Essen. Sport-Sprüche des Jahres: Was während einer olympischen Dressur so passiert, wo sich der ballferne Zehner aufhält – und wer Angst vor Mama hat.

Zum Jahresende werden im Sport bekanntlich allerlei Titel vergeben. Sportlerin und Sportler des Jahres wurden bereits geehrt, Fußballerin und Fußballer ebenfalls, es gab auch regional begrenzte Auszeichnungen. Uns reicht das mal wieder nicht, traditionell fügen wir noch ein paar Titel hinzu.

Da war beispielsweise ...

… der Patriot des Jahres: „Ich bin deutscher als jede Bratwurst“, sagte in Tokio der deutsche Olympia-Surfer Leon Glatzer, Spross einer Familie aus Kassel, geboren auf Hawaii und aufgewachsen in Costa Rica.

… die Bemerkung des Jahres: „Shit happens“ war der Kurz-Kommentar von Dressur-Doppelolympiasiegerin Jessica von Bredow-Werndl, nachdem ihr Pferd Dalera mitten in der olympischen Dressur in Tokio ein paar Äpfel in den Sand fallen lassen hatte.

… die Kritik des Jahres – von Borussia Dortmunds Sportdirektor Michael Zorc: „Wir haben die Abstandsregeln im Spiel gegen den Ball vorbildlich eingehalten.“

… die Logik des Jahres – von Trainer-Routinier Horst Hrubesch, der übergangsweise die Zweitliga-Mannschaft des Hamburger SV übernommen hatte: „Fußball macht nur dann Spaß, wenn du auch Spaß daran hast.“

… das Eingeständnis des Jahres – von Tennisspielerin Anna-Lena Friedsam, nachdem sie bei den Olympischen Spielen in Tokio mit 1:6, 1:6 gegen die Russin Anastassija Pawljutschenkowa verloren hatte: „Ich habe mich wie von einer Dampflok überfahren gefühlt.“

… der Vergleich des Jahres – von TV-Kommentator Benni Zander: „Erling Haaland ist auf dem Fußballfeld fast so gnadenlos wie Deutsche, wenn im Supermarkt eine zweite Kasse aufmacht.“

… der Diplomat des Jahres – Martin Hinteregger, Kapitän von Eintracht Frankfurt: „Ich sage es mal demokratisch: Wir schauen von Spiel zu Spiel.“

… der Service des Jahres – von Fußball-Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg: „Wir spielen für die, die da sind. Wir spielen für die, die am Fernseher sind. Und für die, die kein Interesse haben, spielen wir auch.“

… die Erklärung des Jahres – Lukas Weißhaidinger, der österreichische Bronzemedaillengewinner im Diskuswerfen, über die Atmosphäre ohne Zuschauer bei Olympia in Tokio: „Das Positive ist: Ich höre meinen Trainer viel schreien. Das Negative ist: Ich höre meinen Trainer viel schreien.“

… die Information des Jahres – vom früheren Bochumer Bundesligatrainer und derzeitigen Wuppertaler Vorstandsmitglied Peter Neururer vor dem Pokalspiel des WSV gegen den VfL: „Ich bin im Wuppertaler Zoo groß geworden.“

… der Taktikfuchs des Jahres – Robert Klauß, Trainer des Fußball-Zweitligisten 1. FC Nürnberg: „Wir sind in einem 4-2-2-2 auf Pressinglinie eins angelaufen, wir wollten nach Ballgewinn über den ballfernen Zehner umschalten. Wir sind in Ballbesitz in eine Dreierkette abgekippt mit dem asymmetrischen Linksverteidiger und breitziehenden linken Zehner, so dass wir in ein 3-4-3 respektive 3-1-5-1, je nachdem, wo sich Dove aufgehalten hat, abgekippt sind.“

… der Kontrast des Jahres – berechnet vom Sportjournalisten und Buchautor Alexander Steudel: „Die Cheftrainer der letzten fünf Jahre bei Schalke 04 und beim Hamburger SV sind zusammen 807 Jahre alt. Die Trainer des SC Freiburg im selben Zeitraum sind 55 Jahre alt.“

… die Strafe des Jahres – das war für Wolfsburgs brasilianischen Fußballprofi Paulo Otavio nach seinem brutalen Foul an dem Hoffenheimer Munas Dabbur nicht die logische Rote Karte. Dem „Kicker“ erzählte er: „Nach dem Spiel hatte ich schon eine Nachricht auf dem Telefon: Paulo Otavio, ruf mich bitte an! Wenn Mama mich Paulo Otavio nennt, dann weiß ich, dass es Ärger gibt. Sie meinte, eigentlich müsste sie mir die Ohren lang ziehen und mich für zwei Stunden in mein Zimmer schicken.“

… das Erlebnis des Jahres – Beachvolleyballerin Laura Ludwig auf die Frage, wie ihr die Eröffnungsfeier in Tokio gefallen habe: „Keine Ahnung. Ich bin reingelaufen, fand’s geil und bin wieder rausgelaufen.“

… der Tweet des Jahres – vom „Fums-Magazin“ zu den vielen Problemen bei der Nominierung einer deutschen Olympia-Fußballmannschaft: „Stefan Kuntz hat 100 Spieler abtelefoniert, damit er ein 18er-Team für Olympia zusammenbekommt. 82 Absagen – oder wie man als Kreisliga-Betreuer sagt: Ganz normales Spieltags-Wochenende.“

… der Philosoph des Jahres – Borussia Dortmunds Kapitän Marco Reus, nachdem das Team eine Schwächeperiode überstanden hatte: „Jeder ist auch nur ein Mensch.“

… der Experte des Jahres – Sky-Mann Lothar Matthäus, nachdem Robert Lewandowski die 40-Tore-Marke von Gerd Müller geknackt hatte: „Rekorde sind da, um zu brechen.“

… das Sprachbild des Jahres – vom früheren Zehnkampf-Ass Frank Busemann. Der ARD-Experte in Tokio über die eisige Atmosphäre, nachdem die Jamaikanerin Elaine Thompson-Herah vor ihrer Landsfrau Shelly-Ann Fraser-Pryce das 100-Meter-Finale gewonnen hatte: „Wenn du zwei Alphatiere hast, da gönnt keiner dem anderen die Butter unter den Fingernägeln.“

… die Überforderung des Jahres: Einer unserer Fotografen fragt die ausschließlich aus über 30-jährigen Amateurfußballern mit sportlichem Zweithobby bestehende Tennis-Mannschaft vom TC Rot-Weiß Wattenscheid, wer sich denn mal hinknien könnte. Und erhält die Antwort: „Der ist heute nicht da.“