Essen. Zwölf Spitzenklubs gründen eine eine Super League, die Uefa will sie aus ihren Wettbewerben verbannen. Experten sind skeptisch, ob das geht.
Aleksander Ceferin nahm kein Blatt vor den Mund. Nacheinander knüpfte sich der Präsident der Europäischen Fußball-Union (Uefa) diverse Klubbosse vor. Ed Woodward, Eigentümer von Manchester United, habe ihn angelogen. Andrea Agnelli, Präsident von Juventus Turin, sei „die größte Enttäuschung von allen“, ein Zerstörer des Fußballs, getrieben von Gier.
Es waren Worte, wie man sie selten zu hören bekommt im Verbandsfußball, weil das Meiste sonst in Hinterzimmern geregelt wird. Die Zeit der Hinterzimmer-Diplomatie aber ist vorbei: In der Nacht zuvor hatten zwölf Klubs den Bruch mit der Uefa vollzogen und die Gründung einer eigenen Super League verkündet, einer mehr oder weniger geschlossenen Liga.
Schielen auf die TV-Töpfe
Beteiligt sind neben Juventus und United der FC Barcelona, Real und Atlético Madrid, Manchester City, der FC Liverpool, FC Chelsea, FC Arsenal, Tottenham Hotspur sowie die Mailänder Klubs AC und Inter. Drei Klubs sollen noch fest hinzu kommen, fünf weitere sich jährlich qualifizieren. Alle werden gelockt vom großen Geld: 3,5 Milliarden Euro stellt die US-Investmentbank JP Morgan den Gründungsmitgliedern als eine Art Teilnahmeprämie in Aussicht.
Gegenfinanziert werden soll dies vor allem durch Fernsehgelder: 2022 laufen die TV-Verträge in England und Spanien aus, 2024 in Italien und bei der Uefa – auf diese Töpfe schielen die Abtrünnigen.
Uefa-Boss Ceferin droht mit Ausschluss
Auch deswegen wettern Verbände und Ligen gegen die Pläne – auch in Deutschland. Und Ceferin droht: „Spieler, die in diesen Teams spielen, werden von Weltmeisterschaften und Europameisterschaften ausgeschlossen“, verkündete er. Zudem sollten die Klubs aus den nationalen Wettbewerben verbannt werden und auch aus der Champions League fliegen – am besten sofort.
Wie er das umsetzen will, ohne gegen europäisches Wettbewerbsrecht zu verstoßen, konnte der erboste Uefa-Präsident nicht erklären. Obwohl seit Jahren von einer Super League geraunt wird, wirkte die Uefa seltsam unvorbereitet.
Der Düsseldorfer Sportrechtler Paul Lambertz hält die Chancen des europäischen Verbandes ohnehin für gering. „Denn rechtlich ist die Uefa Monopolist, schließlich ist sie der einzige Anbieter eines europäischen Wettbewerbs“, sagt er im Gespräch mit dieser Zeitung. „Sie darf also nicht alles machen, was sie will. Insbesondere darf sie sich nicht einfach mit Sanktionen gegen aufkommende Konkurrenz wehren.“
Bayern und BVB an Plänen nicht beteiligt
Das habe die Kommission schon entschieden, als die Internationale Eislauf-Union (ISU) ihre Athleten daran hindern wollte, an Wettbewerben außerhalb des Weltverbands teilzunehmen. „Die Uefa wird das daher auch nicht dürfen“, sagt Lambertz. „Sie darf die Klubs und Spieler nicht von ihren Wettbewerben verbannen, nur weil sie auch bei der Konkurrenz spielen.“
Die Lage ist diffizil, auch für die deutschen Spitzenklubs Bayern München und Borussia Dortmund. Die Initiatoren der Super League hätten auch die deutschen Branchengrößen gerne dabei, die suchen am Montag noch nach einer klaren Position: „Der FC Bayern hat sich an den Planungen einer Super League nicht beteiligt“, beteuert Bayern-Vorstand Karl-Heinz Rummenigge. In Dortmund heißt es, dass man von der Verkündung am Sonntag kalt erwischt wurde.
Keine klare Absage
In einem knappen Statement verweist BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke auf die europäische Klubvereinigung ECA, die sich erst am Freitag unter Beteiligung der Dortmunder und Münchener zu einer reformierten Champions League bekannt hatte. „Es war die klare Meinung der Mitglieder des ECA-Boards, dass man die Pläne zur Gründung einer Super League ablehnt“, meinte Watzke. „Wir sind davon überzeugt, dass die aktuelle Statik im Fußball eine seriöse Basis garantiert“, erklärte Bayern-Boss Karl-Heinz Rummenigge. „Ich glaube nicht, dass die Super League die finanziellen Probleme der europäischen Klubs lösen wird, die durch Corona entstanden sind.“
Es war Kritik, aber keine klare Absage an eine Teilnahme am neuen Super-Wettbewerb. Die deutschen Klubs hoffen zurzeit noch, dass sich Uefa und die Abtrünnigen wieder annähern, weil die Kritik von Fans und aus der Politik gewaltig ist – sonst werden sie bald entscheiden müssen, ob sie dabei sind. Lehnen sie die Super League ab, ist der Applaus der Fans sicher. Das große Geld aber würde anderswo verdient, nicht in einer zweitklassigen Champions League gegen Krasnodar, Liberec und Marseille.
Fanvertreter warnen
Zudem treibt viele Klubs schon lange die Sorge um, dass der Fußballkonsument der Zukunft anders tickt, dass er gerne Stars wie Lionel Messi, Kylian Mbappé und Erling Haaland spielen sieht, egal welches Trikot die tragen. Und diese Stars könnten sich künftig in der Super League ballen. Kann man es sich da leisten, außen vor zu bleiben?
Sollte man, findet Jakob Scholz, Vorstand der Fan- und Förderabteilung im BVB. „Ein Einstieg des BVB in die Super League wäre ein extremes und einschneidendes Ereignis, was zu massiven Protesten von Fans aller Couleur führen wird“, sagt er. „Man würde den Verlockungen des Geldes erliegen, aber alle anderen Aspekte, die Borussia Dortmund und die Werte unseres Vereins ausmachen, mit Füßen treten.“