Essen. Didier Deschamps kann seinen zweiten WM-Titel gewinnen. Frankreichs Nationaltrainer beherrscht eine Königsdisziplin. Ein Kommentar.
Wer in den erlesenen Kreis der Weltmeister-Trainer vordringen möchte, muss zur richtigen Zeit am richtigen Ort sein und dann am besten auch noch vieles richtig machen. Die ersten beiden Faktoren hat ein Nationaltrainer nicht in der eigenen Hand: Welche Talente er zur Verfügung hat, liegt vor allem in den Händen dutzender Vereins- und Jugendtrainer, die sie über Jahre ausgebildet haben. Bleibt die Arbeit mit der Mannschaft.
Deschamps profitiert nicht nur von einer begabten Generation
Weltmeister dürfen sich daher zwar hunderte Spieler, aber nur 20 Trainer nennen. Didier Deschamps kann seinen Namen am Sonntag zum zweiten Mal in diese Liste eintragen. Das liegt daran, dass der 54-Jährige mit der begabtesten Generation Frankreichs seit dem 1998er-Ensemble um Zinédine Zidane arbeiten darf.
Gleichzeitig liefert Deschamps bei dieser WM erneut ein Meisterstück ab: So viele eigensinnige Köpfe musst du erst einmal dazu bewegen, mit- statt gegeneinander zu arbeiten; durch Star-Allüren fiel während des Turniers bei Les Bleus niemand auf. Frag nach bei den Neymars und Beckhams, die titellos blieben.
Eine Weltmeister-Elf zu formen, ist die Königsdisziplin dieses Jobs. Nur ein paar Mal im Jahr trifft man die Spieler, die Vorbereitung auf ein Turnier ist intensiv, aber kurz. Dafür, über Monate an Taktik und Teamwork zu feilen, bleibt keine Zeit. Es gibt erfolgreiche Trainer wie etwa Jürgen Klopp, den diese Bedingungen (noch) abschrecken.
Taktik und Gefühl
Bei einer WM geht es also mehr um Menschenführung als um Viererkette oder Doppelsechs. Deschamps beherrscht beides, Taktik und Gefühl. Und seine Kollegen? Es ist schon auffällig, welcher Trainer-Typ sich im Finale mit Deschamps messen wird.
Lionel Scaloni hat erst eine Mannschaft gebaut und anschließend Lionel Messi integriert. Miroslav Klose, ein ehemaliger Mitspieler, beschreibt das so: „Er hat einfach dieses Menschliche und diese Wärme, und so, glaube ich, führt er auch Argentinien.“ Und das kann man nicht lernen.