Kairo. Der alte ist auch der neue Weltmeister nach dem 26:24 gegen Schweden. In Ägypten endet ein so umstrittenes wie merkwürdiges Turnier.

Es gab sie doch, diese Phasen der Normalität am Ende: Das Konfetti regnete auf die Titelträger nieder, sie streckten den Pokal in die Höhe und jubelten ausgelassen. Dänemark ist Handball-Weltmeister, auch das ist keine große Überraschung, der Titelverteidiger krönte nach dem Europameistertitel 2012, dem Olympiasieg 2016 und dem WM-Erfolg 2019 mit dem 26:24 (13:13)-Finalsieg gegen Schweden eine der erfolgreichsten Dekaden der Handballgeschichte. Das Endspiel in Kairo war ein sportlich hochklassiges, ein spannendes, mit dem besseren Ende für die Dänen auch dank ihres bärenstarken Torhüters Niklas Landin.

Das war es dann aber auch schon mit der Normalität bei dieser WM in Ägypten. Bei diesem Turnier in Corona-Zeiten, politisch sowie unter Gesundheitsaspekten höchst umstritten und aufgeblasen von 24 auf 32 Mannschaften. Es fällt schwer, eine Bilanz zu ziehen in diesen außergewöhnlichen Zeiten. Doch sicher ist: Diese WM wurde nicht zu der Katastrophe, wie sie viele vor dem Start befürchtet hatten. Es gab Rückschläge, aber auch sportlich-starke Momente. Diese WM war eine merkwürdige, und doch hat sie bewiesen, dass sportliche Großereignisse auch in Corona-Zeiten funktionieren können – wenn auch mit Verbesserungsvorschlägen.

Ein chaotischer Beginn

Umstritten wäre die WM auch ohne Corona gewesen. Trotz Postkartenidyll der weltberühmten Pyramiden ist Ägypten ein Land, das seit der Machtübernahme von Abdel Fattah al-Sissi 2013 durch Menschenrechtsverletzungen für Schlagzeilen sorgt. Dass das Turnier trotz der Pandemie stattfinden sollte, sorgte für zusätzliche Kritik, zumal der Beginn ein chaotischer war. Tschechien und die USA reisten wegen zahlreicher Coronafälle erst gar nicht an. Deutschlands Vorrundengegner Kap Verde brach die WM aus gleichem Grund früh ab.

Schnell zeigte sich: Die Anreise der meisten Mannschaften erfolgte zu kurzfristig, eine gewisse Zeit der Quarantäne vor Ort hätte Ausbrüche wie diese unter Kontrolle gebracht. Denn einmal in der sogenannten Blase blieb es im weiteren Verlauf des Turniers ruhig. Die anfänglichen Hygiene- und organisatorischen Mängel wurden schnell abgestellt, von Seiten der Teilnehmer gab es viel Lob für das Ausrichterland. Bob Hanning, Vizepräsident des Deutschen Handballbunds (DHB), betonte immer wieder die gute Organisation vor Ort. Ihn ärgere diese „deutsche Arroganz, immer zu sagen, wir können es besser. Ich sage: In Deutschland hätten wir es nicht so gut hingekriegt.“

Normaler Wahnsinn des Großturniers

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Für das deutsche Team wird die WM trotzdem als Enttäuschung in die Annalen eingehen. Rang zwölf bedeutete das bisher schlechteste Abschneiden und eine echte WM-Begeisterung kam in Deutschland erst gar nicht auf, was auch die ernüchternden TV-Quoten von ARD und ZDF belegen. Das lag zum Teil an den sportlich wenig überzeugenden Auftritten des neuformierten Teams ohne einige Leistungsträger. Es war aber auch der Tatsache geschuldet, dass die Konkurrenz in diesem Januar durch das Fehlen der Winterpause im Profifußball eine weitaus größere war als sonst. „Es wäre schön gewesen, wenn wir mehr Euphorie hätten entfachen können“, sagte DHB-Sportvorstand Axel Kromer: „Es ist eine schwere Zeit in Deutschland aktuell, das wäre sicher sehr, sehr gut gewesen. Und natürlich hätte dazu beigetragen, wenn wir noch mehr Spiele gehabt hätten.“

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So sorgten andere für Euphorie und hochspannende Spiele wie beispielsweise beim Viertelfinale zwischen Dänemark und Ägypten (39:38 nach Siebenmeterwerfen). Der Nachrücker Schweiz begeisterte durch einen Weltklassespieler Andy Schmid, der seine erste WM in vollen Zügen genoss. Und der Rest? Der normale Wahnsinn eines Großturniers. Es gab umstrittene Schiedsrichter-Entscheidungen und Kuriositäten wie die Vergiftungsvorwürfe der Slowenen nach ihrem Vorrunden-Aus. Es gab Verletzungen wie die des norwegischen Stars Sander Sagosen, der dem THW Kiel nun fehlen wird. Und es gab unerklärliche Umstände wie die des deutschen Nationalspielers Johannes Golla, der Ägypten mit negativen Corona-Testergebnissen verließ und von seinem Klub SG Flensburg-Handewitt sogleich positiv in die Isolation geschickt wurde.

Was also bleibt von dieser WM? Es war ein umstrittenes, sportlich aber doch spannendes Turnier mit einem Weltmeister Dänemark. Manches bleibt eben auch in Ausnahmesituationen normal.