Leipzig. Nach dem 2:1 über Union Berlin steht RB Leipzig wieder im Pokalfinale. Mit Domenico Tedesco peilt der Klub nun den ersten Titel an.
Oliver Mintzlaff kamen die Tränen, als Schiedsrichter Dr. Felix Brych das Pokalhalbfinale zwischen RB Leipzig und Union Berlin abpfiff. Ein 2:1-Sieg, den man an Dramatik kaum überbieten kann. In der zweiten Minute der Nachspielzeit köpfte Emil Forsberg den Siegtreffer in die Maschen konsternierter Berliner. „Da ist viel Druck abgefallen“, berichtete der Leipziger Vereinschef später.
Mintzlaff ist normalerweise kein Mann für öffentliche Gefühle. Doch eine fürchterliche Hinrunde, die Entlassung von Trainer Jesse Marsch und Kritik an der Vereinsführung haben dem 46-Jährigen das Gemüt ausgefranst. „Es ist viel Druck in dem Geschäft“, fasste er die schweren Wochen Ende vergangenes Jahr zusammen. Fürwahr.
RB Leipzig mit Tedesco seit 15 Spielen ohne Niederlage
Die Tränen des früheren Mittelstreckenläufers bekam RB-Coach Domenico Tedesco ab, den Mintzlaff nach Spielschluss eine Ewigkeit lang umarmte und auf den er einredete. Der Nachfolger von Jesse Marsch hat die Verhältnisse am Cottaweg gedreht. 15 Spiele in Folge hat sein Personal nun nicht mehr verloren, steht in der Liga auf Rang drei, in der es am Samstag schon wieder gegen Union geht (15.30 Uhr(Sky). In der Europa League winkt ebenfalls das Finale, im Weg steht nur noch der schottische Meister Glasgow Rangers, und am 21. Mai geht es gegen Freiburg nach Berlin. Zum dritten Pokal-Endspiel in vier Jahren.
Tedesco explodierte förmlich, als Forsberg den Sieg einköpfte. Der 36-Jährige kickte mehrere Wasserflaschen von der Rasenkante und sprang seinem Pressesprecher in die Arme. Später räumte er ein: „Wir haben eine fürchterliche erste Halbzeit gespielt. Wir waren extrem nervös.“
Die auf dem Papier unterlegenen Gäste aus der Wuhlheide hatten den vermeintlichen Favoriten ordentlich am Wickel. Der Führungstreffer durch Geraldo Becker (25.) war die Folge eines exzellenten Vortrags. Die Unioner standen dicht und kompakt, liefen wie die Hasen, traten den Leipziger auf sämtliche Füße und konterten schnell wie schnörkellos. Tedesco musste in der Kabine seinen Matchplan außer Kraft setzen, um seine Spieler vom Druck zu befreien. „Wir waren zu verkopft.“
Forsberg lässt das Stadion beben
Das Ergebnis war eine fulminante zweite Hälfte von beiden Teams, die RB für sich entschied. Erst zog Christopher Nkunku ein Strafraumfoul, André Silva veredelte den Elfmeter zum 1:1 (61.). Dann brachte sich Emil Forsberg Sekunden vor Spielende bei einer Flanke von Benjamin Henrichs in Position. Das Stadion bebte, als sein Kopfball einschlug (90.+2).
Das Tor war die Wiederholung seines späten Treffers in der Nachspielzeit der Verlängerung gegen Bremen vorige Saison. Ebenfalls im Halbfinale. „Nicht Neues, oder?“, ulkte der eiskalte Schwede später, verriet aber seine eigentliche Erregung: „Das Gefühl, das der Treffer freigesetzt hat, das bekommst du im normalen Leben nicht.“
Niederlage gegen BVB im Pokalfinale 2021
Damals im Mai vergangenes Jahr stand RB im Finale Borussia Dortmund gegenüber. Es war war gespenstisch. Im Stadion, von der Pandemie leergefegt, und auf dem Rasen. Die Rasenballsportler kassierten ein deftiges 1:4. Es war die zweite Endspielpleite nach dem 0:3 gegen die Bayern zwei Sommer zuvor.
Das soll sich ja nur nicht wiederholen. Doch Gegner Freiburg ist ein Ebenbild der Unioner, nur konstanter und erfolgreicher diese Saison unterwegs. Die Breisgauer rangieren lediglich drei Punkte hinter RB auf Tabellenrang fünf. Im Halbfinale schlugen sie den Zweitligisten Hamburger SV 3:1.
SC-Trainer Christian Streich stapelte später tief. „Wenn wir nicht gewinnen, waren wir immerhin in Berlin“, sagte er. Ein feiner Zug, um den Druck von seinen Spielern zu nehmen. Den hat dafür RB. Die Messestädter gehen erstmals als Favoriten ins Finale. „Mit dem Druck müssen wir umgehen“, sagte Mintzlaff. „Wir sind zum dritten Mal in Berlin, jetzt wollen wir gewinnen.“