Frankfurt. Die Profiklubs haben Hans-Joachim Watzke zum Aufsichtsratsboss der Deutschen Fußball Liga gewählt. Der BVB-Boss gibt die Richtung vor.
Hans-Joachim Watzke hat es eilig. Der Geschäftsführer von Borussia Dortmund sitzt in einem Tagungsraum des Sheraton-Hotels am Frankfurter Flughafen. Es geht auf 16 Uhr zu und um 18.30 Uhr wäre Watzke gerne wieder in Dortmund, pünktlich zum Anpfiff des Bundesligaspiels zwischen dem VfB Stuttgart und Bayern München – nicht ganz einfach, da die A45 bei Lüdenscheid aktuell gesperrt ist. Ab jetzt also nur noch kurze Antworten.
BVB-Boss Watzke spürt "großes Vertrauen"
Künftig wird Watzke diese Strecke deutlich häufiger fahren müssen: Bei der Mitgliederversammlung der Deutschen Fußball-Liga haben ihn die Mitglieder der 36 deutschen Profiklubs zum Vorsitzenden des Aufsichtsrats gewählt. Oder genauer: 34 Klubvertreter haben abgestimmt, 32 haben sich für Watzke entschieden. „Das ist ein sehr, sehr gutes Ergebnis“, freut sich der 62-Jährige. „Ich spüre großes Vertrauen und ich hoffe, dem gerecht zu werden.“ Watzke ist nun nicht nur Aufsichtsratsboss der DFL, er ist qua Amt auch Stellvertretender Sprecher des Präsidiums und Erster Vizepräsident beim Deutschen Fußball-Bund – und damit ein zentraler Teil der gewaltigen personellen Umwälzung im deutschen Fußball.
Denn wenn Watzke am 11. Februar sein Amt antritt, löst er Peter Peters ab, den langjährigen Schalker Finanzvorstand, der seit 2007 die DFL-Geschicke mitbestimmt. Ebenfalls seit 2007 ist Christian Seifert dabei, der als Geschäftsführer über die Jahre zum starken Mann des deutschen Profifußballs wurde. Die Versammlung in Frankfurt aber ist seine letzte, am 22. Dezember räumt er sein Büro, dann folgt ihm die Digitalexperten Donata Hopfen. Und auch beim DFB sucht man aktuell einen Präsidenten. „Wir stehen vor einer größeren Transformation“, sagt Seifert. „Da ist es wichtig einen so starken und gut vernetzten Aufsichtsratschef an der Spitze zu haben.“
Watzke will den deutschen Fußball „wieder mehr zum Strahlen bringen“, kündigt er an – aber er weiß auch, dass die Herausforderungen gewaltig sind: Die Corona-Pandemie bleibt eine existenzielle Bedrohung für viele Klubs, sie reißt nach wie vor gewaltige Löcher in die Kassen. Die 50+1-Regel, nach der kein Investor die Mehrheit an einem Klub übernehmen darf, wird noch immer heiß diskutiert. Aktuell ringen Bundeskartellamt und DFL um eine Lösung, diese rechtssicher auszugestalten. Und dann sind da die Diskussionen ums Financial Fairplay auf europäischer Ebene – um die Regeln also, die verhindern sollen, dass Investoren ihre Klubs unbegrenzt mit Geld vollpumpen und so den Wettbewerb verzerren. Der deutsche Fußball stemmt sich gegen Lockerungen, wird diese aber wohl nicht gänzlich verhindern können.
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An all diesen Problemen aber wird sich in erster Linie Donata Hopfen abarbeiten müssen, die künftig als Geschäftsführerin und Sprecherin des Präsidiums die meiste Macht auf sich vereint. Er wolle nicht ins Tagesgeschäft hineinreden, sondern vor allem die Strategie vorgeben, kündigt Watzke an. Aber er lässt erkennen, dass er die DFL in manch gesellschaftlicher Debatte deutlicher und hörbarer positionieren will – wenn es etwa um Zuschauereinschränkungen in der Bundesliga geht. „Wir müssen nach zwei Jahren mit Pandemie als Klubs wieder mehr Selbstbewusstsein ausstrahlen und etwas kämpferischer werden“, fordert der BVB-Boss. „Wir waren mit viel Demut unterwegs – und müssen nun vielleicht etwas akzentuierter um unsere originären Rechte kämpfen.“ Die Politik kann sich auf härtere Diskussionen und deutlichere Worte einstellen, als sie von Vorgänger Peters zu erwarten waren.
DFB: Bernd Neuendorf kandidiert für Präsidentenamt
Auch beim DFB, in dessen Präsidium Watzke künftig sitzt, könnte es bald lauter zugehen, noch aber hält sich der künftige Vizepräsident zu diesem Thema zurück: Er könne den Verband bislang ja nur von außen beurteilen. In den Gremien könnte es ein Wiedersehen mit Peters geben, der für das Präsidentenamt kandidiert und gegen Bernd Neuendorf antritt, den Kandidaten des Amateurlagers. Ein deutliches Votum aus der Liga pro Peters gab es am Dienstag nicht. Das habe er auch gar nicht angestrebt, erklärt der 59-Jährige. „Ich will erst einmal über Inhalte reden – und über ein Team, das ich zusammenstelle und Anfang des Jahres vorstelle.“ Und auf der Grundlage sollen dann die Delegierten beim DFB-Bundestag im März abstimmen. Das werde er sich im Fernsehen ansehen, kündigt Christian Seifert an, bevor er sich mit einem knappen „Auf Wiedersehen“ endgültig verabschiedet. Watzke dagegen wird ein weiteres Mal den Weg über die A45 zurücklegen müssen.