Essen. Lukas Märtens ist der Trainingspartner von Olympiasieger Florian Wellbrock. Bei der WM gilt der 20-Jährige selbst als Titelkandidat.
Wenn am 18. Juni in Budapest die Schwimm-Weltmeisterschaft beginnt, steht ein deutscher Schwimmer auf drei Strecken ganz oben auf der Meldeliste. Nein, es ist nicht Florian Wellbrock, der Doppel-Weltmeister der WM 2019 und Olympiasieger 2021 in Tokio. Es ist sein erst 20-jähriger Teamkollege vom SC Magdeburg, Lukas Märtens, der sich in den vergangenen Wochen mit überragenden Leistungen an die Spitze der Weltjahresbestenliste über 400, 800 und 1500 Meter schob.
Auch wenn der Magdeburger in seiner Karriere erst zwei Silbermedaillen bei Jugend-Europameisterschaften gewonnen hat, hat er die Erwartungen für die WM mächtig nach oben geschraubt. „Als Favorit sehe ich mich aber nicht“, sagt er. „Ich bin noch sehr jung und unerfahren auf internationalen Wettkämpfen, auch wenn ich bereits bei den Olympischen Spielen und bei der Kurzbahn-WM am Start gewesen bin. Aber so viel wie die meisten meiner Konkurrenten habe ich noch nicht erlebt.“
Selbst der Weltrekord ist nicht außer Reichweite
Bei seinen namhaften Konkurrenten wie Doppel-Olympiasieger Robert Finke aus den USA und dem deutschen Vorzeigeschwimmer Florian Wellbrock haben die Leistungen des Senkrechtstarters für Aufsehen gesorgt. Bei den Swim Open in Stockholm enteilte Märtens dem Klassefeld und schlug in 3:41,60 Minuten an. Seit fünf Jahren war kein Schwimmer weltweit so schnell über 400 Meter. Zum Vergleich: Bei den Olympischen Spielen in Tokio hatte sich der Tunesier Ahmed Hafnoui in 3:43,36 Minuten Gold geholt. Und selbst der Weltrekord ist nicht außer Reichweite. Dieser steht seit der Weltmeisterschaft 2009 in Rom bei 3:40,07 Minuten. Allerdings schwamm Paul Biedermann diese Zeit in einem seit langem verbotenen High-Tech-Anzug, der einen Zeitvorteil von etwa zwei Sekunden bringt.
„Ich fühlte mich in Topform und wusste, dass ich die Konkurrenz ärgern kann, aber eine solche Steigerung habe ich dann doch nicht erwartet“, erzählt Lukas Märtens. „Als ich in Stockholm meine Siegerzeit gesehen habe, dachte ich, es wäre ein Fehler an der Anzeigetafel. Ich habe gespürt, dass ich schnell unterwegs war und meine Gegner ein gutes Stück hinter mir lagen, doch eine Zeit von 3:41 Minuten hatte ich nicht auf dem Zettel.“
Wellbrock in Stockholm entthront
Aber damit nicht genug. Am letzten Tag des Stockholmer Meetings entriss der 20-Jährige über 800 Meter Freistil seinem prominenten Teamkollegen Florian Wellbrock den Deutschen Rekord. Lukas Märtens gewann in 7:41,43 Minuten und unterbot die Bestmarke um 1,25 Sekunden. Der entthronte Rekordler Wellbrock schlug in Stockholm als Zweiter in 7:43,10 Minuten an.
Wer den Namen Lukas Märtens googelt, findet schnell den Begriff „Kronprinz“, weil er der Trainingskollege von Olympiasieger und Weltmeister Florian Wellbrock ist. Was kann der Aufsteiger mit diesem Begriff anfangen? Lukas Märtens überlegt nicht lange. „Nicht so viel“, antwortet er. „Ich bin noch nicht in der Rolle, dass ich große Erfolge aufzuweisen habe. Ich will mich weiter entwickeln und hoffe natürlich, dass es weiter nach oben geht. Ich gehe alles Schritt für Schritt an. Ich möchte meine Vorleistungen bei der WM bestätigen. Dann kann man auch von Medaillen sprechen.“
Wellbrock: „Wir pushen uns gegenseitig“
Die will natürlich auch Florian Wellbrock holen. Lukas Märtens ist für ihn sowohl Teamkollege als auch Konkurrent. „Wir pushen uns gegenseitig. Lukas profitiert von meiner Trainingsstärke und ich von seiner“, sagt Florian Wellbrock, der 2021 bei der Wahl zu Deutschlands Sportler des Jahres auf Platz zwei hinter Tennis-Olympiasieger Alexander Zverev landete.
Lukas Märtens ist jedenfalls froh, dass er täglich mit Olympiasieger Wellbrock die Bahnen zieht. „Ich kann von ihm noch sehr viel lernen. Vor allem, wie man taktisch schwimmt. Da fehlt mir noch ein wenig die Erfahrung“, gesteht er und fügt dann hinzu: „Gestritten haben wir uns noch nie. Keiner ist neidisch aufeinander.“
Lebenspartnerin in der Trainingsgruppe
Lukas Märtens hat eine weitere Gemeinsamkeit mit Florian Wellbrock, der nach den Sommerspielen seine Verlobte Sarah Köhler, die Olympiadritte über 1500 Meter Freistil, heiratete. Mit Isabel Gose hat auch Märtens die Lebenspartnerin in der Trainingsgruppe. Die 20-Jährige holte schon Bronze bei der EM 2018 und hat sich auch für die WM in Budapest qualifiziert. Beide profitierten von dieser Beziehung, bekräftigt Märtens: „Beim Wettkampf schaut jeder mehr auf sich. Aber es ist super zu wissen, dass tagtäglich sie für mich und ich für sie da bin. Das hilft ungemein.“
Und so soll es auch bei der WM in Budapest sein. Lukas Märtens blickt allerdings auch schon zu den Olympischen Spielen 2024 in Paris. Will der Kronprinz dann den Thron besteigen? „Das wäre schön“, antwortet der Schwimmer. „Aber ich habe auch nach 2024 noch Ziele. Ich bin noch jung und werde hoffentlich auch noch 2028 in Los Angeles an den Start gehen.“