Leipzig. Gladbachs Trainer Hütter wackelt nach der dritten hohen Niederlage weiter, während Tedesco bei seiner Premiere in Leipzig gefeiert wird.

Max Eberl überlegte lange, ob er sich zum Spiel der Borussia aus Mönchengladbach äußern sollte. Die hatte soeben dafür gesorgt, dass beim Gegner RB Leipzig Neu-Trainer Domenico Tedesco einen Einstand wie erträumt feiern konnte. Vier Tore genehmigten die Gäste aus dem Westen den zuvor punktgleich kriselnden Sachsen, einen Treffer schossen sie selbst, was für Tedesco den ersten Sieg im ersten Spiel bedeutete und für die Borussen die dritte Pleite in Serie plus einer mit 2:14 Toren sehr unschöne Trefferbilanz dieser drei Partien.

Eigentlich sind diese Zahlen unübersehbare Symptome einer Krise, die in der Regel auf ein zerrüttetes Verhältnis zwischen Trainer und Mannschaft deutet, wohingegen Routinier Lars Stindl von zu vielen Egos im Team sprach, die die letzten zwei Gegentreffer ermöglicht hätten. So oder so aber müsste Eberl seinen Trainer Adi Hütter vermutlich so langsam kritisch auf die Finger schauen. Tut er vielleicht auch schon, doch nach außen hin klammerte sich der Sportchef der Fohlen nach dem 1:4 (0:2) gegen RB Leipzig an sein Wort vom vergangenen Freitag. „Über einen Trainer zu diskutieren, der zweimal verloren hat, ist für mich völlig inakzeptabel“, hatte sich Eberl darüber echauffiert, dass Hütters Eignung nach einem 0:6 gegen Freiburg und einem 1:4 gegen Köln infrage gestellt worden war.

Eberls Forderung: „Eier zeigen"

Jetzt sind es aber nicht mehr zwei, sondern drei Pleiten am Stück, deftige obendrein. Eberl wand sich trotzdem, und sagte schließlich im ZDF-Sportstudio: „Ich möchte keinen sehen, der auf irgendeinen anderen zeigt.“ Stattdessen empfahl er den Griff an die „eigene Nase“ und forderte alle Akteure aus den eigenen Reihen auf, „Eier zu zeigen“.

Solcherlei Rhetorik ist dem sehr affektbeherrschten Klub vom Leipziger Cottaweg weitgehend fremd. Doch das immergrüne Vorspiel auf dem Weg zur nächsten Trainerentlassung, das kennt auch dem Vizemeister nur allzu gut. Keine Woche ist es her, da trottete das RB-Personal aus der Alten Försterei mit ähnlich hängenden Köpfen wie der Borussen-Kader aus der leeren Arena in Leipzig. 1:2 hatten die Sachsen bei Union Berlin verloren, es war ebenfalls die dritte Niederlage en suite gewesen.

Tedesco scheint in Leipzig der richtige Mann zu sein

Im Gegensatz zu Eberl zog die RB-Führung zwei Tage später die berühmte Reißleine und stellte den Ex-Schalker Trainer Domenico Tedesco als Nachfolger von Jesse Marsch ein. War anfangs noch Skepsis im Spiel, ob der 36-Jährige nach zwei Auslandsjahren in der russischen Liga den verunsicherten Champions-League-Kader wieder in die Spur zu bringen vermag, so scheint der gebürtige Italiener nach nur einer Partie genau der richtige Mann zu sein.

Hier und da ein paar Kniffe in der Positionierung seiner Spieler, dazu ein Marschroutenmix aus Spielkontrolle und Ballräuberei plus der Magie des Neuanfangs, und fertig war ein Auftritt, wie man das von RB aus der Vorsaison unter Ex-Coach Julian Nagelsmann gewohnt war. Vor der Pause trafen Josko Gvardiol (21.) und André Silva (32.) zum 2:0, nach dem Wechsel gestattete die Tedesco-Elf den Gästen einen späten Gegentreffer durch Rahmy Bensebainin (88.), ehe Christopher Nkunku (90.+1) und Benjamin Henrichs (90.+4) noch zweimal nachlegten.

Nun mögliches Trainer-Finale gegen Eintracht Frankfurt

Tedesco ließ sich nicht anmerken, ob er sich über diesen Einstand gefreut hat. Aber man kennt das aus seiner Zeit als Trainer auf Schalke und bei Erzgebirge Aue: mit leicht müdem Blick zeigte sich der Neue nüchtern „zufrieden“ mit dem Auftritt seines Teams. Sieg war natürlich verdient, aber es hätte durchaus weniger spannend sein dürfen. Ein Rüffel in aller Freundschaft Richtung André Silva. Ausgerechnet Hütters vormaliger Lieblingsspieler aus der Vorsaison hatte den Knock-out-Ball vor dem Fuß liegen gehabt, verballerte aber frei vorm leeren Tor stehend ein tausend Prozent sicheres Nkunku-Zuspiel an die Querlatte (52.).

Gut möglich, dass ein frühes 0:3 eine noch höhere Niederlage in Gang gesetzt hätte, mit der Eberl - ohne wortbrüchig zu werden - den Einstieg in die „kritische Auseinandersetzung“ mit der aktuellen Talfahrt verkünden hätte können. Vielleicht aber steht ihm ja auch der Sinn nach etwas Drama: Am Mittwoch schaut zum möglichen Trainer-Finale Eintracht Frankfurt in Mönchengladbach vorbei – Hütters Ex-Klub.