Essen. Es herrschte Kontinuität in der Bundesliga – doch am letzten Spieltag gab es drei Trennungen von Cheftrainern. Die Suche kann beginnen.
Als die Saison in der Fußball-Bundesliga zu Ende ging, hatte Lutz Hangartner ein gutes Gefühl. Es habe ihn gefreut, dass sich der VfB Stuttgart gerettet habe, erzählt der Präsident des Bundes Deutscher Fußball-Lehrer (BDFL) am Telefon. Denn in Stuttgart wurde umgesetzt, was der Interessenvertreter der deutschen Spitzentrainer schon lange fordert: „Wenn man überzeugt ist von der Arbeit eines Trainers und wie er bei der Mannschaft ankommt, muss man mit ihm auch mal durch ein tiefes Tal gehen.“ Das taten die Stuttgarter, sie hielten trotz aller Abstiegssorgen fest an Trainer Pellegrino Matarazzo – und wurden mit dem Klassenerhalt belohnt. Was Lutz Hangartner höflich verschweigt: Die Berliner Hertha, die gleich zweimal den Trainer austauschte, muss um den Klassenerhalt bangen. Und Arminia Bielefeld, bei der Frank Kramer vier Spieltage vor Saisonendende gefeuert wurde, steigt direkt ab.
Weinzierl, Hütter und Kohfeldt räumen ihre Posten
Bielefeld und Hertha aber zählten lange Zeit zu den Ausnahmen, nur fünf Trainerwechsel gab es während der Saison. Alles schien ganz anders zu sein als im Vorjahr, als die ersten sechs Klubs in der Tabelle und noch zwei weitere Vereine mit neuem Coach in die Saison gegangen waren. Doch dann kam nach dem letzten Schlusspfiff noch ein kleines Trainerbeben: Markus Weinzierl beim FC Augsburg, Adi Hütter bei Borussia Mönchengladbach und Florian Kohfeldt beim VfL Wolfsburg räumten mehr oder weniger freiwillig ihre Posten.
Bundesliga-Klubs wollen mehr Kontinuität
Gerade in Wolfsburg zeigten sich die Tücken des Geschäfts: Von Oliver Glasner, den man im vergangenen Sommer verabschiedet hatte, hieß es, er sei fachlich stark, aber menschlich schwierig gewesen. Über Nachfolger Mark van Bommel erzählte man schnell das Gegenteil, es kam zur Trennung. Florian Kohfeldt musste die Scherben zusammenfegen und schnitt sich dabei einige Male in die Finger.
Dabei setzte sich auch in den Klubs die Erkenntnis durch, dass das ständige Heuern und Feuern von Trainern kein Erfolgsmodell sei, sagt Hangartner. „Die Klubs mühen sich um größere Kontinuität, das ist klar erkennbar – denn meistens steigert das die Aussicht auf Erfolg“, sagt er. Manchmal steckten auch wirtschaftliche Zwänge dahinter: „Denn Trainer sind keine Alleinunterhalter mehr, dahinter steht meist ein ganzes Team. Wenn das komplette Trainerteam noch Verträge über ein, zwei Jahre hat, dann kann bei einer Trennung ganz schön viel Geld verbrannt werden.“
Noch einen weiteren Trend hat Hangartner erkannt – etwa in Augsburg, wo Weinzierl entnervt hinwarf, weil er sich bei der Verlängerung seines auslaufenden Vertrags hingehalten fühlte. „Die Trainer sind heute nicht mehr nur der Spielball der Klubs“, meint der BDFL-Präsident. Auch wenn es darum geht, trotz eines laufenden Vertrags zu einem vermeintlich besseren Klub zu wechseln. „Das ist sicher ein Zeichen, dass die Trainer selbstbestimmter und mit mehr Selbstvertrauen an die Aufgabe herangehen.“
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Das kann zu fulminanten Kaskaden wie im Jahr 2016 führen, als der FC Schalke 04 den Trainer Weinzierl beim FC Augsburg auslöste. Augsburg holte daraufhin Dirk Schuster von Darmstadt 98, der durch Norbert Meier von Arminia Bielefeld ersetzt wurde. Dort tröstete man sich mit Rüdiger Rehm vom Drittligisten Sonnenhof Großaspach, der wiederum Oliver Zapel vom schleswig-holsteinischen Regionalliga-Aufsteiger SV Eichede verpflichtete. Und Eichede schnappte dem Hamburger Oberliga-Neuling Wedeler TSV den Trainer Jörn Großkopf vor der Nase weg. Spätestens nach einem Jahr aber waren alle Beteiligten den neuen Job schon wieder los.
Ähnlich wie Adi Hütter, den Gladbach im vergangenen Jahr sogar für 7,5 Millionen Euro bei Eintracht Frankfurt losgeeist hatte. Und so stehen nun inklusive des Relegationsteilnehmers Hertha fünf Bundesligaklubs vor der Frage, welcher Trainer der richtige ist – auch Aufsteiger Schalke 04 ist ja noch auf der Suche.
Bundesliga: Viele Trainer sind verfügbar
Die Auswahl ist groß, aktuell ist eine ganze Reihe von renommierten Trainern ohne Job: Lucien Favre etwa, der bei Borussia Mönchengladbach die Rückkehr zu guten alten Zeiten verspräche. Niko Kovac, der mit Eintracht Frankfurt einst den DFB-Pokal gewann, beim FC Bayern und der AS Monaco aber scheiterte. Bruno Labbadia, seit über einem Jahr ohne Job – aber Felix Magath hatte ja noch viel länger auf die Rückkehr in den Profizirkus gewartet. Oder Daniel Farke, der sich in der Zweitvertretung von Borussia Dortmund und vor allem durch zwei Premier-League-Aufstiege mit Norwich City einen glänzenden Ruf erarbeitet hat.
Auch Enrico Maaßen, aktueller U23-Trainer des BVB, wird gehandelt. Der 38-Jährige plant aber, beim BVB zu bleiben. Dennoch: Das Trainerkarussell nimmt gerade erst Fahrt auf – und dürfte sich noch eine ganze Weile drehen.