Essen. Kamila Walijewa ist am Druck zerbrochen, ihre Trainerin nahm sie nicht einmal in den Arm. Größe zeigte Katarina Witt. Ein Kommentar.

Als die Tortur vorbei war, als Kamila Walijewa ihre Kür verpatzt hatte und niedergeschlagen ihr Gesicht hinter den Handflächen verbarg, sagte ARD-Kommentator Daniel Weiss, vor rund 30 Jahren selbst zweimal Deutscher Meister im Eiskunstlaufen, einen Satz, der den ganzen Skandal auf persönliche Art perfekt zusammenfasste: „Wäre ich der Vater, ich hätte sie längst nach Hause geholt und nicht starten lassen.“

Kamila Walijewa wurde benutzt, doch der Plan schlug fehl

Die Bilder von der gescheiterten 15-jährigen Russin, die im Zentrum eines noch nicht restlos aufgeklärten Dopingvergehens steht, waren kaum zu ertragen. Eine junge Sportlerin wurde benutzt, das System sollte siegen. Doch der Plan ging nicht auf.

Als der Sender ins Studio schaltete, stand dort die große Katarina Witt und weinte. Auch sie betonte, Verantwortliche hätten das Mädchen „da rausnehmen müssen“, und während der ehemaligen Eiskunstlauf-Königin die Tränen aus den Augen liefen, klagte sie entsetzt an: „Sie war ein Schatten ihrer selbst. Sie ist in diesem Spiel die große Verliererin. Ein 15-jähriges Mädchen! Was hier passiert ist, ist das Allerschlimmste. Sie ist daran zerbrochen. Man hat sie der Welt zum Fraß vorgeworfen.“

Welch ein großer TV-Moment. Und welch wahre Worte.

Die Altersbegrenzung bei Olympischen Spielen muss kommen

Wer könnte sich besser in Kamila Walijewa hineinfühlen als Katarina Witt, die einst in der DDR auch durch die harte Schule ihrer Trainerin Jutta Müller gegangen war. Kamila Walijewas Trainerin Eteri Tutberidse scheint noch fordernder, noch gnadenloser zu sein. Ihre Moskauer Kaderschmiede gilt als „Kinderfabrik“. Der Charakter dieser Frau, deren Rolle in dem aktuellen Dopingfall untersucht wird, zeigte sich, nachdem ihre gebrochene Läuferin vom Eis kam. Sie nahm das Mädchen nicht einmal in den Arm.

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Es ist eine Schande. War das schon das tragische Ende einer hochbegabten Sportlerin? Wird Kamila Walijewa jemals darüber hinwegkommen? Ganz zügig sollte die nicht nur von Katarina Witt formulierte Forderung nach einer Altersbegrenzung bei Olympischen Spielen umgesetzt werden.

Nachdem sie sich in ihrer Verzweiflung in Rage geredet hatte, bat Katarina Witt um Entschuldigung „für meinen Ausbruch“. Aber nein, darum hätte sie nicht bitten müssen. Sie zeigte ehrliche Anteilnahme, und als Top-Expertin sprach sie aus, was unbedingt gesagt werden musste. Dafür gebührt ihr Dank.