Zhangjiakou. Denkwürdiges Finale im Skicross: Erst nach minutenlangem Warten erhielt Daniela Maier nach einem Videobeweis die Bronzemedaille.

Daniela Maier schüttelte nach den dramatischen Minuten des Wartens im ersten Moment fast verzweifelt den Kopf, als die Jury ihre die olympische Bronzemedaille schenkte. „Das war korrekt. Das war ganz normales Skicross“, sagte die als Vierte des Finals ins Ziel gekommene Deutsche. Doch die Juroren bewerteten einen umstrittenen Zweikampf kurz vor dem Ziel nach langem Videostudium anders: Ihre Schweizer Konkurrentin Fanny Smith wurde zurückgestuft. Die 25 Jahre alte Schwarzwälderin Daniela Maier erhielt beim Sieg der Schwedin Sandra Näslund Bronze, die historische erste deutsche Olympia-Medaille in der Geschichte des Skicross.

Videobeweis-Bronze: Bei Daniela Maier fließen Tränen

Später auf dem Siegerpodest und danach bei den Interviews wollten bei der so fairen Sportlerin die Tränen nicht mehr aufhören zu fließen. „Ich war nur baff. Ich hatte schon versucht, mit Platz vier abzuschließen. Dass ich jetzt Bronze habe, konnte ich erst auf dem Siegerpodest ein bisschen realisieren. Ich habe so dafür gekämpft.“ Daniela Maier gewann in diesen Momenten nicht nur Bronze, sondern sie gewann auch die Herzen. „Dani ist eine unglaublich kollegiale und sportlich faire Athletin. Aber am Ende zählt nur die langersehnte erste Medaille für uns. Da fragt morgen kein Mensch, wie die zustande gekommen ist“, kommentierte Heli Herdt.

Skicrosserin Daniela Maier wird nach der Juryentscheidung von den Emotionen überwältigt. Sie erhielt nach einem Videobeweis die Bronzemedaille.
Skicrosserin Daniela Maier wird nach der Juryentscheidung von den Emotionen überwältigt. Sie erhielt nach einem Videobeweis die Bronzemedaille. © dpa

Auch der sportliche Leiter der deutschen Skicrosser kämpfte mit den Tränen, schließlich hatte sich in diesem Moment endlich seine lange Aufbauarbeit in der rasanten Trendsport-Disziplin ausgezahlt. „Das sind meine vierten Olympischen Spiele und wir waren auch bei Weltmeisterschaften so oft als Vierte oder Fünfte ganz nah dran. Jetzt ist es nach zwölf Jahren endlich aufgegangen“, sagte Herdt. Die Umstände freilich waren mehr als umstritten, schließlich kamen mit Stephanie Hartl (Technische Delegierte des Internationalen Skiverbandes FIS) als auch der verantwortliche Video-Kontrolleur Peter Krogoll aus Deutschland. Laut Renndirektor Klaus Waldner (Österreich) fiel die „harte Jury-Entscheidung“ jedoch einstimmig.

Empfohlener externer Inhalt
An dieser Stelle befindet sich ein externer Inhalt von X, der von unserer Redaktion empfohlen wird. Er ergänzt den Artikel und kann mit einem Klick angezeigt und wieder ausgeblendet werden.
Externer Inhalt
Ich bin damit einverstanden, dass mir dieser externe Inhalt angezeigt wird. Es können dabei personenbezogene Daten an den Anbieter des Inhalts und Drittdienste übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung

„Das ist einfach ein Witz. Mein Ski hat verschnitten“, sagte die Schweizerin Smith in der Diskussion mit der Jury. Genau das sahen die Kontrolleure aber anders und unterstellten eine bewusste Behinderung ihrer Gegnerin. Die Schweizer Olympia-Bronzegewinnerin von 2018 war der schnelleren Deutschen im Kampf um Platz drei vor dem letzten Zielsprung vor die Ski gefahren. Maier konnte daraufhin nur mit Mühe einen Sturz verhindern. „Fanny hat mir schon Speed genommen. Ich kann selbst schwer sagen, ob die die Entscheidung korrekt ist. Aber dafür gibt es eine Jury“, kommentierte die außergewöhnliche Sportlerin Daniela Maier.

Was sie da vollbracht hat, bedeutet macht eine Zahl deutlich: In der gesamten Geschichte des Skicross gab es erst eine deutsche WM-Medaille durch Alexandra Grauvogl (Bronze 2007). Und keine hat sich diese historische erste Olympia-Medaille mehr verdient hat als die Kämpferin Daniela Maier. Die unendliche Verletzungsgeschichte der einstigen Junioren-Vizeweltmeisterin begann 2017, als sie sich mehreren Knieoperationen unterziehen musste und den Start bei den Winterspielen 2018 verpasste. Auch vor dieser Saison blieb sich nicht von gesundheitlichen Problemen verschont, schaffte jedoch mit dem dritten Platz im Weltcup von Nakiska/Kanada einmal mehr ein erfolgreiches Comeback.

Auch interessant

An diesem Donnerstag bei den Winterspielen zeigte die Frau in der spektakulären Sportart, in der jeweils vier Sportlerinnen auf einem Kurs mit scharfen Kurven und weiten Sprüngen bei bis zu Tempo 80 auch mit den Ellenbogen um den Sieg kämpfen, die beste Leistung ihrer Karriere. Im Viertelfinale und Halbfinale qualifizierte sich die Frau vom SC Urach im Schwarzwald jeweils nach einem schwachen Start mit skifahrerischen Glanzleistungen noch für die nächste Runde. Dann folgte das Drama samt ungewolltem Happyend im Finale.

Heli Herdt erklärte danach, dass Bronze auch eine „Medaille für Wolfi Maier“ und seine bisher bei diesen Winterspielen so unglücklichen Alpinrennfahrer gewesen sei. In Zukunft soll die Zusammenarbeit zwischen Skicrossern und Alpinen deutlich intensiviert werden. Auch Daniela Maier hatte ihre Karriere einst im Alpinbereich gewonnen, wechselte dann aber zu den Freestylern.

Funsport: Daniela Maier könnte für Boom sorgen

Ihre Medaille könnte nun einen Boom bei den in Deutschland eher im Schatten stehenden Funsportlern auslösen. Immerhin 13 olympische Entscheidungen gibt es in Freestyle-Bereich in Peking, zu dem neben Skicross auch Aerials, Big Air, Buckelpiste, Halfpipe und Slopestyle gehören. Daniela Maier hat mit Bronze zweifellos eine der spektakulärsten Geschichten in diesen Tagen geschrieben, über die noch lange diskutiert werden wird.