Gelsenkirchen. Zehn Jahre lang arbeitete Alexander Jobst für den FC Schalke 04. Nun hat er mit Fortuna Düsseldorf die Königsblauen überholt und trifft auf S04.

Nur 58 Kilometer trennen die Stadien von Fortuna Düsseldorf und des FC Schalke 04, am Samstag sind 50.000 Fußballfans auf den Beinen, um sich dieses besondere Zweitligaspiel anzuschauen - doch derjenige, der am meisten auf dieses Duell hinfiebert, steht nicht auf dem Platz, er sitzt auf der Haupttribüne. Alexander Jobst, 50 Jahre alt, hat von 2011 bis 2021 als Marketingvorstand von Europapokal-Glanz bis zum sportlichen Niedergang alles mitgemacht bei den Königsblauen. Jetzt ist er Vorstandschef in Düsseldorf. Und mag dieser Zeitung über seinen Ex-Klub vorher nur eins sagen: „Ich hatte beim FC Schalke wahnsinnig intensive zehn Jahre und wünsche dem Verein nach Samstagabend alles Gute und eine erfolgreiche Zukunft.“

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Bevor er zu Schalke 04 wechselte, arbeitete er im Management von Real Madrid, bei der Fifa in Zürich. Über seinen Ehrgeiz in allen Bereichen des Lebens wird auf Schalkes Geschäftsstelle heute noch geredet. Einmal zog er sich beispielsweise Knochenbrüche bei einem Mountain-Bike-Unfall zu. Als er im Februar 2022 in Düsseldorf anfing, waren seine Ziele - natürlich - sehr groß. Einer wie Jobst sieht sich nicht langfristig in der Zweite Liga. Er will so weit wie möglich nach oben. In Düsseldorf ist er erstmals Vorstandschef, eine große Chance für ihn, sich zu beweisen.

Schalke: Alexander Jobst war eine Reizfigur und wurde bedroht

Einen Verein umkrempeln, eine Stadt prägen - auf Schalke ist ihm das nicht gelungen. Durch umstrittene Sponsorendeals zum Beispiel mit der Ticketplattform Viagogo (2013), den er nach Protesten kündigte, und Diskussionen über eine mögliche Ausgliederung der Profiabteilung, die vor allem er vorantrieb, war er im sportlichen Misserfolg am Ende seiner Amtszeit nicht nur eine Reizfigur, sondern wurde von Teilen der Fans sogar bedroht. Das war ein Hauptgrund dafür, warum er im Juni 2021 sein Amt niederlegte und eine Pause einlegte.

Kämpferisch auf Schalke: Alexander Jobst während der Jahreshauptversammlung im Jahr 2017.
Kämpferisch auf Schalke: Alexander Jobst während der Jahreshauptversammlung im Jahr 2017. © firo Sportphoto | firo Sportphoto/Ralf Ibing

Als der mit seiner Familie in Düsseldorf wohnende Jobst wenige Monate später die Fortuna übernahm, war der Klub Tabellen-13., mit einem Punkt Vorsprung vor dem Relegationsplatz. Rund um die damalige Führung gab es viele Diskussionen. Nun ist die Fortuna Fünfter, hat Schalke in der Tabelle überholt und ist ein heißer Aufstiegskandidat. Jobst hat den Verein beruhigt, ist der starke Mann - obwohl der Sportchef Klaus Allofs heißt.

Das Stadion ist voll und Jobsts Idee „Fortuna für alle“, die beinhaltet, einzelne Heimspiele gratis für die Fans anzubieten, wurde weltweit diskutiert. „Als wir im Februar 2022 nach einer unruhigen Zeit sowie sportlich sehr kritischen Phase in der neuen Vorstandskonstellation gestartet sind, ging es für Klaus Allofs, Arnd Hovemann und mich zunächst darum, den Verein zu stabilisieren. Durch viele Gespräche, Sachlichkeit und intensive Arbeit haben wir als ganzer Verein gemeinsam den wichtigen Turnaround geschafft. In diesem Jahr geht es nun um eine Weiterentwicklung.“ Die Strategie, erstklassigen Fußball in Düsseldorf zu ermöglichen, sei langfristig. „Wir wollen deutlich machen, wofür wir als Verein stehen wollen und so Fortuna wieder stärker in der Stadt verankern. Hier sind wir mitten im Prozess.“

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Über die Idee „Fortuna für alle“ sagten die Schalker intern anerkennend: ein echter Jobst. Eine Überraschung, etwas Neues, die Lust darauf, etwas auszuprobieren. Es ist das, was die Königsblauen von Jobsts Nachfolger, dem damaligen Vorstandschef Dr. Bernd Schröder, ebenfalls erwartet hatten, aber nicht bekamen. Jobst hatte in seiner Amtszeit zum Beispiel früh erkannt, dass E-Sport ein Millionengeschäft werden könnte. 26,5 Millionen Euro aus dem Verkauf einer E-Sport-Lizenz trugen dazu bei, dass Schalke 2021 nach dem ersten Abstieg nicht ganz unterging. Und Bernd Schröder? Der blieb blass, setzte keine Akzente. Weder in der Öffentlichkeit, noch im Marketing - und bei der Sponsorensuche schon gar nicht. Die Schalker Umsatzrekorde und die höchsten Sponsoringeinnahmen gehen auf Jobsts Amtszeit zurück. Das wird respektiert auf Schalke, auch im gegenwärtigen sportlichen Misserfolg. Geliebt wurde er aber nie - von den Fans nicht, und von einigen Mitarbeitern der Geschäftsstelle auch nicht. Er würde Ja-Sager bevorzugen, hieß es stets, was er immer zurückwies. Langjährige Mitarbeiter beklagten sich darüber, Jobst wolle Schalke „entschalken“. Irritierend fand Jobst das.

Jobst über „Fortuna für alle“: „Die Begeisterung war groß“

Nun hat er die Fortuna mit dem Fortuna-für-alle-Weg bekannt gemacht - und sich selbst begehrt. „Natürlich haben wir erwartet, dass unser Weg auf Interesse stoßen wird. Dass die Aufmerksamkeit so groß wäre aber nicht. Das hat uns überrascht, aber auch motiviert. Wir haben gesagt, dass wir uns mit ,Fortuna für alle‘ auf einen Weg machen. Wir sind gestartet und haben geliefert, was wir angekündigt haben. Wir konnten mit den neuen langfristigen Partnern ein starkes wirtschaftliches Fundament legen, das uns Planungssicherheit gibt.“ Das erste Freispiel gewann die Fortuna gegen den 1. FC Kaiserslautern mit 4:3. „Das hat sehr gut funktioniert, die Begeisterung war groß. Es liegt aber auch viel vor uns. ,Fortuna für alle‘ ist kein Sprint, sondern ein Marathon. Wir sind gerade erst losgelaufen.“

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Doch wird Jobst, dessen Vertrag bis 2025 gilt, diesen Marathon bis zum Ende mitlaufen? Bei allen Ambitionen, internationalen Kontakten, Anfragen? Mit dem Lebensweg: Real Madrid, Fifa, Champions League mit Schalke, für immer Fortuna? „Wir haben ‚Fortuna für alle’ konzipiert, um es gemeinsam umzusetzen. Wir haben noch viele Schritte vor uns, die ich mit meinen Kolleginnen und Kollegen gehen will.“ Will, nicht werde. Ganz kurzfristig lautet aber das nächste Projekt für Jobst „Wiedersehen mit Schalke 04“. Ein ganz besonderes, denn sein Fußball-Herz schlägt nicht nur Rot-Weiß, sondern auch noch Königsblau. Auch wenn er das so deutlich vor diesem NRW-Duell nicht sagen mag.