Duisburg. Nach dem 1:2 gegen Nordmazedonien steht Bundestrainer Joachim Löw in der Kritik. Ein schneller Trainerwechsel aber ist nicht geplant.

Es herrschte ausgelassene Stimmung in Duisburg, es wurde gehupt es wurde gesungen, es wurde gefeiert - zumindest bei jenem eng umrissenen Personenkreis, der es mit der Nationalmannschaft Nordmazedoniens hält. Tatsächlich hatte sich ein kleines Grüppchen an Fans während des Spiels am Duisburger Stadion versammelt, und der Abend lieferte ihnen mehr, als vorher ernsthaft zu erwarten gewesen wäre.

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Nordmazedonien hatte tatsächlich den großen Favoriten Deutschland 2:1 (1:0) geschlagen. Ein Land mit zwei Millionen Einwohnern, in der Fifa Weltrangliste auf Platz 65 gelistet. Der einzige Spieler von internationalem Format, Goran Pandev, ist bereits 37 Jahre alt. "Das ist unsere Tradition, dass wir große Gegner ärgern", freute sich Nationaltrainer Igor Angelovski. "Und heute haben wir einen der größten Gegner besiegt, den viermaligen Weltmeister."

Zweite verheerende Niederlage für die Nationalmannschaft

Besonders weltmeisterlich aber fühlte sich beim DFB niemand. Die Niederlage gegen den Fußballzwerg Mazedonien war die erste in einem WM-Qualifikationsspiel seit 2001, seit dem 1:5 gegen England. Zuvor hatte es nur eine weitere in diesem Wettbewerb gegeben, ein 0:1 gegen Portugal im Jahr 1985.

Das zeigt die Dimensionen der Niederlage, entsprechend gedrückt war die Stimmung im deutschen Lager. Denn die Niederlage war ja die zweite verheerende innerhalb kurzer Zeit, nach dem 0:6 gegen Spanien im November. Und es war die letzte Standortbestimmung vor Beginn der Vorbereitung auf die Europameisterschaft.

Löw war enttäuscht und niedergeschlagen

Entsprechend niedergeschlagen und enttäuscht wirkte Bundestrainer Joachim Löw. "Das war ein richtiger Rückschlag", sagte er mit leiser Stimme. "Wir hatten kein Tempospiel, keine schnellen Ballpassagen, sind viel mit dem Ball gelaufen, hatten viele Abspielfehler und haben keine keine Mittel gefunden gegen die tiefstehenden Nordmazedonier." Kurz: Die deutsche Nationalmannschaft hatte alles vermissen lassen,w as gegen einen solchen Gegner gefragt gewesen wäre.

Und Löw wusste natürlich, dass nun wieder die Fragen kommen würden, ob er noch der richtige Trainer ist für diese Mannschaft. Nach der EM hört er ja ohnehin vorzeitig auf, das hatte der 61-Jährige nach dem Spanien-Debakel beschlossen. Nun aber wird die Zahl derer wieder zunehmen, die auch das für zu spät halten.

DFB plant keinen Trainerwechsel

DFB-Präsident Fritz Keller verfolgte die Niederlage im Stadion und war entsprechend bedient. Der 63-Jährige gehört zu jenen im Verband, die eher Löw-kritisch sind, nach dem 0:6 gegen Spanien hatte er auch öffentlich deutlich Distanz erkennen lassen zum Bundestrainer. Dennoch ist aus Frankfurt zu hören, dass ein vorzeitiger Trainerwechsel kein Thema ist für das DFB-Präsidium. Nach allem, was aus der Verbandszentrale in Frankfurt zu hören ist, ist eine schnelle Ablösung des Bundestrainers derzeit aber nicht geplant.

Und auch Löw hat deutlich gemacht, dass er bis zur EM bleiben will. "Wir dürfen jetzt nicht den Glauben verlieren", forderte er unmittelbar nach dem Spiel. "Es nützt nichts, jetzt Alibis suchen. Jeder muss sich ernsthaft Gedanken machen, was er verbessern kann. Dann müssen wir in der Vorbereitung Konstanz reinbringen und die richtigen Dinge anpassen." So spricht niemand, der hinwerfen will.

Die Wunschlösungen sind nicht verfügbar

Einen Nachfolger sucht Nationalmannschaftsdirektor Oliver Bierhoff trotzdem, aber für die Zeit nach dem Turnier. Die eine Wunschlösung, Jürgen Klopp, hat abgesagt, die andere, Hansi Flick, steht beim FC Bayern unter Vertrag. Das wird im Verband zwar nicht als absolutes Ausschlusskriterium, aber doch als Hindernis gesehen.

Also rückt der Mann in den Blickpunkt, der zuletzt Schalke eine Absage erteilte: Ralf Rangnick. Nach Ostern soll sich Bierhoff mit dem 62-Jährigen treffen, der auch öffentlich kein Hehl daraus macht, dass er sich die Aufgabe als Bundestrainer gut vorstellen könnte.

Rangnick wäre mehr als nur ein Bundestrainer

Rangnick würde die Aufgabe ganzheitlicher definieren, er würde sich auch in die DFB-Akademie und in Themen wie Trainerausbildung und Nachwuchsförderung einbringen - was einigen im Verband besonders gefällt, andere aber auch eher abschreckt. Eher klassische Lösungen wären U21-Trainer Stefan Kuntz, der 2017 die EM in der höchsten Nachwuchsklasse gewann und seine Mannschaft 2019 ins Finale führte. Aktuell hat er zumindest die Gruppenphase überstanden. Trainer-Erfahrungen im Seniorenbereich fehlen ihm aber.

Löw-Assistent Marcus Sorg bringt diese mit - besonders positiv sind sie aber nicht: Im Sommer 2011 wurde er Cheftrainer beim SC Freiburg, im Dezember schon wieder gefeuert. Präsident des SC Freiburg war damals: Fritz Keller.