Budapest. Bei der Nationalmannschaft ist Verteidiger Antonio Rüdiger unverzichtbar geworden. Seine enorme Entwicklung hat mehrere Ursachen.
Am Montagvormittag ist Antonio Rüdiger wieder dabei. Bundestrainer Hansi Flick hat in Budapest ein leichtes Anschwitzen angesetzt, vor dem Nations-League-Spiel gegen Italien an diesem Dienstag (20.45 Uhr/ZDF) in Mönchengladbach sollen die Kräfte geschont werden. Rüdiger mischt also wieder mit, nachdem ihn Flick gegen Ungarn (1:1) auf die Bank gesetzt hatte. Mit Geringschätzung hatte das allerdings mal gar nichts zu tun: Der Innenverteidiger sollte nur mal eine Pause bekommen.
Denn eigentlich ist Rüdiger unverzichtbar. Das zeigte sich auch im Ungarn-Spiel, in dem er nicht dabei war. Da nämlich wackelte die deutsche Abwehr gegen den Außenseiter ganz erheblich, da hatten die Innenverteidiger Niklas Süle und Nico Schlotterbeck ihre Mühe. Da hätte es einen gebraucht, der körperlich ohne Probleme gegenhalten kann, der im Zweikampf auch mal die Funken fliegen lässt, der sich auch von den kräftigsten Stürmern nicht wegschieben und von den schnellsten selten überholen lässt. Einen wie Rüdiger.
Großes Lob von Bundestrainer Hansi Flick
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„Toni ist immer fokussiert, im Training wie im Spiel“, lobt Flick. „Er ist für die Verteidigung verantwortlich und ein absoluter Leader hintendrin.“ Der Bundestrainer hat Rüdiger zur Führungskraft befördert, er will, dass der 29-Jährige laut ist und die Mitspieler lenkt. Rüdiger mag das auch. Er hat sich nur lange nicht recht getraut, weil auch er seiner Rolle nicht ganz sicher sein konnte – wie soll man da die anderen rumkommandieren?
Inzwischen aber ist längst klar, dass der 1,90 Meter große Abwehrhüne unverzichtbar ist. Wenn alles den erwarteten Gang geht, wird sich bei der WM im Winter nur die Frage stellen, wer neben Rüdiger verteidigt: Süle, Schlotterbeck – oder beide? Rüdiger wird dann als Abwehrspieler von Real Madrid anreisen, im Sommer wechselt er zu den Königlichen.
Rüdiger fährt als Spieler von Real Madrid zur WM in Katar
Der FC Chelsea mit Trainer Thomas Tuchel hätte ihn gerne gehalten, aber der Vertrag lief aus, und dem Klub waren wegen der Sanktionen gegen Eigner Roman Abramowitsch die Hände gebunden. Auch der FC Bayern soll sich noch eingeschaltet haben, aber da war mit Real fast alles klar – und im Rüdiger-Lager wunderte man sich durchaus, warum die Münchener bei einem ablösefreien Nationalspieler erst so spät vorfühlten. „Ich hatte viele Gespräche, aber wenn ich ehrlich bin, habe ich nur Real oder Chelsea in Betracht gezogen“, verriet Rüdiger der spanischen Zeitung Marca. „Als sich Madrid das erste Mal gemeldet hat, das war wie... Wow! Ein Klub wie dieser ruft nicht oft an, es war unglaublich.“
In den Augen des Bundestrainers ist das der Lohn für die „fantastische Entwicklung“, die Rüdiger genommen hat – und die ihm nicht jeder zugetraut hatte. Klar, er durchschritt einige der besten Leistungszentren im deutschen Fußball: Bei Borussia Dortmund schulte man ihn vom Stürmer zum Abwehrspieler um, dann warb ihn der VfB Stuttgart ab. Schon damals waren die Anlagen zu sehen, aber Rüdigers Spiel haftete stets auch etwas Wildes, Rohes an. Der nächste Stellungsfehler war nie weit entfernt.
Thomas Tuchel machte Rüdiger immer stärker
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Bei der AS Rom wurde er eingeführt in die italienische Kunst des taktisch klugen Abwehrspiels – und Tuchel formte ihn bei Chelsea endgültig zum kompletten Innenverteidiger moderner Prägung. Unter dessen Vorgänger Frank Lampard hatte Rüdiger noch meist auf der Bank gesessen. Wobei der Abwehrspieler selbst findet, dass er unter Frank Lampard ähnlich gut gespielt habe. Das habe der Trainer nur nicht erkannt. Anders als der damalige Bundestrainer Joachim Löw. Der sah stets das große Potenzial, der hatte Rüdiger schon lange als Baustein seiner Abwehr eingeplant – und der unterstützte ihn immer wieder.
2021 unter Tuchel blühte auch Rüdiger endgültig wieder auf und wurde zu jenem furchterregenden – und erstaunlich fehlerfreien – Abwehrkämpfer, der er heute ist. „Wir sind wirklich glücklich, dass wir ihn hintendrin haben“, sagt Flick. „Er ist ein sehr guter Zweikämpfer, aber auch ein sehr guter Kopfballspieler, er hat enormes Tempo und weiß im Spielaufbau zu glänzen. Das sind die Dinge, die wir hinten brauchen.“ Und die Rüdiger inzwischen verlässlich liefert.