Essen. Der Fall Peng Shuai überschattet die Olympischen Spiele. Mit seinem Schweigen lässt IOC-Chef Thomas Bach die Athleten im Stich. Ein Kommentar.

Wie viel des Gesagten ist von ihr? Und was tätigte sie unter Zwang?

Der Fall der chinesischen Tennis-Spielerin Peng Shuai bewegt seit Monaten die Welt. Er liegt nun wie ein schwerer Schatten über den Winterspielen. Ihr gelöschter Beitrag im Netz, in dem sie Chinas früheren Vize-Premierminister des Missbrauchs bezichtigte, ihr Verschwinden, die gestellt wirkenden Videos mit ihr, die auftauchten, als ein Hashtag den Erdball umrundete: Wo ist Peng Shuai? All das weckt Zweifel, wie glaubwürdig der Veranstalter der Winterspiele ist.

Ein Interview, das mehr Fragen als Antworten hinterlässt

Peng Shuai gab nun das erste Interview mit einem unabhängigen Medium, doch es hinterließ mehr Fragen als Antworten. Geführt wurde es unter Umständen, die Chinas Glaubwürdigkeit noch mehr in Zweifel zogen. Alles nur ein Missverständnis, wiederholte darin Peng Shuai, übersetzt durch den Stabschef des Nationalen Olympischen Komitees Chinas, ohne dessen Anwesenheit das Gespräch nicht stattfinden durfte, wie die Zeitung „L’Équipe“ angab.

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China ist überzeugt davon, mit seiner Volksdemokratie die Regierungsform der Zukunft geschaffen zu haben. Die Macht der Kommunistischen Partei gründet dabei auf Kontrolle, auf Überwachung in jedem Lebensbereich, ohne dabei selbst kontrolliert zu werden. Chinas Vehikel, um der Welt die Überlegenheit des Systems zu beweisen, ist der Sport, sind die Olympischen Spiele im eigenen Land. Und deswegen macht sich das Internationale Olympische Komitee zum Erfüllungsgehilfen, wenn es schweigt, obwohl die Sicherheit von Sportlern in Frage steht.

Kritik an der Diplomatie von IOC-Chef Thomas Bach

IOC-Chef Thomas Bach traf sich in Peking mit Peng Shuai. Hintergründe zu den Missbrauchsvorwürfen gab es nicht. Es sei nicht Aufgabe des IOC, die Position von Peng Shuai zu bewerten, so die Organisation. Bach sieht in einer „stillen Diplomatie“ den vielversprechendsten Weg. Aus Sicht der Athletenvertretungen aber macht er sich mitschuldig an der Propaganda eines autoritären Systems.

Das IOC betont, unpolitisch zu sein, rechtfertigt damit auch fragwürdige Geschäfte mit umstrittenen Machthabern. Wie verlogen das ist, zeigt der Fall Peng Shuai.