Dortmund. Die neun Profi-Fußballvereine und das NRW-Innenministerium haben eine gemeinsame Vereinbarung unterzeichnet. Fanhilfen üben deutliche Kritik.
Was die Dimensionen angeht, hielt sich NRW-Innenminister Herbert Reul nicht zurück. „Wir stoßen hier etwas Großes an“, sagte er am Montag im Deutschen Fußballmuseum in Dortmund. „In Nordrhein-Westfalen, dem Fußball-Land Nummer eins.“ Und der CDU-Politiker ging sogar noch weiter: „Unser Projekt könnte eine Blaupause für die gesamte Republik sein.“
Grund für diese Aussagen des Ministers ist eine Kooperations-Vereinbarung zur Einrichtung und Erhaltung von Stadion-Allianzen, die in Dortmund von Vertretern von neun Profi-Fußballvereinen aus NRW und dem Innenministerium unterschrieben worden ist. Ziel der Vereinbarung ist es, die „Sicherheit im Zusammenhang mit Fußballspielen nachhaltig zu erhöhen, der Entwicklung von Gewalt entschieden entgegenzutreten und die vertrauensvolle Zusammenarbeit der Akteure zu stärken“, wie es in dem elfseitigen Schriftstück heißt.
Innenminister Reul: Polizisten sollen "nicht mehr den Kopf hinhalten müssen“
Denn obwohl der Profifußball aufgrund der Coronabeschränkungen in NRW zuletzt nur vor einer Mini-Kulisse von 300 Zuschauern gespielt werden durfte, hat der Minister vergangene Gewaltausbrüche und Beleidigungen in den Stadien nicht vergessen. „Wir akzeptieren nicht, dass der Sport von Rassisten und Hooligans missbraucht wird“, sagte Reul in ernstem Ton. „Wir setzen uns für Frieden auf den Rängen ein und positionieren uns klar gegen Gewalt.“
Konkret will Reul, „dass Polizisten nicht mehr den Kopf hinhalten müssen, nur weil zwei Fußballklubs spielen und sich ein paar Chaoten daneben benehmen“. Ein zentrales Ziel der Kooperations-Vereinbarung ist deshalb die Stärkung der Polizei und der Ordnungskräfte im Stadionumfeld. „Die Allianzen werden etwa den Austausch von Informationen über Stadionverbote, problematische Fangruppierungen fördern“, sagt er. All das soll mit Hilfe der NRW-Klubs passieren.
Vereine wollen sich vermehrt von Beleidigungen distanzieren
Die Vereine haben sich zudem darauf verständigt, dass sie sich künftig vermehrt von Beleidigungen, beispielsweise in Form von Spruchbändern in den Kurven, distanzieren wollen. „Natürlich gehören Emotionen und sogar Beschimpfungen zum Fußball“, räumt Reul ein, „aber es muss im Rahmen bleiben.“
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Für Borussia Dortmunds Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke, der im Fußballmuseum stellvertretend für alle NRW-Klubs gesprochen hat, kann die Vereinbarung „der Anstoß zu einer großen Sache werden“. Gleichzeitig betonte er, dass lediglich der Grundstein gelegt worden sei: „Jetzt ist es an uns, das Ganze mit Leben zu füllen.“
Bei einigen großen Fanvereinigungen stößt die Kooperations-Vereinbarung allerdings auf Kritik. So stört sich ein Zusammenschluss von Fanhilfen aus Dortmund, Düsseldorf, Köln, Mönchengladbach und Leverkusen daran, dass den örtlichen Polizeibehörden „unter dem Vorwand der vermeintlichen Sicherheit neue Handlungsräume eröffnet werden“, wie es in einer gemeinsamen Stellungnahme heißt.
Fans: „Schulterschluss hinterfragen“
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Weiter fürchten die Fanhilfen, dass Fußballfans im Zuge der Vereinbarung „verstärkt kriminalisiert“ werden könnten. Hauptkritikpunkte des Zusammenschlusses sind ein Eingriff in die freie Meinungsäußerung, ein „weitreichenderes Mitspracherecht“ der Polizei bei der Erteilung von Stadionverboten und ein landesweiter Austausch von Informationen über Fußballfans.
Deshalb wird von Fanseite gefordert, dass die Vereine „den Schulterschluss mit dem Innenministerium“ hinterfragen sollten. Auch, weil eine solche Vereinbarung „nicht ohne vorherige Beteiligung“ von Fan-Organisationen oder Fanprojekten erfolgen könne. Das weiß auch BVB-Chef Watzke, der zugab, dass der Austausch mit den Fans in Zeiten der Corona-Krise „weniger intensiv“ war als in der Vergangenheit. Wichtig ist für ihn deshalb, dass sich Vereine und Fans „nicht konfrontativ gegenüberstellen, sondern einen breiten Konsens herstellen“.