Frankfurt/Main. Um Zukunftsfragen des Fußballs zu klären treffen sich Vertreter von 15 Vereinen. Einige Klubs sind nicht eingeladen. Das sorgt für Irritationen.

Orientierungsprobleme in den schier endlosen Gängen am weit verzweigten Frankfurter Flughafen dürfte es bei den Bundesliga-Funktionären keine geben. Mehrere Monate ist es schließlich her, dass hier eine Liga-Versammlung stattgefunden hat, nun wird mitten in der Pandemie im exquisiten „Airport Club“ mal wieder eine Präsenz-Veranstaltung abgehalten. Bayern Münchens Vorstandsvorsitzender Karl-Heinz Rummenigge hält den Austausch von Angesicht zu Angesicht für erforderlich,  um die Zukunftsfragen des deutschen Profifußballs in der Corona-Krise zu besprechen. Vertreter der Deutschen Fußball-Liga (DFL) – Geschäftsführer Christian Seifert oder Aufsichtsratschef Peter Peters – sind von den führenden Topmanagern nicht eingeladen worden.

Es geht bei der persönlichen Zusammenkunft – angeblich hygienegerecht organisiert -  um vier Kardinalfragen: Wer könnte dem 2022 ausscheidenden Macher Seifert folgen? Wie kann dem angezählten DFB-Präsidenten Fritz Keller wieder der Rücken gestärkt werden? Welche gemeinsamen Strategien sind im Teil-Lockdown möglich? Wie soll die Verteilung der Fernsehgelder ab 2021 aussehen? Darüber sich mal abzustimmen, ist legitim. Merkwürdig allerdings, dass nur 14 Erstligisten und Zweitliga-Spitzenreiter Hamburger SV – als gefühlt dann doch ewiger Bundesligist – zugegen sein sollen.

Treffen mit undemokratischem Beigeschmack

Außen vor bleiben der FSV Mainz 05, VfB Stuttgart, Arminia Bielefeld und der FC Augsburg. Der Bannstrahl trifft genau jenes Quartett, das eine andere Verteilung der Fernsehgelder anregte – und sich damit offenbar Rummenigges Zorn zuzog. Der Mainzer Finanzvorstand Jan Lehmann, der Stuttgarter Vorstandschef Thomas Hitzlsperger, der Bielefelder Finanzvorstand Markus Rejek hatten es - gemeinsam mit Geschäftsführer Christian Keller vom Zweitligist Jahn Regensburg -  gewagt, ein Positionspapier zu erarbeiten, das später der FC Augsburg als einziger Erstligist unterschrieb. Der ehemalige DFL-Mitarbeiter Lehmann ist arg irritiert.  Es sei „legitim, dass man sich austauscht“, aber „ein merkwürdiges Verhalten, wenn Teile der Liga ausgeschlossen“ würden, kritisiert der Mainzer Vorstand. Bremens Geschäftsführer Frank Baumann hätte es sich im  Sinne der Solidarität gewünscht, „dass alle Bundesligisten eingeladen werden“. Der SV Werder gilt genau wie Union Berlin als Befürworter der Umverteilung zugunsten der finanzschwächeren Klubs.

.
. © dpa | Unbekannt

Es hat tatsächlich einen fast undemokratischen Beigeschmack, wenn jene Klubs wie ungezogene Schulkinder in die Strafecke gestellt werden, die sich letztlich für mehr Chancengleichheit einsetzen, damit es nicht immer denselben Meister und zuletzt auch zunehmende dieselben Europapokalteilnehmer gibt. Lehmann sagt nämlich: „Die Spreizung muss reduziert werden, weil sonst die Spannung abnimmt.“ In der nächsten Saison stehen bei den TV-Erlösen insgesamt 1,285 statt wie derzeit 1,46 Milliarden Euro zur Verteilung an. Aktuell bekommt der Branchenprimus Bayern eine um den Faktor 3,8 höhere Summe als der Tabellenletzte. Künftig soll es maximal das Doppelte sein. Nach dem verschickten Positionspapier würden nationale und internationale Erlöse in einen Topf geworfen, die Hälfte dieser Summe gleich unter den 18 Bundesligisten umgelegt. Das wollen die Topvereine nicht.

Neues Verteilungsmodell soll am 7. Dezember zur Abstimmung stehen

Die Entscheidung darüber trifft das neunköpfige DFL-Präsidium, in dem mit Jan-Christian Dreesen (FC Bayern) nur noch ein Vertreter der Spitzenklubs sitzt. Die Zweitligavertreter Rüdiger Fritsch (Darmstadt 98), Steffen Schneekloth (Holstein Kiel) und vor allem Oke Göttlich (FC St.Pauli) sind zu Veränderungen bereit, aber selbst einflussreiche Vertreter aus der gehobenen Mittelklasse wie Axel Hellmann (Eintracht Frankfurt) scheinen sich auf die Seite der Großen zu schlagen, die Leistung weiterhin belohnen wollen. Unklar, wie sich Oliver Leki (SC Freiburg) und Alexander Wehrle (1. FC Köln) positionieren.

Am 7. Dezember soll das künftige Verteilungsmodell zur Abstimmung stehen, doch der Zeitplan wackelt bereits. Die Verteilungsdebatten fallen in eine hochnervöse Phase, in der durch die Geisterspiele gerade das nächste Loch in die Kassen der Klubs gerissen wird. Nach den ersten Regionalkonferenzen beschlich die Reformer bereits ein ungutes Gefühl. Ihre Befürchtung: Die Bewahrer könnten sich doch wieder durchsetzen. Dann würden auch die Bestrebungen der prominent besetzten Taskforce „Zukunft Profifußball“ ins Leere laufen. Wenn die Geldverteilung erst einmal bis 2025 zementiert ist, gibt es kaum einen Hebel mehr.

Es heißt, der morgige Frankfurter „G15“-Gipfel wäre nicht allein wegen der Verteilung der Fernsehgelder einberufen worden wäre – da vertrauen Rummenigge und Co. immer noch dem Augenmaß und Einfluss des DFL-Chefs Seifert. Man will vor allem auch bei dessen Nachfolge mitreden, die formal der Liga-Aufsichtsrat regeln müsste. Ein Vorschlag: Seiferts Aufgaben auf drei Schultern mit den Zuständigkeiten Vermarktung, Sport sowie Marketing und Kommunikation zu verteilen. Das folgt der Einsicht, dass es wohl unmöglich ist, einen Krisenmanager zu finden, der diese Aufgabenfülle verlässlich bewältigt.