Dortmund. Der BVB spielt gegen Leipzig um den Einzug in die Königsklasse und den Pokalsieg. Aber wer ist die zweite Macht? Ein Vergleich.

Michael Zorc kann mit dem Thema nicht viel anfangen. „Die Frage nervt langsam ein bisschen“, sagt der Sportdirektor von Borussia Dortmund, als vor dem Bundesligaspiel des BVB gegen RB Leipzig (Samstag, 15.30 Uhr/Sky) wieder einmal die Frage kommt: Welcher der beiden Klubs ist eigentlich die zweite Kraft im deutschen Fußball hinter dem Serienmeister FC Bayern?

Die Frage wird aktuell noch lauter als sonst gestellt, da sich die beiden Klubs in den kommenden Tagen nicht nur im Ligaendspurt, sondern auch im Pokalfinale in Berlin gegenüberstehen. „Ich weiß nicht, ob wir immer anhand weniger Monate bemessen sollten, wer zweite oder dritte Kraft ist“, sagt Zorc. „Dafür haben wir die Tabelle.“

Die spricht eine klare Sprache: RB liegt mit 64 Punkten auf Rang zwei, hat noch theoretische Chancen auf die Meisterschaft. Der BVB dagegen muss als Tabellenfünfter mit 55 Zählern um den Einzug in die Champions League bangen. Aber reicht die Tabelle, um eine klare Antwort zu geben? Nein, findet BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke. „Um die zweite Kraft in Deutschland zu sein, gehört viel dazu“, sagte er kürzlich im Gespräch mit dieser Redaktion. „Sportlicher Erfolg über einen langen Zeitraum, Strahlkraft, Fans. Das Gesamtpaket ist wichtig.“

Vergleicht man die Kriterien, die der BVB-Boss anlegt, spricht tatsächlich einiges für den BVB. Aber der Rivale aus dem Osten holt auf, zumindest in einigen Bereichen.

BVB gegen RB Leipzig: Der sportliche Erfolg

Borussia Dortmund ist achtmaliger Deutscher Meister. Seit Leipzig 2016 in die Bundesliga aufstieg, landete die Borussia in drei von vier Spielzeiten vor den Sachsen, gewann zudem 2017 den DFB-Pokal. Der einzige Titel in Leipzigs Vereinschronik ist der Sachsenpokal. Andererseits drang RB in der vergangenen Saison bis ins Champions-League-Halbfinale vor, holte zudem seit dem Aufstieg nur drei Punkte weniger als der BVB.

BVB gegen RB Leipzig: Die Strahlkraft

In Dortmund lautet das Motto: echte gegen käufliche Liebe. Oder, wie es Watzke mal formulierte: „Bei Rasenballsport, wie sie ja tatsächlich heißen, haben wir das erste Mal – auch im Gegenteil zu Hoffenheim oder Wolfsburg – den Fall, dass da nichts, aber auch gar nichts historisch gewachsen ist. Da wird Fußball gespielt, um eine Getränkedose zu performen.“

Watzke hat ein sehr genaues Gefühl für Stimmungslagen bei den Traditionalisten, spricht gerne auch den Ultra an – das unterscheidet ihn vom smarten Leipzig-Boss Oliver Mintzlaff. Und damit passen beide gut zu ihren Klubs. Hier der 1909 gegründete BVB, der sich zwar längst an die Börse begeben hat, aber immer noch als volksnah versteht. Dort der am Reißbrett geplante Klub, der 2009 das Startrecht des fünftklassigen SSV Markranstädt übernahm und dann mit den Millionen von Red Bull nach oben strebte.

BVB gegen RB Leipzig: Die Fans

Rund 160.000 Mitglieder hat der BVB, ganze 21 RB Leipzig – handverlesen und eng mit Red Bull verbandelt. 910.000 Zuschauer verfolgten im Schnitt die Dortmunder Spiele bei Sky, bei RB sahen 480.000 zu. Den BVB, sein Stadion, seine lautstarke Gelbe Wand kennt man auf der ganzen Welt – das war ein Faktor, der einen Erling Haaland lockte. Leipzig hätte ihn ebenfalls gerne geholt, er ging vom Schwesterklub RB Salzburg aber lieber nach Dortmund. Der BVB ist attraktiv für aufstrebende Spieler, kann Stars wie Jadon Sancho wie im vergangenen Sommer auch mal gegen die Avancen von Topklubs halten. Leipzig dagegen verliert seinen Trainer Julian Nagelsmann und den besten Abwehrspieler Dayot Upamecano an den FC Bayern. Immerhin: Stammtorwart Peter Gulacsi, den der BVB genauestens beäugt hatte, verlängert bis 2025.

BVB gegen RB Leipzig: Die Ausgangslage

„Wir brauchen eine Topleistung“, sagt BVB-Trainer Edin Terzic. Er hat Spitzenspieler wie Sancho und Haaland, Leipzig nicht. Dafür ist der Kader der Sachsen ausgewogener, tiefer – das ermöglicht mehr Taktierereien vor dem Pokalfinale. Abseits des Rasen bleibt der BVB die zweite Macht. Doch wer sportlich die Nase vorn hat, wird sich in den zwei Spielen zeigen.