Köln. Dank Sondergenehmigung sahen 50.000 Zuschauer den 4:1-Derbysieg des 1.FC Köln über Gladbach. An die Maskenpflicht hielten sich wenige.
Für den Tag nach dem 4:1-Triumph des 1. FC Köln im Derby gegen Borussia Mönchengladbach hatte Steffen Baumgart einen klaren Plan. Der Chefdompteur des Geißbock-Ensembles wollte am Sonntag mal wieder bei seinem alten Klub vorbeischauen, die Paderborner empfingen am frühen Nachmittag Aufsteiger Rostock. Für die Ostwestfalen, die Baumgart im Sommer nach vier Jahren in Richtung Domstadt verlassen hatte, war es das nächste Kapitel im engen Aufstiegsrennen in der Zweiten Liga. Und in Rostock erblickte Baumgart am 5. Januar 1972 das Licht der Welt.
Ungeimpfter Paderborner Trainer mit Maske
Für den leidenschaftlichen Schiebermützen-Träger war es also eine Art Pflichtbesuch. Und in Paderborn erlebte er dann, wie sein – ungeimpfter – Nachfolger Lukas Kwasniok den SCP beim 1:1 gegen Hansa mit Mund-Nasen-Schutz coachte. Damit setzte der 40-Jährige die Corona-Regularien von Nordrhein-Westfalen um – im selben Bundesland, in dem tags zuvor 50.000 Menschen in die bis auf den letzten Platz gefüllte Kölner Arena strömten.
Immer wieder forderte der Stadionsprecher dort die Anhänger beider Klubs auf, der auch auf den Sitzplätzen geltenden Maskenpflicht nachzukommen. Grund hierfür war eine „kurzfristige Anweisung“ des Kölner Gesundheitsamtes, das trotz dramatisch steigender Infektionszahlen vollbesetzte Ränge genehmigt hatte. Zahlreiche Zuschauer beim rheinischen Derby ignorierten diese Anweisung jedoch, bei den Kölner Toren lagen sich die Fans ohne oder mit verrutschten Masken in den Armen.
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„Ich finde es hochproblematisch, was wir beim Fußball sehen“, kommentierte Karl Lauterbach in der „Bild am Sonntag“ – und der Gesundheitsexperte der SPD führte weiter aus: „Die Menschen infizieren sich nicht im Stadion, aber die Anreise und die Feiern nach dem Spiel sind die Infektionsherde. Daher sind Spiele im vollen Stadion aktuell nicht akzeptabel.“
Bundesliga fürchtet Beschränkungen bei Zuschauern
Beim nächsten Heimspiel des FC am 10. Dezember gegen Augsburg könnte es wieder zu Beschränkungen bei den Zuschauerzahlen kommen. „Ich finde nicht, dass wir auf den Fußball gucken sollten. Die Vereine haben gute Konzepte. Ich kenne kein Stadion, das ein Hotspot war“, erklärte Kölns Trainer Baumgart dazu. Geschäftsführer Alexander Wehrle verwies auf die verschwindend geringen positiven Testungen unter Stadionbesuchern. Während Interims-Sportchef Jörg Jakobs einräumte: „Keiner weiß so richtig, wie es weitergeht. Wir stehen vor einem schweren Winter. Die Sorge, was auf uns zukommt, haben wir ja nicht nur im Fußball, sondern gesellschaftlich.“
Bevor sie ihre Bedenken und Einwände vorbrachten, dankten alle Kölner aber erst einmal Florian Neuhaus. Der Nationalspieler, bei der Borussia im Lauf der Hinrunde in ein frustrierendes Reservistendasein gerutscht, hatte die Gastgeber in der 77. Minute mit einem schlimmen Fehlpass auf die Siegerstraße gebracht. Der Fauxpas unterlief dem 24-Jährigen nach seiner Einwechslung – und nur drei Minuten, nachdem Jonas Hofmann die Kölner Führung durch Dejan Ljubicic egalisiert hatte.
Höchster Derbysieg über Gladbach seit 1996
„Ich hatte in der Phase des Ausgleichs das Gefühl, dass wir das Spiel noch gewinnen können“, erwähnte Borussen-Coach Adi Hütter später. Doch dann leistete sich Neuhaus den fatalen Fehlpass, den Mark Uth zum 2:1 nutzte. Nur 60 Sekunden später erhöhte Ondrej Duda auf 3:1, Sebastian Andersson wuchtete den Ball in der Nachspielzeit via Lattenunterkante zum höchsten Kölner Derbysieg über Gladbach seit 1996 ins Tor.
Trotzdem bemühte sich Hütter anschließend nach Kräften, in die andauernde Personaldebatte um Neuhaus, dem zuletzt Wechselabsichten nach Neapel nachgesagt wurden, nicht zusätzlich Öl zu gießen. „Wir gewinnen gemeinsam, und wir verlieren gemeinsam. Und ich trage die Verantwortung“, erklärte der Österreicher, der die Sekunden vor dem zweiten Kölner Treffer aber auch ebenso unmissverständlich kommentierte: „Das war mit Sicherheit die Schlüsselszene. Direkt davor hatte man das Gefühl, dass das Spiel in beide Richtungen ausschlagen kann.“