Zhangjiakou. Die Olympia-Silbermedaille im Skilanglauf ist eine Sensation. Hinter der Topleistung der Frauen-Staffel aber steckt ein ganzes Team.

Silber für die Frauen-Staffel über 4x5 Kilometer - Es gab einen, der diese Skilanglauf-Sensation von Zhangjiakou schon vor den Winterspielen vorausgesagt hatte. „Ich habe ein gutes Gefühl, dass etwas passiert, was noch niemand auf dem Schirm hat“, erklärte Erik Schneider, Disziplintrainer der deutschen Frauen, damals. Es wurde Olympia-Silber für seine Skilanglauf-Staffel nach einem der dramatischsten Rennen der Loipen-Geschichte. Eine der bislang größten Medaillen-Überraschungen aus deutscher Sicht bei den Spielen von Peking und das erste olympische Edelmetall für die deutschen Skilangläuferinnen seit acht Jahren.

Katharina Henning: Es war ein langer, harter Weg

„Ich war noch nie im Leben so aufgeregt und habe so gebetet, dass es endlich klappt. Und es ist so verdient für das Team und Skilanglauf-Deutschland, weil wir schon so oft knapp gescheitert sind. Ich verspüre Dankbarkeit. Es war ein langer, harter Weg“, kommentierte Katharina Hennig. Die 25-Jährige ist die Vorzeigefigur einer neuen deutschen Skilanglauf-Generation. Über 10 km hatte sie Bronze als starke Fünfte – das beste deutsche Olympia-Einzelresultat seit 16 Jahren -  noch die Medaille um 11,9 Sekunden verpasst. Am Samstag war es dann jedoch so weit, dank einer unglaublich mutigen Vorstellung von vier deutschen Frauen und grandios präparierten Brettern.

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„Wir hatten einfach Raketen an den Füßen“, erklärte Katherine Sauerbrey. Die 24-Jährige Tochter eines einstigen WM-Medaillengewinners im Skispringen zeigte als Olympia-Debütantin eine grandiose Startrunde: „Es ist eine meiner Stärken, cool zu bleiben. Ich wusste schon am Vorabend, dass das total geil wird.“ Das wurde es nach so vielen Enttäuschungen in den vergangenen Jahren tatsächlich: Sauerbrey übergab als Zweite an Hennig, die die bis dahin führenden Russinnen sogar noch überholte.

Schlussläuferin Sofie Krehl rettete die Medaille ins Ziel

Die dreimalige Junioren-Weltmeisterin Victoria Carl (26) verteidigte die Spitzenposition. Schlussläuferin Sofie Krehl (26) musste zwar die Russinnen ziehen lassen, rettete aber Silber mit letzter Kraft hauchdünn vor  Schweden und Finnland ins Ziel. „Die Mädels hatten mir so eine Super-Ausgangsposition mitgegeben. Und ich bin so stolz, dass ich es irgendwie ins Ziel geschafft habe“, erklärte Krehl. Der Rest war Jubel. Carl: „Ich muss mich kneifen, dass wir jetzt wirklich Silber haben. Es war so ein spektakuläres Rennen. Wenn ich mir das anschaue, werde ich immer Gänsehaut haben.“

Der Pressekonferenzraum von Team Deutschland wurde nach dem Triumph kurzerhand zur Party-Zone umfunktioniert. Auf speziellen Wunsch der vier Silber-Frauen, damit auch die nicht im Olympischen Dorf untergebrachten Techniker und Trainer den langersehnten Erfolg mitfeiern konnten.

Peter Schlickenrieder startete Veränderungsprozess

Der Teamspirit ist eine wichtige Grundlage für den Aufschwung im deutschen Skilanglauf, den auch die Männer-Staffel am Sonntag mit Platz fünf unterstrich. Teamchef Peter Schlickenrieder hat nach seinem Amtsantritt vor vier Jahren einen Veränderungsprozess eingeleitet, der nun Früchte trägt. Der Olympiazweite von 2002 im Sprint setzt auf Eigenverantwortung: „Die Athleten nehmen das Zepter immer mehr selbst in die Hand. Sie gehen für den Erfolg sogar finanziell ins Risiko und haben zum Beispiel in der Vorbereitung im Sommer in Reisekosten und Verpflegung investiert.“

Skilanglauf-Bundestrainer Peter Schlickenrieder startete vor vier Jahren einen Veränderungsprozess und setzt auf Eigenverantwortung.
Skilanglauf-Bundestrainer Peter Schlickenrieder startete vor vier Jahren einen Veränderungsprozess und setzt auf Eigenverantwortung. © dpa | Unbekannt

Zudem Kompetenz aus den Erfolgszeiten von einst – rund um die Jahrtausendwende gehörte Deutschland zu den besten Skilanglauf-Nationen – zum Erfolg bei. Ex-Weltmeister Axel Teichmann und der ehemalige Gesamtweltcupsieger Rene Sommerfeldt gehören zum Trainerteam. Schlickenrieder: „Damals in den Erfolgszeiten wurde die Nachwuchsentwicklung vernachlässigt. Deshalb kämpfen wir jetzt um jedes einzelne Talent, damit es mal wieder einen Skilanglauf-Olympiasieger aus Deutschland gibt.“

Victoria Carl will Erfolg von Peking erst einmal genießen

Den gab es zuletzt 2002, als die deutsche Skilanglauf-Staffel der Frauen sensationell Gold gewann. Es war der Auftakt für fast ein Jahrzehnt spektakuläre Erfolge für die deutschen Loipen-Spezialisten. Und auch diesmal könnte Silber eine neue Ära einläuten. Druck wollen sich Victoria Carl und Co dennoch nicht machen: „Wir sind noch jung und kommen erst jetzt ins beste Skilanglauf-Alter. Aber jetzt wollen wir den Erfolg einfach mal genießen.“