Bielefeld. Der Münchener knackt beim 4:1 in Bielefeld als erster Spieler die Marke von 150 Assists und heizt Diskussion um DFB-Rückkehr an.

Eineinhalb Stunden lang hatte Thomas Müller seine Mitspieler lautstark angetrieben, sie mit aufmunternden Gesten immer wieder zu forschen Tacklings oder gelungenen Pässen beglückwünscht. Dann war der nie gefährdete 4:1 (3:0)-Erfolg des FC Bayern in der Fußball-Bundesliga bei Arminia Bielefeld unter Dach und Fach – und der emsige Kümmerer aus der Münchener Offensive marschierte zum Feierabend schnurstracks auf den neuen alten Kollegen Douglas Costa zu.

Costa sichert liegend Bayerns Freistoßmauer ab

Der 30 Jahre alte Brasilianer, schon zwischen 2015 und 2017 beim FCB beschäftigt, war Anfang Oktober auf Leihbasis an die Säbener Straße zurückgekehrt. Jetzt stand er in der südwestlichen Ecke der rustikalen Arminia-Arena, ließ sich von Müller herzlich an die Brust drücken. Costa und Müller sind so etwas wie Brüder im Geiste: immer für einen Ulk zu haben. Richtig komisch sah es zumindest kurz vor dem Ende der Partie aus, als Costa sich bei einem Bielefelder Freistoß hinter der Mauer aus eigenen Mitspielern auf den Rasen legte; mit dem Rücken zum Arminia-Schützen. Wäre es ein Flachschuss geworden, als die Kollegen bei der Ausführung hochsprangen, hätte Costa den Ball wohl aufgehalten. So aber musste er nicht mit dem eigenen Leib zur Rettung herhalten. „Das sieht schon ein bisschen lustig aus“, sagte Bayern-Torhüter Manuel Neuer über die kuriose Aktion.

Müller trifft oder legt Lewandowski auf

Kurioses, ob gewollt oder selbst für ihn überraschend, ist eigentlich das Kerngeschäft von Thomas Müller. Doch der gebürtige Oberbayer fällt derzeit mehr als unentbehrlicher Dauerrenner, traditionell ohnehin als Raumdeuter, vor allem aber als emotionaler Lokomotivführer der Münchener auf. „Ich hätte ihn heute, ähnlich wie Robert Lewandowski, auch gerne früher rausgenommen“, erklärte Trainer Hansi Flick. Aber das ging nicht. Denn, so der Coach über Müller: „Es ist einfach klasse, wie er die Räume sieht, wie er uns hilft. Das war ein sehr, sehr gutes Spiel von ihm.“

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Der Hochgelobte wollte da gar nicht erst widersprechen. In Bielefeld erzielte er den ersten und letzten Treffer der Gäste, leistete für den ebenfalls zweifachen Torschützen Lewandowski beim 3:0 zudem die Vorarbeit. Es war Müllers 150. Assist in der Bundesliga – eine Rekordmarke seit Beginn der Aufzeichnung im Jahr 1988, zu der ihm spontan einfiel: „Schon ganz nett.“

Ganz nett fände der Weltmeister von 2014 auch mal wieder eine Einladung zur Nationalmannschaft. Im März des vergangenen Jahres verkündete Bundestrainer Joachim Löw, dass Mats Hummels, Jerome Boateng und Müller nicht mehr Teil der DFB-Auswahl seien. Diskussionen über eine Rückkehr der Verbannten köcheln seitdem immer wieder hoch, und im Zusammenhang mit der hohen Belastung durch den verspäteten Saisonbeginn griff Müller dieses Thema in Ostwestfalen nun selbst auf.

Neuhaus schwärmt: „Augenweide“

„Lang, lang ist’s her, dass ich Nationalspieler war“, erwähnte der 31-Jährige dort ebenso beiläufig wie spitzbübisch. Ansonsten ließ er Löw im Zusammenhang mit der EM im kommenden Jahr noch ohne jede falsche Bescheidenheit wissen: „Dass ich mich in einer guten Verfassung befinde, sieht jeder. Darüber brauchen wir nicht mehr viele Worte zu verlieren.“

Thomas Müller beschäftigt die gegnerischen Trainer

Er wolle diese Angelegenheit „schön ruhig angehen und schauen, was passiert“. Die Trainer der gegnerischen Mannschaften werden sich von Woche zu Woche überlegen, wie sie den bajuwarischen Hansdampf in den Griff bekommen. Als nächster damit beschäftigen muss sich Diego Simeone, der zum Start in die neue Champions-League-Runde mit Atlético Madrid (Mi., 21 Uhr/Sky) in München gastiert.

Natürlich kennt Simeone Müller aus vergangenen Vergleichen, der Argentinier wird sein defensives Bollwerk angesichts vieler torgefährlicher Münchener nicht nur auf ihn ausrichten können. Uwe Neuhaus (60), Trainer des Aufsteigers Bielefeld, kam nach seinem ersten Müller-Erlebnis jedenfalls nicht mehr aus dem Schwärmen: „Thomas Müller ist eine Augenweide – es macht Spaß, ihm zuzugucken.“