Dortmund. Der BVB startet mit einer neuen Frauenmannschaft in die Kreisliga. Der Plan ist ehrgeizig: In nur wenigen Jahren soll es ganz nach oben gehen.
Es dauerte fast eine Minute, bis das Spiel zwischen Borussia Dortmund und 1860 München nach einem Aus-Ball fortgesetzt wurde. Die Männer-Bundesliga wird für die BVB-Fans am Samstag im benachbarten Signal-Iduna-Park mit der Partie gegen Eintracht Frankfurt eingeläutet (18.30 Uhr/Sky), im altehrwürdigen Stadion Rote Erde aber feierte das Frauen-Team der Borussia seine Premiere vergangenes Wochenende im Testspiel gegen die Münchenerinnen. Hier heißt es nun Kreisliga statt Bundesliga. Mit allem, was dazugehört. Also auch mit längeren Unterbrechungen nach Aus-Bällen.
Mit Erfahrung in den Aufstiegskampf
Geht es nach dem BVB, soll so einiges bald schneller gehen. Auch der Weg hinauf in Deutschlands-Frauen-Topliga. „Im Idealfall wollen wir den maximalen Erfolg auf dem schnellsten Weg erreichen“, sagt Annike Krahn (36), die Welt- und zweimalige Europameisterin, die insgesamt 137 Spiele für die Nationalmannschaft bestritt. Gemeinsam mit dem ehemaligen BVB-Profi Christian Timm (42) wird sie die neugegründete Frauenfußball-Mannschaft des BVB beratend begleiten.
Geduld werden Krahn und der BVB dabei aber brauchen. Andere im Männerfußball bereits etablierte Klubs übernahmen in der Vergangenheit die Lizenz eines Frauen-Zweit- oder Drittligisten, die Dortmunder Frauen fangen aber – wie vergangenes Jahr auch Revierkonkurrent Schalke 04 mit seinem neuen Frauenteam – in der untersten Spielklasse an.
Der BVB sicherte sich viel Expertise
Und doch wirkt der eingeschlagene Weg der Dortmunder wie ein am Reißbrett entworfener Plan. Mit Timm und Krahn hat sich der Verein Kompetenz gesichert, in Thomas Sulewski gibt es einen Trainer, der das bisherige Aushängeschild des Dortmunder Frauenfußballs, den SV Berghofen, bereits in der 2. Liga betreute. Trainiert wird auf dem ehemaligen Trainingsgelände der Männer an der Strobelallee. Auf dem Feld stehen seit einigen Wochen Spielerinnen, die wie Lisa Klemann bereits deutlich höherklassig gespielt haben.
Klemann kommt wie ihr Trainer vom SV Berghofen, der jüngst aus der 2. Liga in die Regionalliga abgestiegen ist. Stephan Gebling, der Sportlicher Leiter der Berghofenerinnen, ist aber keiner zum BVB gewechselten Spielerin böse. Konkurrenz belebe das Geschäft, sagt er. Aber eine wirkliche Konkurrenz ist der BVB für andere höherklassige Vereine in der Umgebung nicht. Noch nicht.
150 Fußballerinnen bewarben sich
Denn das Potenzial ist unumstritten. Alleine der Name Borussia Dortmund zieht, er hat eine ganz besondere Strahlkraft. 150 Fußballerinnen hatten sich auf einen Platz im ersten BVB-Team beworben, 24 wurden Anfang Juli ausgewählt. Sie sind zwischen 16 und 38 Jahre alt, bringen Erfahrungen aus verschiedensten Ligen mit. Eine von ihnen ist Ann-Kathrin Lau, die ihren Heimatverein nie verlassen wollte – es sei denn, der BVB gründet eine Mannschaft.
Dass jene Ann-Kathrin Lau auch noch das erste Tor in der Geschichte des schwarz-gelben Frauenfußballs erzielte, passt perfekt in diesen erfüllten Kindheitstraum. So wie sich der Traum ihrer Mitspielerinnen erfüllte, als sie am Sonntag unter dem Beifall der Zuschauer nach dem 3:1-Erfolg über 1860 München ihre Ehrenrunde drehten.
1300 Zuschauer beim ersten Spiel
In der Vergangenheit hatten Nationalspielerinnen wie Alexandra Popp und Lina Magull lautstark ein Engagement des BVB gefordert, um dem Frauenfußball mehr Strahlkraft zu verleihen in Zeiten, in denen immer weniger Mädchen den Weg zum Sport finden. Bei den Frauen müssen häufig Ligen aus mehreren Kreisen zusammengelegt werden, damit überhaupt noch ein Spielbetrieb zustande kommt. Und selbst bei den führenden Frauenteams Bayern München und VfL Wolfsburg finden sich häufig nur knapp 1000 Zuschauer ein. Beim Testspiel des BVB gegen 1860 München waren es stolze 1300.
„Alle Vereine in der Umgebung erhoffen sich durch den BVB einen Push für den Frauenfußball in der Region“, sagt Berghofens Stephan Gebling. Am 12. September steigt das erste Spiel in der Kreisliga, der BVB ist Aufstiegsfavorit. Experten gehen davon aus, dass die Dortmunderinnen in zwei oder drei Jahren in der Landesliga, in sieben oder acht in der 2. Liga spielen. Spätestens dann wird es auch Balljungen oder -mädchen bei Heimspielen geben.