Essen. In der Sportschau-Mediathek zeigt eine kurze Dokumentation die Geschichte deutsch-englischer Fußball-Duelle - und viel mehr. Eine Kolumne.

Der ekstatische Torjubel ist unverändert. Aber sonst? Wer sich vor dem EM-Achtelfinale in London der kleinen Rückschau zur Historie deutsch-englischer Duelle seit 1966 hingibt, die in der Sportschau-Mediathek steht, kann sich natürlich an fußballerischem Glanz und Elend weiden – oder er schaut auf das Geschehen am Rande.

Netzers Mähne der 70er, die überdimensionale Brille des Kaisers von 1990 oder die tätowierten Waden, Arme und Nacken der aktuellen Generation verbinden sich zu einer zeitreisenden Stilkritik.

Als das Fernsehen noch Distanz wahrte

Jenseits des begeisterten Torjubels jedenfalls schien einst alles kontrollierter. Die Reporter bemühten sich um Zurückhaltung, die straßenbefragten Fans um ganze, zusammenhängende Sätze. Das vergleichsweise junge Medium wahrte gesittete Distanz. Die ist unterwegs – irgendwo zwischen Privatfernsehen und Handykamera – verloren gegangen.

 Es ist doch schön, dass junge Männer sich ihrer Tränen nicht mehr schämen müssen und Endvierziger sich, wenn sie das wollen, TV-öffentlich in hautenge Catsuits zwängen und wischmopartige Perücken in Landesfarben auf den Kopf stülpen können.

Und dennoch:  Angesichts der in Anzug und Krawatte zum Spiel strebenden Fußballfans von 1966 regt sich ein zarter Hauch von Wehmut. Früher war natürlich nichts besser. Aber irgendwie war es schon auch cool.