bedeutet, zumal nun auch noch Personalprobleme hinzukommen: Moukoko, Marcel Sabitzer, Marius Wolf und Julian Ryerson mussten allesamt verletzt ausgewechselt werden..