Essen. Die DFB-Frauen treffen am Dienstag auf Israel. Martina Voss-Tecklenburg spricht vorher über Frauen im Fußball – auch bei Männern.
Martina Voss-Tecklenburg hört beim Rundgang durch die Sportredaktion interessiert zu. Der Besuch vor dem WM-Qualifikationsspiel der deutschen Frauen-Nationalmannschaft gegen Israel in Essen am Dienstag (16.05 Uhr/ARD) weckt Erinnerungen. Die 53 Jahre alte Duisburgerin, die in Straelen mit ihrem Mann Hermann Tecklenburg lebt, hat journalistische Erfahrung, sich aber doch früh für eine Karriere im Fußball entschieden. Dort mangelt es ihr ebenso wenig an Leidenschaft und klugen Gedanken, wenn sie über Frauen im Fußball spricht.
Herzlich willkommen, Frau Ex-Kollegin…
Martina Voss-Tecklenburg: Naja, a beetje, wie man bei mir am Niederrhein sagt.
Vielleicht auch ein bisschen mehr.
Martina Voss-Tecklenburg: Ich wollte tatsächlich Sport und Journalismus studieren, als ich 17 Jahre alt war. Da ich dann aber schon ein Jahr vor meinem Abitur zu Hause ausgezogen bin, musste ich auch erst einmal Geld verdienen. Ich wollte selbständig sein, habe daher eine Ausbildung beim Landessportbund gemacht.
Voss-Tecklenburg war mal Chefredakteurin vor dem DFB-Job
Die Leidenschaft für Fußball und Journalismus konnten Sie dann doch noch ausleben. Sie waren schließlich von 2007 bis 2012 Chefredakteurin des FF-Magazins.
Martina Voss-Tecklenburg: So war mein Titel, aber ob ich das tatsächlich so ausgefüllt habe? (lacht) Im Ernst, das war eine tolle Zeit. Der Verlag Meyer & Meyer wollte ein hochwertiges Printprodukt schaffen – das ist gelungen, aber es wurde eben auch fünf Jahre dazu gezahlt, damit das Heft auf dem Markt bleiben konnte.
Wie hat sich der Frauenfußball medial entwickelt?
Martina Voss-Tecklenburg: Wie im Sport gibt es auch in der Berichterstattung wellenförmige Entwicklungen. Es gab Phasen, in denen man das Gefühl hatte, es wird recht viel gemacht – gerade vor der Heim-WM 2011. Das war absolut dem Turnier angemessen, hat dann aber auch wieder nachgelassen. Aktuell spüre ich schon, dass das Interesse groß ist, die Sichtbarkeit aber noch nicht so ausgeprägt ist, wie sie sein sollte.
Sie haben 125 Länderspiele bestritten, 1989 den ersten EM-Titel miterlebt, waren bei der ersten WM und den ersten Olympischen Spielen mit Frauenfußball dabei. Als Trainerin haben Sie und der DFB aber erst spät die gegenseitige Zuneigung entdeckt.
Martina Voss-Tecklenburg: Nö. Die Berührungspunkte waren ja schon früh als Verbandssportlehrerin gegeben. Sie sprechen vermutlich an, dass ich 2000 mal keinen so guten Moment hatte (lacht).
Voss-Tecklenburg hätte nicht früher Bundestrainerin werden wollen
Richtig, Sie sind damals vor den Olympischen Spielen in Sydney für die Nationalmannschaft nicht mehr berücksichtigt und mussten von einer Maßnahme vorzeitig abreisen.
Martina Voss-Tecklenburg: Das ist längst aufgearbeitet. Wir haben alle Fehler gemacht, ich hätte mir nach 17 Jahren Nationalmannschaft damals aber auch einen anderen Umgang mit mir gewünscht.
Man hätte sich für Sie damals gleich eine Anstellung beim DFB vorstellen können. Sie nahmen aber einen Umweg über die Vereine Duisburg und Jena sowie die Nationalmannschaft der Schweiz.
Martina Voss-Tecklenburg: Das waren für mich die Entwicklungsmöglichkeiten, die ich vielleicht gebraucht habe, um dann im richtigen Moment 2019 zum DFB kommen zu dürfen. Wo ich neue Ideen einbringen kann, eine Aufbruchstimmung mitnehmen konnte, aber sicherlich auch die Schwierigkeit hatte, mit einem komplett neuem Trainer-Team erst ein halbes Jahr vor einer WM einzusteigen. Zu einem früheren Zeitpunkt Bundestrainerin zu werden, wäre für mich nicht das Richtige gewesen.
Charakterisieren Sie sich doch mal als Trainerin.
Martina Voss-Tecklenburg: Ich glaube, dass ich Spielerinnen sehr gut entwickeln, ihre Potenziale erkennen kann. Ich versuche immer, mich mit dem Menschen hinter der Spielerin zu beschäftigen, empathisch zu sein, ihm Vertrauen zu geben. Dazu kommt meine fachliche Kompetenz: Ich habe mittlerweile seit fast 30 Jahren Trainererfahrung, ich sehe mich schon als Fußballexpertin, die über ein sehr gutes Trainer-Team verfügt und ihr Spektrum durch viele Gespräche auch immer erweitert.
Voss-Tecklenburg rät Männer-Bundesliga-Klubs zu Grings und Wübbenhorst
Mit Inka Grings in Straelen und Imke Wübbenhorst in Lotte standen Frauen schon bei Männer-Regionalligisten in der Verantwortung. Wann sehen wir eine Trainerin in der Bundesliga?
Martina Voss-Tecklenburg: Da müssen Sie jeden einzelnen Verein fragen. Wenn ich Vereinspräsidentin wäre, würde ich genau auf diese Frauen zugehen. Das tut aber niemand von sich aus. Diese Chancengleichheit gibt es nicht.
Was muss sich ändern?
Martina Voss-Tecklenburg: Ich habe neulich mit Daniel Thioune (Ex-Trainer des Hamburger SV, d. Red.) darüber gesprochen, welcher Bundesligaverein sich am ehesten trauen würde, eine Trainerin einzustellen. Wir kamen auf den SC Freiburg – ohne den jetzt unter Druck setzen zu wollen (lacht). Unterm Strich waren wir uns einig, dass es für jeden Verein der drei Profiligen normal sein müsste, sich auch mit Trainerinnen zu beschäftigen.
Dass dies nicht geschieht, liegt eher am Misstrauen gegenüber den Frauen oder an der möglichen Angst, Fans eine unpopuläre Entscheidung beibringen zu müssen?
Martina Voss-Tecklenburg: Ich glaube gar nicht, dass es unpopulär wäre. Es geht nicht ums Geschlecht – es geht darum, ob man ein guter Trainer und gute Trainerin ist oder nicht. Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Fans Vorurteile hätten, dafür ist unsere Welt inzwischen viel zu divers. Es braucht nur jemanden, der damit anfängt.
Als Aufsichtsrätin ist Voss-Tecklenburg bei Fortuna Düsseldorf auf Augenhöhe
Wie erleben Sie diese Diskussion konkret bei Fortuna Düsseldorf, Sie sind dort ja Aufsichtsrätin.
Martina Voss-Tecklenburg: Ich werde auf Augenhöhe nach Rat gefragt, erlebe das völlig gleichberechtigt. Wobei wir als Aufsichtsrat nicht ins operative Geschäft eingreifen, einen neuen Trainer sucht der Vorstand. Aber auch bei der Fortuna war das noch nie ein Thema. Vielleicht wird es das mal, wenn ich als Bundestrainerin aufhöre (lacht). Ich habe in dem Job allerdings noch einiges vor.
Bei Bibiana Steinhaus hat es auch sehr lange gedauert, bis ihre guten Leistungen als Schiedsrichterin akzeptiert wurden und es nicht mehr darum ging, dass sie eine Frau ist.
Martina Voss-Tecklenburg: Das stimmt. Ich würde auch anders handeln, weil ich eine Frau bin und an starke Frauen glaube. Es wurde viel zu lange die Frage gestellt, wie der Frauenfußball vom Männerfußball profitieren kann. Ich rede sowieso nur von einem Fußball – nicht vom Fußball der Frauen und von dem der Männer. Natürlich, die Frauen haben von den Strukturen der Männer profitiert. Aber man darf jetzt auch in die andere Richtung fragen: Wie profitieren die Männer von den Frauen? Der Fußball insgesamt ist noch sehr in sich männerorientiert. Ich kann aber nur jedem Verein, jedem Sportdirektor raten: Holt euch Frauen in eure Teams, ihr werdet feststellen, dass sie besser funktionieren und leistungsfähiger sind. Ihr verpasst damit eine Chance.
Voss-Tecklenburg rät dem DFB zur einer Doppelspitze für das Präsidenten-Amt
Neben der Trainerbank soll ja auch die Vorstandsetage beim DFB weiblicher werden. Ist der Verband bereit dazu?
Martina Voss-Tecklenburg: Das ist er, die Akzeptanz ist da. Peter Peters hat es auch noch mal gesagt: Jetzt brauchen wir auch die Frauen, die „Ja“ sagen, wenn sie gefragt werden, diese Verantwortlichkeit zu übernehmen. Wir haben diese Persönlichkeiten.
Der Ruf nach neuen Strukturen und einem Kulturwandel ist laut. Es gäbe viel Verkrustetes aufzubrechen.
Martina Voss-Tecklenburg: Es gäbe auf jeden Fall einige Chancen, Veränderungsprozesse anzuschieben. Meine Meinung ist: Der Fußball darf seine Glaubwürdigkeit nicht verlieren, er muss authentisch bei den Menschen bleiben und braucht eine verbesserte Fehlerkultur. Man muss doch auch mal sagen dürfen, dass etwas nicht gut gemacht wurde.
Würde eine Doppellösung an der DFB-Spitze, eine Frau und ein Mann, dazu beitragen?
Martina Voss-Tecklenburg: Ich könnte mir gut vorstellen, dass eine Doppelspitze funktioniert, wenn man den gleichen Weg geht. Ob einzeln oder im Tandem: Es muss eine klare Richtung geben, die alle mittragen. Aus meiner Sicht gibt es keinen anderen Weg, man muss das Bestmögliche anstreben. Dass es dabei auch mal Widerstände und Umwege gibt, ist klar.
Hat sich das Imageproblem des DFB auf die Nationalmannschaft ausgewirkt?
Martina Voss-Tecklenburg: Nein, wir haben wirklich genug damit zu tun, uns mit unseren Themen und Entwicklungen zu beschäftigen. Wir haben viele Trainerinnen neu eingestellt, wir sind in den Vereinen und schauen, wie wir unsere Toptalente fördern können, Lehrgänge wurden umstrukturiert. Aus der DFB-Akademie ziehen wir einen riesigen Mehrwert, entwickeln unglaubliche Kompetenzen. Deshalb freuen wir uns auch, dass der DFB bald umziehen wird. Dann kann man noch mehr das gegenseitige Verständnis entwickeln, weil die Spielerinnen und Spieler dann auf den Campus kommen und sehen, wie viele Menschen ihnen da auch zuarbeiten, damit sie am Ende Fußball spielen können auf Topniveau.
Voss-Tecklenburg: Deutscher Frauenfußball kann von England lernen
Klingt nach einer spannenden Entwicklung, die nötig geworden ist, weil der deutsche Frauenfußball seine Vormachtstellung in Europa eingebüßt hat.
Martina Voss-Tecklenburg: Das hat nur bedingt etwas mit unserer eigenen Entwicklung zu tun, sondern ganz viel mit der in den anderen Ländern. Wir haben jahrelang dafür gekämpft und gesagt: Der Frauenfußball muss in der Spitze viel breiter werden, es muss mehr Nationen geben, die um Titel spielen. Es ist toll, was gerade in Europa passiert. Wir müssen allerdings in einem Punkt zwingend aufholen.
Welcher wäre das?
Martina Voss-Tecklenburg: Die Bundesliga muss sich sportlich nicht vor den anderen Ligen in Europa verstecken. Nachholbedarf haben wir dabei, die Zuschauer ins Stadion zu holen. Wir hatten vor den Länderspielen zwei Topspiele: 1600 Zuschauer in Frankfurt sind stark, 800 Zuschauer in Hoffenheim sind okay. Da macht uns die englische Premier League mit einem Schnitt von 2500 bis 3500 Zuschauern etwas vor. Diese Zahlen sind realistisch und sollten wir anstreben.
Sie haben vor 25 Jahren auch schon vor 1000 Zuschauern auf einem dörflichen Fußballplatz in der Bundesliga gespielt.
Martina Voss-Tecklenburg: Wir müssen alle dafür Sorge tragen, dass mehr passiert. Ich sehe da große Chancen, speziell bei Mannschaften, die schon bei einem Männerverein etabliert sind. Dort muss es Synergien geben: Wie gewinnt man die Fans, die im Männerfußball schon da sind, auch für die Frauen? Da müssen die Klubs Ideen kreieren, mutiger sein. Die Leute werden nicht von alleine kommen, man muss sie animieren. Deshalb braucht es tolle Stadien, gute Anstoßzeiten, mehr Information. Ich finde, öffentlich-rechtliche Anstalten haben einen gesellschaftlichen Auftrag – da gehören alle Sportarten zu, nicht nur der Männerfußball, der überdimensioniert ist. Da können wir besser werden.
Als Voss-Tecklenburg mit Deutschland vor 80.000 Zuschauern in Wembley spielte
Was wird in der weiblichen Premier League denn besser gemacht als in der Bundesliga?
Martina Voss-Tecklenburg: Die Liga hat deutlich mehr Geld, weil ein großer Sponsor gefunden wurde, zudem viel vom TV investiert wird. Es gibt in England viele gute Strategien, von denen wir lernen können. Sie gehen bewusst an einem Tag, an dem die Männer bei der Nationalmannschaft sind und deren Liga ruht, mit Spielen in die großen Stadien. Tickets sind dann günstiger. Wir haben mit der Nationalmannschaft vor 80.000 Fans in Wembley gespielt – da kamen Menschen ins Stadion, die sich einen normalen Stadionbesuch bei den Männern sonst vielleicht nicht leisten können.
Es sagt aber trotzdem viel aus, wenn in der Regionalliga West der Männer Essen und Oberhausen im Derby vor mehr als 20.000 Zuschauern spielen und den Frauen des VfL Wolfsburg als einer der besten Mannschaften der Welt in der Champions League nur 869 Besuchern zusehen.
Martina Voss-Tecklenburg: Ich spanne da den Bogen etwas größer: Deutschland ist für mich nicht das Sportland, wie man es von anderen Nationen kennt, sondern in der öffentlichen Wahrnehmung dominiert vom Männerfußball. Das machen die anderen besser. Den Niederländern ist es egal, in welchem Sport ihre Mannschaften gut sind: Wenn die erfolgreich sind, gehen die Menschen dorthin. Das ist ein Bekenntnis gegenüber den Sportlerinnen und Sportlern. So ticken wir in Deutschland aber nicht, und ich würde mir wünschen, wenn da ein bisschen mehr Respekt gegenüber Leistung gezeigt wird.
Mit dem Verständnis für den Sport muss man aber sehr früh anfangen.
Martina Voss-Tecklenburg: Richtig, wir müssen Kinder damit groß werden lassen. Unser Bildungssystem ist aber nicht so aufgestellt, dass der Sport schon im Kindergarten und spätestens in der Schule wirklich gefördert wird. Wir sind ein Vereinsland, für kleines Geld sind die Kinder da schon gut untergebracht und werden sportlich ausgebildet. Das war lange top, muss nun aber mehr gefördert werden. Indem Sport in der Schule unterrichtet wird und Hallen oder Schwimmbäder nicht als erstes geschlossen werden, wenn gespart werden muss. Jeder muss wissen, wie wichtig Bewegung ist.
Aktuelle Fußball-Generation für Voss-Tecklenburg so gut ausgebildet wie nie zuvor
Bewegung trifft es, wenn wir über den Wandel im Frauenfußball sprechen. Eine These: Heute wird athletischer, dynamischer gespielt, zu Ihren Zeiten war die technische Ausbildung besser.
Martina Voss-Tecklenburg: Ich glaube es mittlerweile nicht mehr. Vielleicht wirkte er technisch besser, weil man mehr Zeit und Raum hatte. Ich weiß nicht, ob Franz Beckenbauer und seine Generation besser Fußball gespielt haben und er alles hätte so elegant lösen können mit mehr Gegnerdruck. Die Fußballerinnen heute sind technisch besser ausgebildet, als ich es je war. Mit welchem Selbstverständnis die ihren rechten und linken Fuß benutzen, irre. Davon haben wir heute ganz viele, wir hatten früher Maren Meinert und Birgit Prinz. Wir anderen waren mehr einbeinig unterwegs (lacht).
So schlimm war es ja nun nicht.
Martina Voss-Tecklenburg: Unsere Toptalente heute trainieren viel häufiger, viel akribischer. Wir müssen inzwischen allerdings sogar aufpassen, dass wir nicht zu viel trainerdominierte Übungen haben. Die Spielerinnen brauchen freie Spielzeiten, wir sind im Fußball aber teilweise viel zu früh zu erfolgs- und ergebnisorientiert. Das machen die Engländer besser. Wenn man einem Jude Bellingham von Borussia Dortmund gut zuhört, sagt er: Es war egal, wie wir gespielt haben, es ging um meine Entwicklung und meine Kompetenzen.
Viele solcher Talente kommen von der SGS Essen – was bemerkenswert ist, weil es kein Klub mit den Strukturen eines Männer-Bundesligisten ist, die mittlerweile auch in der Frauen-Bundesliga den Ton angeben. Auf Dauer können sie dann nur trotzdem nicht in Essen bleiben…
Martina Voss-Tecklenburg: Wir brauchen solche Vereine wie Essen. Es können ja nicht gleich alle Talente bei zwei, drei Topklubs spielen. Sie müssen aber spielen und die nächsten Schritte gehen können. Dafür ist die SGS ideal.
Die Konkurrenz in Europa spornt Voss-Tecklenburg beim DFB nur an
Blöd nur, dass die anderen Nationen auch so viele gute Spielerinnen haben und es schwieriger macht, Titel zu holen.
Martina Voss-Tecklenburg: Nein, blöd finde ich das nicht. Es macht die Turniere megaspannend. Ich freue mich über jede gute Fußballerin, die wir neu sehen.
Israel, der aktuelle Gegner Ihrer Mannschaft, hat sich auch neu aufgestellt.
Martina Voss-Tecklenburg: Es gibt immer mehr Länder, die investieren, die sich Expertise dazu holen. Israel hat sich einen ambitionierten Sportdirektor geholt, der Mädchen- und Frauenfußball wird auf allen Ebenen gefördert. Alle erkennen, dass das wichtig ist – und ich stelle mich dann gerne der Herausforderung, dass es schwieriger wird, Titel zu holen.
Ihr Ehrgeiz ist immens. Wie groß ist der Druck, dass Deutschland nach sechs Jahren mal wieder ein Turnier gewinnt?
Martina Voss-Tecklenburg: Es brennt in allen, die dabei sind, keine Sorge. Ich war immer leistungsorientiert, ich will auch heute noch jedes Kartenspiel gewinnen. Ich sehe aber nicht nur die Titel, sondern auch den Auftrag, die Spielerinnen weiterzuentwickeln. Ich bin heute eine andere Trainerin als früher. Wir schüren Erfolgsdruck und ordnen uns dem Leistungsgedanken unter. Wir ordnen den Fußball aber auch objektiv ein – mit all seiner Wichtigkeit, manchmal auch seiner Unwichtigkeit.
Voss-Tecklenburg: Deutschland soll immer Favorit bei der WM oder EM sein
Um Turnier-Teilnahmen muss man sich ja in Deutschland noch nicht sorgen.
Martina Voss-Tecklenburg: Wir fahren im nächsten Sommer zur EM nach England, am Donnerstag werden die Gruppen ausgelost. Unser Anspruch ist es, dass natürlich Deutschland genannt wird, wenn nach den Titelfavoriten gefragt wird. Bei der WM hat es vor zwei Jahren noch nicht dazu gereicht, das auch umzusetzen. Ich bin mir aber sicher, dass man sich in England schwer tun wird, uns mit den jungen, aber auch mit den etablierten Spielerinnen zu schlagen.
Dann erinnern Sie sich doch bitte an Ihre Zeit als Chefredakteurin: Welche Überschrift würden Sie denn den Leserinnen und Lesern gerne am 31. Juli 2022 präsentieren?
Martina Voss-Tecklenburg: Das ist der Finaltag, nicht? Dann mache ich doch eine Schlagzeile mit einem Augenzwinkern: Hansi gratuliert zum EM-Sieg. (Männer-Bundestrainer Flick, d. Red.) Das wäre was.