Essen. Der deutsche Fußball steckt nach dem WM-Aus in einer tiefen Krise. Das haben die Protagonisten zu verantworten. Ein Kommentar.

Das sportliche Resultat allein ist schon ärgerlich genug. In Katar verlor die Nationalmannschaft nur eines von drei Spielen, andere Teams kamen mit vier Punkten ins Achtelfinale. Dennoch hat Deutschlands erneuter K.o. in einer WM-Vorrunde natürlich heftige Diskussionen, massive Kritik und deutliche Forderungen zur Folge. Zumal die fußballerische Enttäuschung von einem nicht zu unterschätzenden Imageschaden begleitet wird, den die Protagonisten des DFB zu verantworten haben.

DFB macht bei der WM in Katar zu viele Fehler

Die fehlende klare Linie beim Gezerre und Gezeter um die One-Love-Spielführerbinde, der kurzfristige Rückzieher aus Angst vor Bestrafung durch die allmächtige Fifa, wurde von DFB-Präsident Bernd Neuendorf damit begründet, man wolle die vom Weltverband herbeigeführte Konfrontation nicht auf dem Rücken der Spieler, in diesem Fall auf dem des Kapitäns Manuel Neuer austragen. Weil es unklar war, ob die Fifa lediglich mit einer Gelben Karte für Neuer auf das verbotene Utensil reagiert hätte. Man kann die Entscheidung von Neuendorf und DFB-Direktor Oliver Bierhoff im Sinne der Spieler sogar gut gemeint nennen, aber gut gemeint ist meistens das Gegenteil von gut. In diesem Fall: ganz mies.

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Denn plötzlich waren die Spieler aufgewühlt, sie redeten sich im Mannschaftskreis die Köpfe heiß. Die einen wollten ihr Gesicht nicht verlieren und weiterhin Zeichen setzen für Offenheit und Gleichberechtigung – und damit gegen die Zustände im Gastgeberland Katar. Die anderen wollten mit all dem möglichst wenig zu tun zu haben. Schließlich war es ihr Auftrag, erfolgreich Fußball zu spielen, und nicht, politische Probleme zu lösen. Am Ende einigten sie sich auf einen in Deutschland auch noch kritisierten Kompromiss, auf die Mund-zu-Geste. Zu diesem Zeitpunkt waren sie bereits keine Einheit mehr.

Nicht nur Bundestrainer Hansi Flick steht nach dem peinlichen WM-Aus in der Kritik.
Nicht nur Bundestrainer Hansi Flick steht nach dem peinlichen WM-Aus in der Kritik. © Getty

Die Krise beim DFB ist größer als zunächst gedacht

Und so fügt sich zu Unzulänglichkeiten der Spieler und Fehleinschätzungen von Bundestrainer Hansi Flick eine weitere Erklärung für die am Ende entscheidende Auftaktpleite gegen Japan: Die Mannschaft war abgelenkt statt fokussiert, zerrissen statt geschlossen. Die Krise ist größer als zunächst gedacht.

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