London. Die deutschen Fußballerinnen begeisterten bei der EM. Sie haben das Endspiel verloren, sind aber keine Verliererinnen. Ein Kommentar

So etwas möchte man natürlich nicht erleben, wenn man wie im Rausch durch ein großes Turnier geflogen ist. Wenn man die Trophäe schon sehen kann. Wenn man ein historisches Finale spielt: in Wembley, gegen England, gegen das Team des Gastgeberlandes, vor fast 90.000 Zuschauerinnen und Zuschauern. Mitten in diese flirrende Gefühlsmischung aus Vorfreude und Lampenfieber hinein platzte eine Nachricht, die Deutschlands Fußballerinnen wie ein Schlag in die Magengrube vorgekommen sein muss. Alexandra Popp fiel kurzfristig aus. Muskuläre Probleme stoppten ausgerechnet die Kapitänin, die ihr Team herausragend durch die EM geführt und mit ihren Treffern in dieses Endspiel gebracht hatte.

Der Ausfall von Alexandra Popp war für DFB-Frauen nur schwer zu verkraften

So einen Schock muss man erst mal verdauen und verkraften. Immerhin hatten die deutschen Nationalspielerinnen bereits zwei ähnliche Fälle erlebt, als zuerst Lea Schüller und dann auch Klara Bühl wegen Corona-Infektionen passen mussten. Sie wussten, wie sie solchen Unwägbarkeiten zu begegnen hatten: mit Teamgeist. Ihr Zusammenhalt war beeindruckend bei dieser Europameisterschaft, selbst die erfahrene Alexandra Popp hatte „so einen Teamspirit noch nie erlebt“.

Alle zusammen: Lagebesprechung mit Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg (in Weiß) vor der Verlängerung.
Alle zusammen: Lagebesprechung mit Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg (in Weiß) vor der Verlängerung. © dpa | ebastian Christoph Gollnow

Also kämpften sie sich auch durch das Finale, alle Widerstände ignorierend. Sie kamen sogar zurück, nachdem die Engländerinnen, die auch ein großartiges Turnier gespielt hatten, mit einem Traumtor in Führung gegangen waren. Welch ein Kraftakt.

Ärgerlich für die DFB-Frauen: Elfmeterpfiff blieb aus

Ärgerlich, dass den deutschen Spielerinnen ein Handelfmeter verweigert wurde. Noch ärgerlicher, dass sie in der Verlängerung den entscheidenden Gegentreffer kassierten. Aber die Phase der Enttäuschung sollte nur kurz sein. Sie haben ein Spiel verloren, sind aber keine Verliererinnen. Jede Einzelne, besonders auch Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg, darf sehr stolz sein. Dieses Team hat Massen begeistert, hat auf beste Art für den Frauenfußball geworben. „Wir hoffen, dass der Rausch jetzt auch anhält“, hat DFB-Präsident Bernd Neuendorf am Sonntag gesagt. Alle, die in diesen Wochen am TV mitgejubelt und mitgezittert haben, könnten dazu beitragen. Indem sie zum Beispiel auch mal ein Frauen-Bundesligaspiel besuchen.