Leipzig. RB Leipzig ist ins Achtelfinale der Europa League eingezogen - und dort steht das politisch brisante Duell mit Spartak Moskau an.

Eine solche Paarung unter den gegebenen Umständen, die kann man sich eigentlich kaum ausdenken. RB Leipzig, trainiert von Domenico Tedesco, trifft im Achtelfinale der Europa League auf Spartak Moskau. Eine Begegnung, die angesichts der russischen Invasion der Ukraine ohnehin unter besonderen Vorzeichen steht. Obendrauf aber kommt: Tedesco war bis vergangenen Sommer Trainer des russischen Klubs.

Knapp zwei Spielzeiten lang hatte der frühere Coach von Schalke 04 den populären Verein aus der Hauptstadt trainiert und vorige Saison auf Platz zwei geführt. „Das ist für mich ein besonderes Spiel, das ist ja klar. Ich hatte eine tolle Zeit bei Spartak, in der ich viele tolle Menschen kennengelernt und Freundschaften geschlossen habe. Aber natürlich hätte ich mir andere Umstände für das Wiedersehen gewünscht. Ich hoffe wirklich, dass alles dafür getan wird, um doch noch schnell eine friedliche Lösung zu finden“, sagte der 36-Jährige.

Poulsen gegen Boykott

Die Reise nach Russland wird RB derweil jedoch erspart bleiben. Nach dem Hinspiel am 10. März in Leipzig muss Spartak sein Heimspiel eine Woche später auf neutralem Platz austragen. Ein möglicher Boykott der Partie, der teilweise massiv in den Sozialen Medien gefordert wird, war zumindest für Stürmer Yussuf Poulsen am Freitag kein Thema.

„Sie haben sich sportlich qualifiziert. Die Europäische Fußball-Union Uefa ist der Entscheidungsträger. Wenn die Uefa nichts anderes entscheidet, als dass wir auf neutralem Platz spielen sollen, dann ist das so. Wir können da nichts machen, dann müssen wir das Spiel spielen“, sagte der 27-Jährige. „Dass das Auswärtsspiel woanders stattfindet, sei “eine gute Idee. Diese Entscheidung hat die Uefa getroffen. Wo das dann ist, werden wir sehen„, ergänzte Poulsen.

Angesichts der weltpolitischen und gesellschaftlichen Erschütterungen, die der Krieg in der Ukraine momentan nach sich zieht, war der Erfolg des sächsischen Fußballklubs Donnerstagabend in San Sebastian fast ein wenig in den Hintergrund gerückt. In einem fast trotzig brodelnden „Anoeta“-Stadion bezwang RB die giftigen Basken nach dem 2:2 im Hinspiel 3:1. Willi Orban traf zum 1:0 (39.), André Silva zog nach (59.) und Emil Forsberg entschied die Partie (89.). Martin Zubimendi hatte die Spanier zwischenzeitlich wieder auf Tuchfühlung gebracht (65.). Die Torfolge sei ein „großer Reifetest für uns“ gewesen, sagte Tedesco später. „Das Stadion ist für seine besondere Atmosphäre bekannt, hier drin haben alle Mannschaften zu tun.“

Im DFB-Pokal wartet Hannover

Die Abgeklärtheit, mit der die Sachsen den Gegentreffer wegsteckten, ist eine ziemlich junge, neue Fähigkeiten der Emporkömmlinge aus der Messestadt Leipzig, die seit ihrem Aufstieg 2016 zwar vorbehaltlos als talentiert galten, aber für die sogenannten großen Spiel immer als zu jung und unerfahren. Das hat sich unter Tedesco geändert, der es in wenigen Wochen geschafft hat, die nach einer rumpeligen Vorrunde verunsicherten Vizemeister nicht nur zu stabilisieren, sondern zu einem ernsthaften Titelkandidaten zu formen. Die Meisterschaft ist für den Ligavierten zwar angesichts von 18 Punkten Rückstand auf den FC Bayern kein Thema, aber sowohl in der Europa League, als auch im DFB-Pokal ist ein erster großer Titel in der erst zwölfeinhalb Jahre jungen Vereinsgeschichte nicht mehr unwahrscheinlich. Kommenden Mittwoch geht es für die Leipziger im Pokalviertelfinale zum Zweitligisten Hannover 96. Anschließend empfängt RB am 10. März den Ex-Klub seines Coaches.

Eine Woche später findet das Rückspiel statt. Wo, ist noch unbekannt. Sicher ist nur, es wird nicht in Moskau sein, das hat die Uefa angesichts des Krieges in der Ukraine gestern beschlossen. Für den Vizemeister der Premier Liga ist das ein großes Handicap. Nicht nur, weil der Heimspielfaktor wegfällt, sondern weil den Profis außerhalb der sportlichen Heimat mehr als nur sportliche Rivalität von den Rängen herunter entgegenschlagen könnte. Auch für RB wird diese Partie deshalb keines unter vielen sein, sondern die nächste Prüfung für Nerven und Gelassenheit.

Erstmal Bundesliga-Spiel beim VfL Bochum

Auf nicht ganz so dramatische, aber doch erhebliche Weise wird das Thema Reife auch beim Duell mit dem VfL Bochum am Sonntag (15.30 Uhr/DAZN) eine Rolle spielen. Es ist ein offenes Geheimnis, dass Ligapartien nach emotionalen Europapokal-Abenden eine besondere Herausforderung sind. Zwar ist RB auf dem Papier der Favorit und bekommt statistische Unterstützung durch den Umstand, dass die Bochumer von bis dato sechs Begegnungen mit den Sachsen alles sechs verloren. Tedesco ist allerdings gewarnt. „Bochum ist extrem unangenehm zu spielen“, sagte er Donnerstagabend in Spanien bewundernd über den bisherigen Saisonverlauf des Aufsteigers und fügte hinzu: „Das wird eine harte Nuss.“ (mit sid)