Al Ruwais. Bei der WM 2022 in Katar wählt der DFB wie schon in Brasilien 2014 ein abgeschiedenes Quartier. Wir haben die Hotel-Anlage vorab besucht.

Ziemlich genau 110 Kilometer durch Katars Nichts sind es, die man hinter sich bringen muss. Dann, nach einer Stunde und 15 Minuten im klimatisierten Auto, erscheint das erste Hinweisschild. Am Exit 93 auf der Al Shamal Road, die sich von Doha bis in den Norden durch Katar zieht, steht: „Zulal Wellness Ressort“. Und tatsächlich: Ein paar Meter weiter taucht die gesuchte Oase mitten in der Wüste auf.

Ein Blick ins Innere der Hotel-Anlage.
Ein Blick ins Innere der Hotel-Anlage. © HO

„Es war immer unsere Philosophie, dass wir in unserem Quartier vor allem zur Ruhe kommen wollen“, sagt DFB-Manager Oliver Bierhoff ein paar Kilometer südlich vom Zulal und lächelt höflich. Ruhe gibt es in dem nächsten WM-Quartier der deutschen Nationalmannschaft, am nördlichsten Zipfel Katars, tatsächlich genauso viel wie Sand.

„Bei unserer Entscheidung für ein WM-Quartier hat auch eine Rolle gespielt: Wie findet sich die Mannschaft? Wie kann sie sich erholen? Da war das Campo Bahia 2014 in Brasilien ganz besonders“, sagt Bierhoff. „Und das Zulal erfüllt auch alle Kriterien in dieser Hinsicht.“

Der DFB geht wieder einen Sonderweg

Nach dem Campo Bahia an der Atlantikküste Brasiliens (und dem vernachlässigungswürdigen Watutinki in Russland) nun also das Zulal am Persischen Golf. Rechtzeitig vor Ablauf der Fifa-Frist an diesem Sonnabend will Bierhoff spätestens an diesem Freitag offiziell machen, was inoffiziell schon längst beschlossene Sache war: Ähnlich wie in Brasilien wird der DFB auch bei der WM in Katar (21. November bis 18. Dezember) in Sachen Quartier einen Sonderweg gehen. 2014 ließ Bierhoff extra für die deutsche Mannschaft ein Luxushotel in der brasilianischen Pampa errichten, was ihm zunächst große Kritik einbrachte und sich später als ein wichtiger Faktor auf dem Weg zum WM-Triumph erwies. Diesmal haben sich die Deutschen in dem gerade erst eröffneten Wellness-Resort einquartiert. Damit ist das DFB-Team eine der wenigen Mannschaften, die nicht in Katars Hauptstadt residieren, wo sechs der acht WM-Stadien stehen.

Auch interessant

„Doha ist ganz weit weg von hier“, sagt Zulal-Mitarbeiter Lionel Fernandez, als er Zimmer Nummer 2102 aufschließt. In der 90 Quadratmeter großen Executive Suite mit Meerblick könnte Bundestrainer Hansi Flick, der sich vor einigen Monaten höchstpersönlich von den Vorzügen des Zulals überzeugte, bei der WM unterkommen. Der Preis für eine Übernachtung in der Luxus-Suite: 1800 Euro. Pro Nacht. Eine Investition, die sich laut Flick lohnt: „Es ist ruhig, da kannst du das Fenster aufmachen, bist allein“, sagt der Nationaltrainer, der sich gegen den allgemein schnell aufkommenden Vorwurf der Isolierung verwehrt: „Es geht einfach darum, wo wir die besten Voraussetzungen haben.“

Der Turnierverlauf entscheidet über die Bewertung des Quartiers

Lionel Fernandez ist jedenfalls überzeugt davon, dass sein Hotel die besten Voraussetzungen zu bieten hat. „Haben Sie den Ausblick gesehen?“, fragt er. „Und die schönen Gärten?“ Der Inder habe mit Fußball zwar nicht viel am Hut, aber in Sachen „beste Voraussetzungen“ ist er ein Experte. Fernandez schwärmt von den Mangroven, von der vorgelagerten Insel, auf der man Schildkröten und Flamingos besuchen könne, und vom Flair des Zulals, das ein ganz besonderes sei. Direkt am Eingang, sagt er, gebe es noch einen „Circle of life“ aus Wasser.

Auch interessant

Der „Circle of life“ ist für die Nationalmannschaft bei einem Turnier relativ simpel: Überlebt das DFB-Team lange in der K.o.-Phase, hat Chefplaner Bierhoff alles richtig gemacht. Scheidet die Mannschaft wie in Russland in der Vorrunde aus, hat auch das Hotel eine Mitschuld. So einfach ist das.

Die Trainingsplätze sind ganz in der Nähe

An den Trainingsbedingungen, so sagen es gewichtige DFB-Vertrauensmänner, dürfte die Winter-WM jedenfalls nicht scheitern. Die Trainingsplätze im Al Shamal Stadium liegen nur ein paar Minuten vom Zulal entfernt. Und selbst an Wasser, dem blauen Gold in der Wüste, mangelt es dank einer Meerwasserentsalzungsanlage nicht.

Am Pool können die Nationalspieler entspannen.
Am Pool können die Nationalspieler entspannen. © HO

Überhaupt: das Wasser. Im Zulal (arabisch für „reines Wasser“) ist es eigentlich überall. Eine Lagune mit türkisblauem Ozeanwasser durchzieht das größte Wellness-Retreat-Hotel im Mittleren Osten, das in Nicht-WM-Zeiten traditionelle arabische Heilkunde mit islamischer Medizin vereinen will. Statt Alkohol werden alkoholfreie Drinks angeboten: Secret of rosmary (mit Blaubeeren, Rosmarin, Vanillesirup und Limette) oder Spring Mood Lemonade (mit Ananas, Kamillentee, Bio-Honig und Limone).

100 Kilometer entfernt findet das WM-Finale statt

Die DFB-Chefstrategen werden sich etwas einfallen lassen müssen, wenn sie an diesen Ort der Ruhe auch ein gekühltes Siegerbierchen bereitstellen wollen. Immerhin: Die Anlage mit insgesamt 180 Apartments wird exklusiv vom deutschen Team und dem Team hinter dem Team bewohnt. Kajaks und SUP-Boards stehen zur Verfügung – und auch für die Familien der Nationalspieler wäre gesorgt. Neu im Angebot: Fußmassage für Neugeborene.

Auch interessant

Fernandez versichert, dass es auch den Füßen der Nationalspieler an nichts fehlen werde. „Hier muss man sich wohlfühlen“, sagt er. Und obwohl das gehetzte Leben der Metropole Doha an diesem Ort weit weg scheint, liegt der größte Sehnsuchtsort nicht einmal 100 Kilometer entfernt. Im Lusail Stadium findet am 18. Dezember das WM-Finale statt. „Ohne Verkehr braucht man nicht einmal eine Stunde“, sagt Fernandez. „Und Verkehr haben wir hier in der Wüste ohnehin nie.“