Paris. Verband distanziert sich von umstrittenem rumänischen Schiedsrichter. Einhellige Kritik an Äußerungen und viel Solidarität für Spielabbruch.
Demba Ba schimpfte unerbittlich in dieser Skandal-Nacht von Paris, Kylian Mbappe und Neymar schlossen sich ihm schnell an, und zusammen kämpften sie gegen die Ungerechtigkeit, die sie bezeugt hatten. Geschlossen marschierten die entrüsteten Fußballer, kurz zuvor noch Gegner, vom Rasen des Prinzenpark-Stadions und kamen nicht wieder. Die rassistischen Worte des Vierten Offiziellen konnten nicht unbeantwortet bleiben - und sogar der türkische Staatspräsident schaltete sich ein.
Wütende Proteste gegen rassistische Äußerung
Die Champions-League-Partie zwischen Paris St. Germain und Istanbul Basaksehir interessierte da niemanden mehr. In diesen Minuten ging es um viel Wichtigeres. Wütend posteten die Paris-Stars Neymar und Mbappe auf Social Media. „Black Lives Matter“, schrieb der Brasilianer auf Twitter, sein französischer Kumpel fügte hinzu: „Sag Nein zu Rassismus. M. Webo - wir sind bei dir.“ Das Spiel war zu diesem Zeitpunkt bereits abgebrochen. Doch was war überhaupt passiert? Alles begann in der 14. Minute, Spielstand 0:0.
Beleidigung beim Platzverweis
Das Schiedsrichtergespann hatte den Basaksehir-Assistenzcoach Pierre Webo wegen unsportlichen Verhaltens auf die Tribüne geschickt. Bei diesem Vorgang soll Sebastian Coltescu, der vierte Mann an der Seitenlinie aus Rumänien, den Kameruner Webo mit rassistischer Sprache bedacht haben. Der Beschuldigte soll in der Kommunikation mit Hauptschiedsrichter Ovidiu Hategan das rumänische Wort „negru“ (schwarz) benutzt haben, um Webo zu beschreiben.
Es folgten heftige Proteste. Angeführt vom früheren Hoffenheimer Demba Ba, nun in Diensten der Türken. Über die Außenmikrophone war hörbar, wie Ersatzspieler Ba seiner Empörung Ausdruck verlieh. „Wenn du über einen weißen Typen sprichst, sagst du niemals “dieser weiße Typ', du sagst nur 'dieser Typ'„, sagte der 35-Jährige: “Wenn du also über einen schwarzen Typen redest, sagst du 'dieser schwarze Typ?'„
Viel Beifall für den Spielabbruch
Dem völlig berechtigten Sturmlauf des Angreifers folgte der gemeinsame Abmarsch beider Teams. Die Spieler weigerten sich, unter dem Schiedsrichter-Team auch nur eine Sekunde länger zu spielen. Von außen gab es reichlich Beifall für das starke Zeichen gegen den systematischen Rassismus in der Gesellschaft. „Ich kann die starke Symbolik ihrer Geste und ihrer Solidarität nur begrüßen“, sagte Frankreichs Sportministerin Roxana Maracineanu.
Der türkische Präsident meldet sich zu Wort
Auch Recep Tayyip Erdogan, der Präsident der Türkei und großer Basaksehir-Fan, mischte mit. „Wir sind bedingungslos gegen Rassismus und Diskriminierung im Sport und in allen anderen Lebensbereichen“, twitterte er. Von deutscher Seite kam unter anderem Unterstützung von Jerome Boateng, Antonio Rüdiger und Ilkay Gündogan. PSG-Profi und Nationalspieler Thilo Kehrer schrieb auf Instagram: „Diskriminierung hat keinen Platz. Nicht im Fußball, nicht auf der Welt.“
Die Folgen des skandalösen Abends sind noch nicht völlig geklärt, normalerweise sieht das Regelwerk der Europäischen Fußball-Union (UEFA) Strafen für zu einem Spiel nicht antretende Mannschaften vor. Zunächst verurteilte die UEFA Rassismus in jeder Form und kündigte eine eingehende Untersuchung der Geschehnisse an.
Rumänischer Verband distanziert sich
Nach den Rassismusvorwürfen gegen den rumänischen Schiedsrichter-Assistenten Sebastian Coltescu hat der rumänische Fußballverband (FRF) mit Konsequenzen gedroht, sollten sich die Anschuldigungen bewahrheiten. "Der Rumänische Fußballverband distanziert sich mit Nachdruck von jeder Aktion oder Erklärung rassistischer oder fremdenfeindlicher Art", hieß es in einer Stellungnahme am Mittwoch. Man habe die Vorgänge bei dem Champions-League-Spiel Paris Saint-Germain gegen Basaksehir zur Kenntnis genommen und warte hierzu auf das Prüfungsergebnis der UEFA.
Ex-Nationalspieler Ferdinand: "Verstörenden Wendepunkt"
Englands früherer Nationalspieler Rio Ferdinand forderte die Entscheider im Fußball derweil zum Handeln auf. „Ich glaube, wir sind sind an einem verstörenden Wendepunkt“, sagte er bei BT Sport: „Dass die Spieler vom Rasen gehen, ist ein Schritt in die richtige Richtung, aber es kann nicht nur an ihnen sein.“
Sarpei fordert entschiedeneres Handeln
Auch der ehemalige ghanaische Fußball-Nationalspieler Hans Sarpei fordert nach dem Eklat von Paris energischeres Handeln im Kampf gegen Rassismus. „Immer nur "Say No To Racism' als Banner zu zeigen, ist schön. Aber das reicht nicht. Da muss mehr gemacht werden. Mehr Aufklärung, mehr Miteinander. Das muss mehr gelebt werden. Das wünsche ich mir", sagte Sarpei im Gespräch mit FOCUS Online.
Dies sei wie in Deutschland beim Deutschen Fußball-Bund (DFB), "wenn die Spieler einmal im Jahr ein Trikot gegen Rassismus tragen. Da muss mehr gemacht werden. Denn das Problem ist, dass sich die Schwarzen immer rechtfertigen müssen. Es wird Zeit für einen “Act2unite'", so Sarpei.
Partie wird am Mittwoch fortgesetzt
Die Wiederaufnahme der Partie wurde für Mittwochabend (18.55 Uhr) angesetzt. Die Unparteiischen tauschte die UEFA aus. Der Niederländer Danny Makkelie ersetzte Hategan, als Assistenten wurden die Linienrichter Mario Diks (Niederlande) und Marcin Boniek sowie der Vierten Offiziellen Bartosz Frankowski (beide Polen) benannt. Der Italiener Marco Di Bello blieb als Videoassistent eingesetzt. (dpa/sid)