Duisburg. Im Mittelfeld ist die deutsche Mannschaft besonders stark besetzt. Daraus könnte spätestens bei der EM ein Luxusproblem erwachsen.
Für langes Genießen war keine Zeit, am Freitag kehrte bei der Nationalmannschaft wieder der Alltag ein. Und Alltag, das bedeutet auch im Fußball in diesen Zeiten vor allem: irgendwie mit der Corona-Pandemie umzugehen. Einen Tag, bevor sich die Mannschaft am Samstag aufmacht nach Rumänien, zum zweiten Spiel der Qualifikation zur Weltmeisterschaft 2022 in Katar (Sonntag, 20.45 Uhr/RTL), mussten Spieler, Trainer und Betreuer einen PCR- und einen Schnelltest absolvieren.
Man ist noch einmal vorsichtiger geworden, seit Jonas Hofmann positiv getestet wurde und Marcel Halstenberg als Kontaktperson der Kategorie 1 ebenfalls in Quarantäne musste. Immerhin: Ein weiterer Positivfall wurde am Freitag nicht bekannt, Joachim Löw kann mit einem 23-Mann-Kader nach Bukarest fliegen. Auf Nachnominierungen verzichtete der Bundestrainer. Sportlich gab es dazu auch keinen Anlass, denn als das Spiel einmal angepfiffen war, verlief der Auftakt in die WM-Qualifikation in Duisburg mit einem hochverdienten 3:0 (2:0) gegen Island ziemlich sorgenfrei.
Im Mittelfeld tummelt sich die Weltklasse
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Der unaufgeregt herausgespielte Sieg gegen den vermeintlich stärksten Gruppengegner lieferte viele erfreuliche Erkenntnisse. Gegen weitgehend überforderte Isländer wurden vor allem die Stärken der deutschen Mannschaft sichtbar, und die liegen bekanntlich im Mittelfeld. Im Zentrum, im Maschinenraum des Spiels, tummelt sich so viel Weltklasse wie in keinem anderen Mannschaftsteil, die Torhüter vielleicht ausgenommen. „Das Mittelfeld war sicherlich sehr gut unterwegs“, lobte Löw. „Alle drei waren extrem ballsicher und immer anspielbar. Sie haben die Angriffe initiiert, die es in der Enge des Mittelfelds gab. Das war ein Pfund und ein Gewicht für uns.“
Lob für Kimmich, Gündogan und Goretzka
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Die drei derart Gelobten hießen Joshua Kimmich, Ilkay Gündogan und Leon Goretzka, und jeder für sich hatte seinen Wert für die Mannschaft auf eigene Art untermauert. Kimmich sammelte erstaunliche 176 Ballkontakte, die meisten davon erwiesen sich als sinnvoll. 92 Prozent seiner 150 Pässe kamen beim Mitspieler an, darunter der Chipball über die Abwehr auf Serge Gnabry, der das 1:0 durch Goretzka einleitete (3.), und der messerscharfe Pass auf Leroy Sané, der die gesamte gegnerische Mannschaft sezierte und zum 2:0 durch Kai Havertz führte (7.). Löw hatte vor dem Spiel öffentlich erwogen, Kimmich auf die Rechtsverteidiger-Position zu versetzen, der 26-Jährige aber lieferte ein starkes Plädoyer dafür ab, diese Überlegung ganz schnell zu den Akten zu legen.
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Kimmich war wieder einmal Chef im deutschen Mittelfeld, aber diesmal hatte er zwei Adjutanten, die ihm in nichts nachstanden. Ilkay Gündogan spielte, wie man eben spielt, wenn man der derzeit wohl formstärkste Mittelfeldspieler Europas ist. Er fand Räume, wo eigentlich keine waren und untermauerte seine immer größere Torgefahr, als er von der Strafraumgrenze zum 3:0 traf (56.).
Goretzka beeindruckt mit Wucht und Dynamik
Goretzka beeindruckte nicht nur durch seinen Treffer zum 1:0, sondern durch seine Wucht und Dynamik. Mit seinen Läufen und Schüssen sorgte er für die nötige Zuspitzung, wenn die Kollegen den Ball nach der schnellen Führung allzu ziellos kreiseln ließen. Für den hochbegabten Kai Havertz blieb kein Platz im Zentrum, also beorderte ihn Löw in den Angriff, was ebenfalls gut funktionierte.
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Damit allerdings lassen sich nicht alle Luxusprobleme lösen. Zur Europameisterschaft im Sommer wird ja der derzeit verletzte Toni Kroos zurückkehren – aber ist für ihn überhaupt noch Platz? „Warum sollte Toni Kroos um seinen Platz fürchten müssen? Das ist ein Weltklassespieler, der unsere Mannschaft natürlich auch prägt“, antwortete der Bundestrainer auf eine entsprechende Frage, und man sah ihm an, dass er die Frage nicht für besonders geistreich hielt.
Kroos ist nicht verzichtbar
Und natürlich darf man nicht verzichten auf einen Kroos mit der Aura eines viermaligen Champions-League-Siegers. Einerseits. Andererseits darf man in der aktuellen Form auch nicht auf einen Kimmich, einen Goretzka und einen Gündogan verzichten, die mit ihrer Spielweise besser zum schnellen Fußball passen, den die Mannschaft gegen Island aufzog.
Und selbstredend darf eine Fußballmannschaft auch nicht auf den in der Bundesliga wiedererstarkten Thomas Müller verzichten. Auch in Duisburg wurde Löw nach dem einst aussortierten Weltmeister gefragt, auch in Duisburg gab er seine Standard-Antwort: „Die Frage wird sicherlich noch später beantwortet werden, wenn es so weit ist bei der endgültigen Nominierung des EM-Kaders.“
Löw steht vor einer schwierigen Entscheidung
Dann wird Löw einige harte Nüsse zu knacken haben, besonders, wenn es um die Auswahl im Zentrum geht. Als Problem wollte der 61-Jährige das aber nicht verstanden wissen – es sei doch schön für einen Trainer, wenn er eine Auswahl habe. „Man sieht ja, wie schnell irgendwelche Spieler ausfallen können durch Verletzungen und so weiter“, sagte er. „Ich wäre wahnsinnig froh, wenn im Mai zur Nominierung alle gesund und fit sind. Bei einem Turnier brauchen wir mehr als nur elf Spieler.“ Gerade in Corona-Zeiten lässt sich kaum etwas langfristig planen, immer wieder wirbelt die Pandemie alles durcheinander – auch das gehört zum Alltag in diesen Zeiten.