Split. Die deutschen Basketballer fahren nach Tokio! Im Finales des Qualifikationsturnier besiegt die DBB-Auswahl starke Brasilianer.
Mit Tränen in den Augen fiel Henrik Rödl seinen Co-Trainern in die Arme und klatschte mit seinen Spielern ab. Es war geschafft, Deutschlands Basketballer jubelten, sie sprangen auf dem Spielfeld auf und ab und schrien ihre Freude heraus. Deutschland, der krasse Außenseiter, hat das Olympiaqualifikationsturnier im kroatischen Split gewonnen und mit dem 75:64 (36:34)-Finalsieg gegen Brasilien das Ticket für die Sommerspiele in Tokio (ab 23. Juli) gelöst. Neben den Handball-, den Fußball-Männern und den beiden Hockeyteams wird es also doch noch einen weiteren deutschen Vertreter in den olympischen Mannschafts-Wettbewerben geben. Es war eine Sensations-Qualifikation.
Umarmung von Michael Jordan
Für Bundestrainer Henrik Rödl schloss sich mit dem Turniersieg in Kroatien auch ein Kreis. 1992 war er als Spieler bei Olympia in Barcelona dabei. Am Ende gab es den siebten Platz und eine unvergessliche Szene: Das legendäre „Dream Team“ der USA hatte die Deutschen mit 111:68 auseinandergenommen. Vor Ehrfurcht erstarrt blickten die deutschen Spieler bei der Verabschiedung auf die übermächtigen Gegner, als der König der Mächtigen auf einen der ihren zuschritt. Michael Jordan wechselte ein paar Worte mit Henrik Rödl und verabschiedete sich mit einer Umarmung. Rödl spielte zum damaligen Zeitpunkt noch in den USA für die Universität von North Carolina – der Hochschule, für die zuvor auch die wohl größte Basketball-Ikone überhaupt aufgelaufen war.
Nun also wird Rödl noch einmal Olympia erleben. 52 Jahre ist der gebürtige Offenbacher alt und noch ist nicht klar, wie es für ihn weitergeht. Sein auslaufender Vertrag hat sich mit dem Erreichen der Sommerspiele um einige Wochen bis zum Turnier-Ende verlängert. Doch er beschäftige sich nicht mit den Gerüchten um einen Nachfolger, hatte Rödl jüngst immer wieder gesagt und die Konzentration auf Tokio in den Vordergrund gerückt. Nun kann er das Turnier im Zeichen der fünf Ringe angehen und genießen. Zu dem hat ihn ein Team gebracht hat, dem dies kaum einer zugetraut hatte. Sechs Nationen, nur ein Ticket, dazu der Ausfall von NBA-Star Dennis Schröder, dessen Versicherungssumme für den Deutschen Basketball-Bund nicht zu stemmen war. Doch was mit einem wackligen 82:76 gegen Mexiko begann, sich mit einem mühevollen 69:67 gegen Russland fortsetzte und in einem starken 86:76 im Halbfinale gegen Kroatien einen vorläufigen Höhepunkt fand, wurde am Sonntag noch einmal gekrönt. Beim Sieg gegen Brasilien stach NBA-Profi Moritz Wagner mit 28 Punkten heraus, der 24-Jährige wurde auch als wertvollster Spieler des Turniers ausgezeichnet.
Wagner reißt durch Emotionen mit
Am Ende war es aber eine Teamleistung, die zum größten Erfolg in Rödls Amtszeit führte und auch eine Art Wiedergutmachung für die desolate WM 2019 mit dem 18. Platz war. Da war Center Johannes Voigtmann, der das Offensivspiel häufig mit klugen Pässen unter dem eigenen Korb einleitete. Da war Wagner, der das Team mit seinen emotionalen Ausbrüchen immer wieder mitriss. Kapitän Robin Benzing lief nimmermüde übers Spielfeld und übernahm in entscheidenden Phasen Verantwortung. Wie auch Aufbauspieler Maodo Lo, der mit seiner 29-Punkte-Gala gegen Kroatien für den Finaleinzug gesorgt hatte. Joshiko Saibou, höchst umstritten wegen der Teilnahme an Querdenken-Demos, zeigte sich höchst effizient auf dem Spielfeld. Sie alle werden nun nach Tokio fliegen. Dort werden sie zwar nicht wie Rödl einst gegen das legendäre Dream Team spielen. Ein wahrgewordener Traum ist es trotzdem.