Riga. Die deutsche Eishockey-Mannschaft spielt bei der WM gegen Finnland um den Finaleinzug. Ein Ex-Nationalspieler traut dem Team sogar den Titel zu.
Noch ein Sieg fehlt, um diese verflixte Serie zu beenden. Deutschland und die Eishockey-Weltmeisterschaft – es war in den vergangenen Jahrzehnten keine innige Beziehung. 1953 hat eine Auswahl des Deutschen Eishockey-Bundes (DEB) dort zuletzt eine Medaille errungen. Silber war es beim Turnier mit aber nur vier Teilnehmern. Es folgten Abstiege, Enttäuschungen. Seitdem kam das deutsche Team nur einmal unter die letzten Vier: bei der Heim-WM 2010.
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„Schon damals waren wir so knapp dran an einer Mega-Sensation“, erinnert sich der frühere Nationalspieler Christian Ehrhoff. Im Halbfinale gegen Titelverteidiger Russland habe damals ein Konter den Unterschied gemacht. „Das war bitter“, meint der 38-Jährige. Doch der Moerser ist optimistisch, dass sich ein Teil der Geschichte nicht wiederholt. Zwar geht es im Halbfinale heute (17.15 Uhr/Sport 1) wieder gegen den amtierenden Titelträger. Der aber heißt diesmal Finnland – und die Chancen, für einen Riesen-Coup zu sorgen, stünden besser als vor elf Jahren.
Nach dem Viertelfinal-Krimi gegen die Schweiz am Donnerstag, als der Berliner Marcel Noebels beim entscheidenden Penalty tief in die Trickkiste griff, hat das DEB-Team wieder eine Euphoriewelle gepackt, die es schon 2018 sensationell zu Silber bei Olympia trug.
„Wenn man Weltmeister werden will“, sagt Kapitän Moritz Müller mit einem Lachen, „muss man jeden schlagen.“ Warum Grenzen setzen, wenn man auch den Titel holen kann? „Zu der Geschichte, die die Jungs hier schreiben“, erklärt Bundestrainer Toni Söderholm vor dem Duell mit seinen Landsleuten, „kommen noch Kapitel dazu.“
Ehrhoff war vor drei Jahren in Pyeongchang dabei, fiebert und leidet noch immer mit. „Beim Spiel gegen die Schweiz war mein Puls höher, als wenn ich selbst mitgespielt hätte“, sagt der frühere NHL-Profi. „Die Mannschaft zeichnet Wille und Einsatz aus. Jeder Spieler versucht, jeden Schuss zu blocken, es wird sich reingeschmissen und über 60 Minuten gekämpft.“
Duelle auf Augenhöhe
Tugenden, die im Halbfinale gegen Finnland genauso gefragt sein werden wie die nächste überragende Torhüter-Leistung von Mathias Niederberger. Im Gruppenspiel (1:2) unterlag das DEB-Team noch knapp. „Da war mehr drin“, meint Ehrhoff. „Letztlich hat das Spiel ein kleiner Fehler entschieden, den die Finnen eiskalt ausgenutzt haben. Aber warum soll es nun nicht andersherum laufen?“
Im zweiten Halbfinale stehen sich Kanada und die USA gegenüber. Ebenfalls zwei Gegner, mit denen sich Deutschland in der Gruppenphase auf Augenhöhe duellierte. „Warum nicht?“, antwortet Ehrhoff auf die Frage, ob daher nicht sogar der Titel drin ist. „Natürlich muss vieles richtig laufen, das ist klar. Man spielt schließlich gegen Mannschaften, die qualitativ höher einzuschätzen sind.“
Apropos Parallelen. Die gibt es ja nicht nur zu 2010. Auch bei Olympia gewann das deutsche Team – wie bei der Heim-WM – im Viertelfinale gegen die Schweiz. Und besiegte dann in Pyeongchang den großen Favoriten Kanada im Halbfinale. „Da kommt schon wieder das Feeling auf, auch die Erinnerung“, sagt Penalty-Held Noebels. „Vom Zusammenhalt her ähnelt sich vieles.“ Und dann ist vielleicht heute schon die verflixte Serie Geschichte.