Köln. Der 1. FC Köln kassiert gegen Wolfsburg eine der schönsten Niederlagen: Der Europacup ist erreicht, Fans stürmen den Platz.
Anthony Modeste wurde von den Fans in guter Tradition auf Händen getragen, auch der Rasen des Kölner Stadions und die Tornetze waren vor den Fanmassen nicht sicher. Die Bilder glichen dramatisch denen vom 20. Mai 2017, als der 1. FC Köln nach 25 Jahren ins internationale Geschäft zurückkehrte. Feiner Unterschied: Dieses Mal erreichte der Effzeh den Europapokal trotz einer 0:1 (0:1)-Niederlage gegen den VfL Wolfsburg - dank Schützenhilfe vom Rivalen Bayer Leverkusen.
„Vor der Saison hätte keiner gedacht, dass wir solche Bilder hier sehen“, sagte Thomas Kessler, Leiter des Lizenzbereichs beim 1. FC Köln, zum friedlichen Platzsturm. „Wenn die erste Enttäuschung über die Niederlage weg ist, können die Jungs sich heute ein bisschen belohnen“, führte Kessler aus, der sich vor fünf Jahren noch als FC-Profi ausgiebig von den Fans im Stadion feiern ließ.
Kölner Konzentration aufs Nächste Spiel
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Zumindest diese Bilder wiederholten sich am Samstag nicht: Die Mannschaft verschwand schnell in der Kabine, sie wolle sich auf das letzte Bundesligaspiel am kommenden Samstag beim VfB Stuttgart konzentrieren, verkündete Stadionsprecher Michael Trippel. Die Conference League ist dem auf Rang sieben abgerutschten FC sicher, weil Verfolger TSG Hoffenheim gegen Leverkusen 2:4 verlor. Es könnte aber wie 2017 noch in die Europa League gehen, dafür muss allerdings auch die Konkurrenz mitspielen.
Dass der FC weitere Schützenhilfe braucht, liegt nicht zuletzt an einem Ex-Kölner: Yannick Gerhardt (43.) traf für Wolfsburg und beendete die Serie der Gastgeber nach vier Siegen. „Für mich ist es perfekt: Ich habe getroffen, und der FC spielt europäisch“, freute sich Gerhardt. Dass sich Steffen Baumgarts Kölner nun aber für das europäische Geschäft qualifiziert haben, ist bemerkenswert: Im Mai des vergangenen Jahres hatte die seither kaum veränderte Mannschaft erst in der Relegation den Abstieg verhindert.
Riesige Nachfrage nach Tickets in Köln
Seit Tagen schon hatte daher die ganze Stadt diesem Spiel entgegengefiebert, der Klub hätte nach eigenen Angaben 200.000 Tickets verkaufen können. 50.000 kamen letztlich rein, die Südkurve thematisierte mit einer Choreo schon mal künftige Europa-Reisen - und die Organisatoren hatten vorsichtshalber Zäune rund um das Spielfeld installiert, um einen Platzsturm nach Schlusspfiff zu verhindern - was nicht ansatzweise gelang.
Köln drückte vom Anpfiff an, Wolfsburg kam zunächst überhaupt nicht im Spiel an, die ersten zehn Minuten fanden fast ausschließlich im und um den Strafraum der Gäste statt. Zweimal hätte Köln auch bereits treffen können: Modestes Kopfball entschärfte Pavao Pervan im Wolfsburger Tor (3.), Benno Schmitz' Schuss klatschte an den Pfosten (6.). Erst nach 20 Minuten zeigte sich auch Wolfsburg hin und wieder vor dem Tor, ohne dabei allerdings gefährlich zu werden.
Dennoch war das Spiel nun ausgeglichener, als die Pause näher kam, wirkte Köln nach der schwungvollen Anfangsphase plötzlich gar müde - und Wolfsburg traf. Die Pause half den Kölnern dann, neuen Schwung aufzunehmen, denn auch in der zweiten Halbzeit rannten sie an. Florian Kainz (53./59.) und Modeste (69./74.) scheiterten je zweimal knapp. Das Spiel war zeitweise wieder so einseitig wie in der Anfangsphase, das Publikum stand, wartete aber weiter auf das Tor - vergeblich. (sid)