Peking. Ab Samstag werden bei den Winterspielen erste Olympia-Medaillen vergeben. Auch einige deutsche Athletinnen und Athleten haben Siegpotenzial.
Der Rucksack wiegt schwer. Mit 31 Medaillen waren die deutschen Wintersportler vor vier Jahren zur erfolgreichsten Olympia-Nation hinter Norwegen avanciert. Wie die Skandinavier standen sie in Pyeongchang (Südkorea) allein 14 Mal auf dem obersten Podest. Ein Ergebnis, das kaum zu wiederholen sein wird. Doch diese Athleten sind Deutschlands größte Goldhoffnungen für Peking.
Katharina Althaus
Der einen Leid, der anderen Chance: Durch den positiven Corona-Befund und das damit verbundene Olympia-Aus von Sara Marita Kramer ist plötzlich Deutschlands beste Skispringerin die große Favoritin. Die 25-Jährige überzeugte in dieser Saison mit konstant guten Leistungen, lag bei der Generalprobe in Willingen ebenso auf Platz zwei wie in der Weltcup-Gesamtwertung – jeweils hinter der überragenden Österreicherin Kramer.
Toni Eggert/Sascha Benecken
Seit mehr als einem Jahrzehnt rast der Thüringen-Express die Rodelbahnen hinunter; gewann in den vergangenen acht Jahren sechsmal den Gesamtweltcup. Die amtierenden Weltmeister sind ein perfekt eingespielter Doppelsitzer, der nach Bronze in Pyeongchang ganz vorne landen will. Schwung holen sich die beiden abseits der Eisschlangen: Eggert (33) ist begeisterter Pilot, Benecken (31) macht Musik und legte 2018 seinen Song „Adrenalin“ neu auf. Jetzt soll der sportliche Hit folgen.
Francesco Friedrich
„Ich wüsste nicht, wer ‚Franz‘ schlagen soll“, sagt André Lange. Der erfolgreichste Bobpilot der Geschichte hat seinem prädestinierten Nachfolger gedanklich bereits zwei Goldmedaillen um den Hals gehängt. Nach seinen Triumphen im Zweier und im Vierer in Pyeongchang war Friedrich (31) das Maß aller Dinge. Mehr als ein Jahr blieb er zwischenzeitlich unbesiegt, raste in dieser Saison in 14 von 16 Rennen allen davon – und kann sich eigentlich nur selbst bezwingen.
Karl Geiger
Die Enttäuschung über Platz vier bei der Vierschanzentournee ist überwunden. Der Oberstdorfer Skispringer hat sein Fluggefühl und die Selbstsicherheit wiedergefunden, kam als Gesamtweltcup-Führender bei den Spielen an. Dies war zuletzt Doppel-Olympiasieger Jens Weißflog 1984 gelungen. „Ich bin hochmotiviert und brenne auf die Wettkämpfe in Peking“, sagt Geiger (28). Auf der Normalschanze könnte er in die Fußstapfen des durch Corona ausgebremsten Andreas Wellinger treten.
Tina Herrmann
Kopfüber ins Glück: Die hessische Skeleton-Pilotin weiß, wie das geht. Dreimal in Folge wurde sie Weltmeisterin, zuletzt 2021 in Altenberg zudem im Mixed. Nachdem sie in Pyeongchang leer ausgegangen war, brennt die 29-Jährige darauf, in Yanqing ihre erste olympische Medaille zu erringen. Bei den Testrennen im Herbst kam sie auf der neuen Bahn bereits bestens zurecht. Das nährt die goldene Zuversicht zusätzlich.
Ramona Hofmeister
Die Mitfavoritenrolle schiebt sie beiseite, gibt aber zu: „Natürlich ist es ein Riesentraum, als Olympiasiegerin wieder heimfliegen zu dürfen.“ Auf der 25-jährigen Snowboarderin ruhen im Parallel-Riesenslalom die Hoffnungen. In Pyeongchang sprang bereits Bronze heraus. In diesem Winter holte die WM-Zweite von 2021 den Gesamtsieg im Weltcup und ist entsprechend selbstbewusst.
Johannes Ludwig
Lange hat der Rennrodler mit Olympia gefremdelt; zweimal die Qualifikation für die Spiele knapp verpasst. Seine traumhafte Premiere 2018 hatte auch mit Felix Lochs Patzer zu tun; Ludwig profitierte davon, gewann Bronze und mit der Teamstaffel sogar Gold. Erfolge, die den 35-Jährigen beflügelt haben. In dieser Saison erlebten die Fans den besten Ludwig aller Zeiten. Erstmals sicherte er sich den Gesamtweltcup und ist nun Goldkandidat.
Martin Nörl
Vier Jahre ist es her, da ließ sich der Snowboardcrosser ein Tattoo auf die Innenseite des rechten Oberarms stechen: fünf olympische Ringe, eine „8“ für Platz acht in Pyeongchang und „SBX“ für seine Disziplin. In Peking könnte ein weiteres Kunstwerk hinzukommen – in Form einer Goldmedaille. Denn nach drei Siegen in sechs Weltcup-Rennen und dem Gelben Trikot des Spitzenreiters gilt Nörl (28) jetzt als Sieganwärter Nummer eins.
Linus Straßer
Die „magische Nacht“ von Schladming hat aus dem hadernden Hochbegabten einen Siegaspiranten gemacht. Der Slalom-Spezialist, der im Training schon immer einer der Schnellsten war, es oftmals in den Wettkämpfen jedoch verpatzte, scheint rechtzeitig in Form gekommen zu sein. Trotz mancher Enttäuschungen in diesem Winter ist der 29-Jährige einer von nur vier Skirennläufern, die zweimal auf dem Slalom-Podest standen. Warum in Yanqing nicht auf dem obersten?
Julia Taubitz
Das Lächeln verliert sie nie. Selbst bei Niederlagen bleibt die Rennrodlerin (25) freundlich. Aber viel verloren hat sie in den vergangenen drei Jahren ohnehin nicht. Seit ihrem Wechsel nach Oberhof mischt die Sächsin in der Weltspitze mit, gewann zweimal den Gesamtweltcup und holte 2021 zwei WM-Titel. In China erlebt sie ihre Olympia-Premiere: „Ich schiele auf eine Medaille“, sagt sie. Dank ihres Fahrgefühls würde es nicht überraschen, wenn es die goldene wäre.