Nürburg. Mick Schumacher, Sohn von Formel-1-Rekordchampion Michael, überreichte Lewis Hamilton zu dessen 91. Formel-1-Sieg eine besondere Trophäe.

Siegerehrungen hat Lewis Hamilton in seiner eindrucksvollen Karriere größtenteils genossen, teils aber auch nur routiniert registriert. Doch die Augenblicke vor der 91. Zeremonie anlässlich seines Sieges in einem Formel-1-Rennen wird der Brite sein Leben lang nicht vergessen. Es waren Momente, in denen die beschauliche Eifel zum Ort bewegender Gefühle wurde.

Mick Schumacher hatte dafür gesorgt, Sohn des siebenmaligen Weltmeisters Michael Schumacher, der sich im Dezember 2013 bei einem Skiunfall schwere Kopfverletzungen zuzog und seitdem in medizinischer Rehabilitation befindet. Die traditionelle Champagnerdusche für den Rennsieger ließ noch auf sich warten, da überreichte der 21-Jährige Hamilton einen Helm, den sein Vater in dessen letzter Saison für Mercedes getragen hatte – bevor Schumacher senior von eben jenem Briten im Silberpfeil-Cockpit abgelöst wurde.

Hamilton hielt den ikonischen feuerroten Helm in den Händen, zeigte ihn stolz den applaudierenden Fans am Nürburgring, fasste sich dann ungläubig an die Kappe und rang nach Worten. „Ich fühle mich sehr geehrt“, stammelte der 35-Jährige nur. „Ich weiß gar nicht, was ich sagen soll.“

Siebter WM-Titel kaum zu nehmen

Das war gar nicht nötig, denn jedem war die historische Bedeutung dieses Renn-Ausgangs bewusst: Michael Schumachers für die Ewigkeit gedachter Rekord von 91 Siegen war eingestellt und wird schon womöglich in zwei Wochen in Portugal von Hamilton gebrochen. Der aktuelle Dominator der Formel 1 nahm die Zuschauer – 15.000 waren am Nürburgring laut Hygienekonzept erlaubt – mit auf eine Nostalgiereise. Beinahe andächtig und voller Anerkennung: „Ich bin mit Michael aufgewachsen, habe ihn siegen sehen, seine Qualitäten bewundert. Er war ein Idol, ich habe sein Auto in einem Computerspiel gefahren.“

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Der beste Rennfahrer der Jetzt-Zeit zollte auf berührende Weise Respekt: „Alle Rekorde beiseite, kann sich niemand mit Michael Schumacher vergleichen.“ Dann nahm Hamilton den Helm mit aufs Podest, blickte in den Himmel und schloss die Augen. Jeder begriff, bei wem er in Gedanken war.

Womöglich kommt es schon bald zu einem weiteren Geschenk der Schumacher-Familie, denn auch Michaels Marke von sieben WM-Titeln ist für Hamilton zum Greifen nah: In der Fahrerwertung hat der sechsmalige Champion nun satte 69 Punkte Vorsprung auf seinen Teamkollegen Valtteri Bottas, der seinen Mercedes beim Großen Preis der Eifel wegen Motorproblemen vorzeitig abstellen musste. Damit kann der Finne bei sechs verbleibenden Rennen aus eigener Kraft nicht mehr an Lewis Hamilton vorbeiziehen.

Hülkenberg von 20 auf 8

Was für ein Rennwochenende, sieben Jahre nach dem letzten Auftritt auf dem Nürburgring: erst das ausgefallene Training am Freitag, das Mick Schumacher um seine ersten offiziellen Formel-1-Runden brachte; dann das Rennen auf kaltem Asphalt, das Hamilton vor Max Verstappen (Niederlande/Red Bull) und dem Überraschungsdritten Daniel Ricciardo (Australien/Renault) gewann. Das Deutschland-Comeback der Formel 1 war voll von Unsicherheiten und Unzuverlässigkeiten, hatte aber für die heimischen Motorsport-Fans noch eine erfreuliche Geschichte parat.

Vettel in Gedanken bei Schumacher

Denn der vom Team Racing Point als Joker für Lance Stroll (Magenprobleme) verpflichtete Nico Hülkenberg belegte vom letzten Startplatz aus einen herausragenden achten Rang. Erst vier Stunden vor dem Qualifying am Samstag ereilte den Emmericher der Hilferuf in Köln – beim Kaffee, wie er sagte. Es reichte daher nur zum 20. und letzten Startplatz. Trotz fehlender Vorbereitung und aller Nackenprobleme kämpfte sich Hülkenberg weit nach vorn – zwölf Plätze gutzumachen, dazu gehört schon was. Die rasende Teilzeitkraft war emotional mindestens so mitgenommen wie Hamilton: „Was für eine Story! Aber Märchen mit Happy-end gefallen mir…“

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Von einem glücklichen Ende kann Sebastian Vettel dagegen in seiner Ferrari-Zicke weiterhin nur träumen. Der viermalige Weltmeister blieb da, von wo aus er gestartet war – außerhalb der Punkte auf Rang elf. „Natürlich bin ich nicht zufrieden“, sagte Vettel. Ganz sicher war auch der Heppenheimer mit seinen Gedanken bei Michael Schumacher. Seinem väterlichen Freund zu Ehren hatte er seinen Helm im Schumi-Design lackiert. Auch das: sehr ehrenvoll.