Melbourne. Tennis-Olympiasieger Alexander Zverev startete bei den Australian Open erwartungsgemäß mit einem Sieg. Er hatte mehr Mühe als erwartet.
Es war ein leicht kurioser Moment, der die Abendshow mit Alexander Zverev am ersten Tag der Australian Open beschloss: Der Olympiasieger hatte die Partie gegen seinen deutschen Rivalen Daniel Altmaier soeben im Tiebreak des dritten Satzes als 7:6 (7:3), 6:1, 7:6 (7:1)-Sieger zu Ende gebracht, da wandte er sich zu einem der Ballkinder um und wollte sich eine weitere Filzkugel für den nächsten Aufschlag geben lassen. Ein Zuschauer rief ihm lautstark „Game over“ zu, Zverev wirkte einen Moment irritiert über den eigenen Rechenfehler, sprintete dann aber zum Netz, um seinem geschlagenen deutschen Konkurrenten die Hand zu schütteln. „Ich habe mich verzählt. Ich dachte, ich hätte Matchball und wollte wieder servieren“, sagte der 24-Jährige später leicht amüsiert.
Olympiasieger Alexander Zverev größter Titelanwärter
Zverevs Schlagabtausch mit dem bulligen Altmaier hatte einige dramatische Momente in zwei Tiebreak-Sätzen, aber unterm Strich verlebte der Goldjunge von Tokio einen unaufgeregten Auftakt in das erste Majorturnier der Saison 2022. Zverev nörgelte nach der Partie gegen den Mann aus dem niederrheinischen Kempen zwar, es sei „nicht viel nach Plan gelaufen, außer dass ich gewonnen habe“, aber in ernste Schwierigkeiten geriet der überkritische Titelmitfavorit nicht. „Für ein Auftaktmatch war das sehr solide. Am Anfang der Saison, am Anfang dieses ersten Topturniers willst du nur eins: Gewinnen, ohne viel Kraft zu verlieren“, erklärte Altmeister Boris Becker.
Hanfmann fordert nun Nadal heraus
Auch interessant
Während Novak Djokovic nach der Verbannung aus Melbourne inzwischen wieder in seiner serbischen Heimat angelangt war, rückte Zverev als nunmehr höchstplatzierter Akteur in der oberen Auslosungshälfte automatisch in den Fokus. „Er ist mit US-Open-Sieger Medwedew der größte Titelkandidat“, sagte US-Legende John McEnroe, „inzwischen hat er die Reife und Erfahrung, um auch eine erfolgreiche Grand-Slam-Kampagne endlich zu krönen.“ Zverevs bisher noch immer bestes Grand-Slam-Resultat ist der Endspiel-Einzug bei den US Open 2020, damals hatte er in New York in fünf hochdramatischen Sätzen gegen den Österreicher Dominic Thiem verloren. Mit dem Olympiasieg im Sommer 2021 und dem fulminanten Saisonabschluss als ATP-Weltmeister hat Zverev nun aber zusätzlich Format und Souveränität gewonnen, zum Auftakt in Melbourne wirkte der Hamburger so gefestigt in seiner Statur als Mann der engeren Weltspitze, dass ihm auch ein giftiger Gegner wie Altmaier nicht allzu viel Kopfzerbrechen bereitet. Nächster Gegner Zverevs ist am Mittwoch der australische Kämpfertyp John Millman.
Für das neunköpfige Herrenkontingent des Deutschen Tennis-Bundes gab es weitere Erfolgsmomente an diesem 17. Januar, an dem endlich wieder über Tennis und nicht über juristische Scharmützel und Einreisebestimmungen gesprochen wurde. Besonders freuen konnte sich Yannick Hanfmann (30): Nach seinem 6:2, 6:3, 6:2-Sieg über Lokalmatador Thanasi Kokkinakis trifft der zupackende Qualifikant in der zweiten Runde auf Rafael Nadal. Einmal hatte der Karlsruher Hanfmann schon gegen Nadal gespielt, 2019 bei den French Open, und dabei tüchtig Hiebe kassiert. „Damals hatte ich mir gesagt: Du gehst raus, um zu gewinnen. Da wurde nix draus“, so Hanfmann, „jetzt hoffe ich auf ein gutes, enges Match.“
Andrea Petkovic scheidet aus
Einen Kontrast zum glücklichen Hanfmann bildete Andrea Petkovic in der Damenkonkurrenz. „Einfach ein schrecklicher Tag für mich heute“, haderte die Darmstädterin nach ihrem chancenlosen Auftritt und 2:6, 0:6 gegen die tschechische French-Open-Gewinnerin Barbora Krejcikova. „Es war heute der erste Tag in zwei Monaten, der so lief. Aber das zeigt nur, dass die Tennis-Götter einen immer wieder überraschen.“ Letzte deutsche Hoffnung ist nun die dreimalige Grand-Slam-Gewinnerin Angelique Kerber, die am Dienstag gegen Kaia Kanepi aus Estland antritt.