Stuttgart. Der neue Bundestrainer Hansi Flick sorgt schon am ersten Arbeitstag für Veränderungen. Kapitän Manuel Neuer formuliert offensive Ziele.

Hansi Flick wedelt mit den Armen. „Tempo, Männer, Tempo, Tempo!“, brüllt der Bundestrainer. Dann steckt er die Hände wieder in die Taschen seiner weißen Regenjacke und beobachtet, was seine neue Mannschaft so treibt auf dem Rasen des ADM-Sportparks in Stuttgart – wo sie sich auf die drei WM-Qualifikationsspiele gegen die Außenseiter Liechtenstein am Donnerstag, Armenien (5. September) und Island (8. September, alle 20.45 Uhr/RTL) vorbereitet.

Bundestrainer Flick – an die Wortkombination müssen sich auch die Spieler erst einmal gewöhnen nach 17 Jahren Joachim Löw. Und an neue Inhalte auch. Es geht nun vor allem um Tempo, um schnelles Umschalten und aggressives Pressing – das zeigt schon die erste Trainingseinheit.

„Wir wollen Tempo in die Trainingseinheiten bekommen, wir wollen Intensität, wir wollen auf und neben Platz große Aktivität haben – diese drei Schlagworte haben wir uns für die erste Trainingswoche vorgenommen“, erklärt Danny Röhl. Der Co-Trainer ist Flick vom FC Bayern zur Nationalmannschaft gefolgt, er kennt den neuen Bundestrainer bestens. Der 32-Jährige leitet am Montag große Teile der Trainingseinheit – und er tritt nach außen als selbstbewusstes Gesicht des Wandels beim DFB auf.

Bundestrainer Flick beweist: Das Team steht im Vordergrund

Der 56-jährige Flick nämlich hält sich zurück an seinem ersten Arbeitstag mit der Nationalmannschaft. Zur Pressekonferenz erscheint er nicht selbst, sondern überlässt das Podium seinen vier Assistenten: Röhl, dem neuen Torwarttrainer Andreas Kronenberg (46) vom SC Freiburg, den dänischen Standard-Spezialisten Mads Buttgereit (36) und Marcus Sorg (55), der schon Löw als Assistent diente und den Umbruch überstand.

Der neue Bundestrainer Hansi Flick (mitte) und sein Trainerteam: Marcus Sorg (links), Danny Roehl (zweiter von links), Mads Buttgereit (zweite von rechts) und Andreas Kronenberg.
Der neue Bundestrainer Hansi Flick (mitte) und sein Trainerteam: Marcus Sorg (links), Danny Roehl (zweiter von links), Mads Buttgereit (zweite von rechts) und Andreas Kronenberg. © AFP

Ein ist natürlich auch ein Zeichen nach außen: Das Team steht im Vordergrund, der neue Bundestrainer ist kein Alleinherrscher. Ein weiteres Zeichen: Statt am Montag ließ Flick die Spieler schon am Sonntag anreisen. „Wir wissen, dass wir nur eine kurze Zeit gemeinsam mit den Spielern zur Verfügung haben, die wollen wir optimal nutzen“, hat er vorher erklärt. Es gibt viel zu tun, es wird sich vieles ändern – ein Signal des Aufbruchs soll von Stuttgart ausgehen, atmosphärisch und inhaltlich.

„Wir wollen für modernen, erfolgreichen, aktiven, intensiven und auch schönen Fußball stehen“, hat Flick dem ARD-Hörfunk gesagt. Dominant soll die Mannschaft auftreten, die Bälle früh erobern und dann schnell in Richtung des gegnerischen Tors spielen, mit Mut zum Risiko.

DFB-Kapitän Manuel Neuer von Flick überzeugt

Aber geht das, was mit dem FC Bayern so hervorragend glückte und zu sieben Titeln in gut anderthalb Jahren führte, auch mit einer Nationalmannschaft, die den Kontakt zur Weltspitze zuletzt verloren hatte? Es geht – meint Manuel Neuer, der auch unter Flick Kapitän bleibt. „Ich glaube an diese Mannschaft, weil ich weiß, welches Potenzial wir haben“, sagt Neuer. „Wir haben das nur bei den Turnieren zuletzt nicht abrufen können.“

Deutschlands Kapitän Manuel Neuer.
Deutschlands Kapitän Manuel Neuer. © getty Images

Das Potenzial freilegen, dass unter Löw immer seltener durchschien – das ist der Auftrag für den neuen Bundestrainer. Er soll den Fußball nicht neu erfinden, aber mit seriöser Arbeit und den richtigen Handgriffen wieder das Maximum aus der Mannschaft herauszuholen. Zum Beispiel mit dem neuen Standardtrainer Buttgereit, der schon zum ersten Training hochmoderne Analysetechnik aus dem Golfsport mitgebracht hat. Man will wieder innovativer sein beim DFB, nachdem die Spätphase unter Löw zunehmend bleiern war.

Neuer: "Ich möchte mit dieser Mannschaft Weltmeister werden"

Am Ende aber zählt auch beim DFB vor allem: das Ergebnis. „Es geht nicht darum, spektakulär zu sein, sondern effektiv“, sagt Buttgereit, und dieser Satz könnte auch von Flick stammen. Der neue Bundestrainer nämlich ist ein großer Pragmatiker – und ein Freund klarer Entscheidungen: In Zukunft wird wieder Viererkette gespielt, Joshua Kimmich bleibt im Mittelfeld – und bei den Torhütern ist die Hierarchie eher noch klarer, als sie schon bei Löw war: „Die Nummer eins muss wissen, dass sie die Nummer eins ist“, sagt Kronenberg, der auf Andreas Köpke folgt. Und die Nummer eins bleibt Neuer.

Entschieden hat das natürlich nicht Kronenberg allein, denn bei allem Teamgedanken: Der klare Chef ist Flick. Und der scheut auch keine klaren Ansagen, für die drei WM-Qualifikationsspiele hat er drei Siege vorgegeben. „Wir wollen uns qualifizieren – ohne Wenn und Aber“, lautete die Ansage. „Das ist für Deutschland ein Muss.“ Und Kapitän Neuer denkt schon weiter: „Ich möchte mit dieser Mannschaft Weltmeister werden.