Leverkusen. Am Dienstag muss sich Lucas Hernández vor einem Gericht in Madrid verantworten. Trainer Nagelsmann lobt den Bayern-Profi aus sportlicher Sicht.

Lucas Hernández war allgegenwärtig, nur nicht wirklich da. Es gibt den einfachen Weg, auf dem die Fußballprofis nach einem Bundesligaspiel das Stadion von Bayer Leverkusen hin zum draußen parkenden Mannschaftsbus verlassen: durch einen langen, ziemlich in rot gehaltenen Gang, wo sie üblicherweise vorher Journalisten noch ihre Meinung zur Partie darlegen. Hernández, 25 Jahre alter Verteidiger des FC Bayern, nahm am Sonntagabend nach dem Münchener 5:1 bei der Werkself den anderen Weg nach draußen: unerreichbar für die Reporter und unangenehme Fragen.

Am Mittwoch spielt Bayern München bei Benfica Lissabon

Die stehen dem Franzosen schon am Dienstag zu Genüge bevor: Hernández hat 24 Stunden vor dem Champions-League-Spiel des FC Bayern bei Benfica Lissabon vor einem Strafgericht in Madrid zu erscheinen und damit zu rechnen, innerhalb der nächsten zehn Tage eine sechsmonatige Haftstrafe antreten zu müssen. Der in Marseille geborene Profi war während seiner Zeit bei Atlético Madrid nach einem Streit mit seiner Lebenspartnerin wegen häuslicher Gewalt verurteilt worden. Eine Konsequenz war ein Kontaktverbot zu der damaligen Freundin, die inzwischen aber seine Angetraute ist. Zur Versöhnung flogen die beiden damals gemeinsam in den Urlaub – Hernández missachtete damit das Urteil, das Kontaktverbot galt auch im Falle einer Versöhnung. Nun hat er bei der nächsthöheren Instanz Rechtsmittel eingelegt, um nicht die Strafe in einer spanischen Justizvollzugsanstalt seiner Wahl antreten zu müssen.

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So ungewöhnlich diese Situation für einen Fußballprofi auch ist, so sehr war Hernández am Sonntag um Normalität bemüht. Unterstützung erfuhr der Franzose vereinsintern, indem man sich gar nicht dazu äußern wollte: Das sei seine Privatsache, erklärte Bayern-Boss Oliver Kahn, und bei juristischen Angelegenheiten „glaube ich, gibt es auch ein großes Verständnis, dass wir uns im Rahmen dieser Verfahren nicht äußern werden“. Eine Belastung für Hernández‘ Leistung war jedenfalls nicht spürbar. Die Knie-Hebel-Läufe des Innenverteidigers beim Aufwärmen wirkten genauso geschäftsmäßig abgespult wie die Zweikämpfe während der 90 Minuten. Wie bei allen Defensivorientierten kam an diesem Tag auch der Offensivdrang nicht zu kurz. „Das war seine beste Saisonleistung – gerade was das Spiel mit dem Ball angeht“, lobte FCB-Trainer Julian Nagelsmann seinen Spieler daher und fügte hinzu. „Verteidiger kann er ja ohnehin mit großer Leidenschaft und gerne.“ Wie gut er das kann, wird Lucas Hernández vor allem am Dienstag zeigen müssen – diesmal abseits des Fußballrasens.